Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
»Wo steckt denn der berühmte Fotograf?«
»Er ist im Büro und sieht sich Fotos an«, flüsterte Dani laut hörbar zurück.
»Ah, ja.« Flint nickte wissend. Der Künstler bei der Arbeit. Es schien dem Bild zu entsprechen, das er sich von Mitch gemacht hatte.
»Wir sind gerade mit der Befragung von Rittenhouse’ Kollegen in der Praxis fertig geworden«, bemerkte Rodgers. »Niemand weiß etwas. Der Doc hält freitags keine Sprechstunde. Heute Abend muss er außerdem zu irgendeiner Schicki-Fete, deshalb wollen wir ihn gleich sprechen, falls wir später noch Rückfragen an ihn haben.«
»Hat Sarah Rittenhouse eine Verbindung zu Zuhältern? Oder Prostituierten?«, fragte Dani.
»Nicht, dass wir wüssten, aber wir stehen ja noch am Anfang.«
Und damit verbunden war die unausgesprochene Hoffnung: Wenn man nur lange genug grub, entdeckte man in jedem Keller eine Leiche. »Wann ist sie zuletzt mit ihrem Wagen gefahren?«
Rodgers stopfte sich den letzten Bissen eines Donuts in den Mund. »Sie ist damit von der Praxis drüben an der Lysdale Avenue weggefahren«, sagte er kauend. »Mittwochmorgen war sie wohl kurz da, ist dann aber verschwunden. Sie hat eine Nachricht hinterlassen, dass sie sich nicht gut fühlte, aber wir wissen nicht, ob sie auf direktem Weg nach Hause gefahren ist. Es sieht allerdings nicht so aus, als sei sie zu einem Arzt oder in eine Klinik gefahren.«
»Okay«, sagte Dani, aber das war es nicht. Tifton und seine Freunde vom FBI hatten recht: Sarah Rittenhouse passte nicht ins Bild. Dani schüttelte den Kopf. Ihr fiel das alte Kinderlied ein: Eins von diesen Dingen passt nicht zu den anderen, eines davon gehört nicht hierher … Sie schnappte sich ihre Handtasche. »Ich fahre mit Ihnen zu dem Arzt. Tifton hält mich über die FBI-Ergebnisse auf dem Laufenden, vielleicht kann ich eins und eins zusammenzählen.«
»Und ich habe gedacht, Sie hätten Urlaub.«
»Gestern Abend hat jemand aus dem Wagen von Sarah Rittenhouse einen Schuss auf mich abgefeuert. Das hat meinen Urlaubsplänen einen kleinen Dämpfer verpasst«, murrte sie. Ihr fiel ein, wie besorgt Mitch um sie gewesen war. »Warten Sie kurz, ich sage nur schnell Mitch Bescheid, dass ich mit zwei schwerbewaffneten, absolut professionellen Cops unterwegs bin.«
Flint warf sich in die Brust. »Klar, machen Sie nur«, sagte er.
Mia versuchte, Fulton anzurufen. Komm schon, geh endlich an das verdammte Telefon! Sie ließ es lange klingeln, wurde aber doch wieder zur Mailbox umgeleitet, auf der sie die dritte oder vierte Nachricht des Morgens hinterließ. Sie hatte seit gestern nichts mehr von ihm gehört, seit er ihr versprochen hatte, Nika aus der Hütte fortzubringen.
»Verdammt, Fulton, wo steckst du? Ich muss dringend mit dir sprechen. Heute steht etwas von der Fahndung nach Nika in der Zeitung. Die Polizei glaubt, dass sie etwas mit Rosie und Alicia zu tun hat. Und sogar mit Jill Donnelly. Das FBI ist mit im Spiel, und längst nicht mehr irgendein Land-Sheriff, wie du gedacht hast.« Sie biss die Zähne zusammen. »Ruf mich an!«
Mia legte auf. Fulton war entweder mit Monika abgetaucht oder hatte beschlossen, Mias Befehle zu missachten und in der Hütte zu bleiben. Dort würde er dem Sheriff mit gebotener Unschuld den hilfsbereiten Hüttenbesitzer vorspielen: Nein, Sheriff, ich habe bestimmt niemanden gesehen, der Leichen in den alten Minen versteckt …
Sie sah auf die Uhr. Es war fast halb zehn. Sie hätte schon längst damit beginnen müssen, Nikas Haar in die Perücke zu verknüpfen. Heute Abend war die Vorpremierenfeier, und sie und Marshall hatten ihre Pflicht für die Stiftung zu erfüllen. Da brauchte sie den heutigen Tag, um an Kristinas Perücke und ihrer eigenen Frisur zu arbeiten.
Sie atmete tief ein, weil sie spürte, wie ihr die Kontrolle entglitt. Kleinigkeiten, die sie nicht mehr im Griff hatte: Fulton, der verschwunden war, Brad, der sich wegen der Morde vor ihr fürchtete, und Dani, die OCIN auseinandernahm. Okay, das waren keine Kleinigkeiten mehr.
Und dann war da Marshall, der sich wegen irgendetwas zu sorgen schien, aber sie war sich nicht sicher, worum es ging. Die Zukunft der Stiftung? Sarah Rittenhouse? Es sah Marshall gar nicht ähnlich, tagelang über etwas zu brüten. Er war stets ruhig und ausgeglichen. Immer dabei, die Probleme anderer zu lösen. Doch diese Woche schienen die Dinge auch für ihn außer Kontrolle geraten zu sein. Sie hatte ihn noch nie so abwesend erlebt.
Mia schlüpfte für ihre
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