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Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)

Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)

Titel: Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Brady
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Steuer so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Sie kamen am Lake Sedalia vorbei und fuhren einen Seitenkanal entlang, bis sie ihr Wohnviertel erreichten. Die Villen waren in ein sanftes, goldenes Laternenlicht getaucht, die Garagen, in denen vier Wagen Platz fanden, und die weitläufigen Rasen waren von schmiedeeisernen Zäunen umgeben. Dieses Leben hatte er für Mia erschaffen. Ein Leben, das sie nach all dem Schmerz mehr als verdient hatte. Er warf einen Blick zu ihr hinüber. Ihr Profil wirkte wie von einem Künstler gemeißelt – hohe Wangenknochen und volle Lippen, dazu eine üppige Haarmähne, die sie sich zwar vor kurzem auf Schulterlänge hatte abschneiden lassen, die ihr Gesicht jedoch trotzdem reizvoll umrahmte. Bei Mia wurde jeder Mann von Sehnsucht erfasst. Er selbst hatte vom ersten Augenblick an gewusst, dass er alles tun würde, um sie zu besitzen und für sie zu sorgen.
    Auch wenn er sie teilen musste.
    Bittere Galle stieg in seiner Kehle hoch, doch er schluckte sie hinunter. Manchmal, wenn sie nachts nach Hause kam, konnte er den Sex an ihr riechen. Seine Impotenz hatte ihr wenig ausgemacht, als sie noch jünger war – Missbrauchsopfer zeigten für gewöhnlich wenig Interesse an Sex, und er wusste, dass sie sich bei ihm sicher fühlte. Marshall war sowohl Manns als auch Psychiater genug, um zu wissen, dass sich das eines Tages ändern würde. Er beanspruchte ihre Veränderung sogar teilweise als seinen Erfolg, nachdem er über Jahre hinweg mit ihr die Erlebnisse ihrer Kindheit aufgearbeitet hatte. Nein, er missgönnte Mia nicht das Glück, das sie verdiente. Aber manchmal brachte ihn die Gewissheit, sie mit anderen zu teilen, schier um.
    Das alles war in diesem Augenblick jedoch die kleinste seiner Sorgen. Wenn Mia erfuhr, was geschehen war … O Gott, der Gedanke war unerträglich.
    Er fuhr die lange Kiesauffahrt zu seinem Haus hoch, setzte jedoch nicht die Elektrik für das Garagentor in Gang. Stattdessen hielt er vor der Haustür. Mia blickte ihn an.
    »Kommst du nicht mit hinein?«, fragte sie.
    »Ich steckte noch knietief in Arbeit, als Brad anrief, Liebes. Leider muss ich noch einmal in die Praxis zurück. Kannst du ein paar Stunden ohne mich auskommen?«
    Sie drückte seine Hand. »Wenn es nur ein paar sind«, schmollte sie. Marshall konnte nicht anders, als mit den Händen durch ihre dicke, kastanienbraune Mähne zu fahren und auch die helleren Strähnen durch die Finger gleiten zu lassen. Er küsste sie voller Inbrunst. Vor drei Monaten hatte er geglaubt, sie verloren zu haben – sie war mit einem Mal an einem emotionalen Abgrund angelangt, aus dem er sie fast nicht mehr befreien konnte. Doch schließlich war es ihm gelungen, ihr das Glück zurückzuholen, wie er es ihr immer wieder versprochen hatte.
    Wenn allerdings etwas an den Gerüchten über Russ und Rose McNamara dran war, dann war alles umsonst gewesen. Das durfte er nicht zulassen.
    Er wartete, bis sie sicher im Haus angekommen war, dann schloss er die Augen und seufzte tief. Es geschah nun wirklich: Diese eine Sache, von der Mia ihr ganzes Leben lang geträumt hatte, drohte zu platzen. Das würde Mia zerstören.
    Und ihn ebenfalls.
    Sie durfte nichts davon erfahren. Marshall würde alles tun, damit überhaupt niemand je etwas davon erfuhr.

9
    20:55 Uhr
    D ani ignorierte das Rumoren in ihrer Magengrube und folgte Russell Sanders’ Leiche in die Gerichtsmedizin. Auf dem Weg dahin zwang sie sich, in deren Büro stehen zu bleiben. Dort erhielt sie die Nachricht, dass Rosies Autopsie fertig war.
    »Ich habe Sie oder Tifton schon vor Stunden erwartet«, sagte Kelly Lang, eine der Assistentinnen. Sie war knapp einen Meter fünfundfünfzig groß, mit einem goldenen Ring in der Augenbraue und raspelkurzem blondem Haar, dessen Spitzen schwarz gefärbt waren. Dani fand ihre Heiterkeit verstörend.
    »Es gab eine Vermisstenmeldung, die in Zusammenhang mit Rose McNamaras Ermordung steht«, erwiderte Dani. »Haben ihn gerade aus dem Monocacy River gezogen.«
    »Der Krösus?«, fragte Kelly und blickte auf die Rollbahre.
    »Krösus?«
    »Der Chef rief an und wollte sichergehen, dass die Wasserleiche noch heute fertig wird. Solche Anrufe kriegen wir nur, wenn die Leute reich sind.«
    Natürlich. »Schon möglich, dass er ein hohes Tier war.« Dani versuchte, die Tatsache zu ignorieren, dass zwischen ihnen Rosies Zeh, von dem ein Schild baumelte, unter dem Laken hervorlugte.
    »Freeling kümmert sich um ihn«, sagte Kelly.

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