Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
Schlampe.
Sie ging zu ihrer Handtasche, die auf dem Schminktisch lag. Brad brauchte sie. Das würde er nicht vergessen. Sie griff hinein und zog einen winzigen Umschlag hervor. Das unverwechselbare Rascheln von Pillen im Innern ließ Brad aufmerken. »Stell dir nur mal vor«, sagte Mia, »du sitzt im Knast und kommst nicht an deinen Stoff heran.« Sie ging zu ihm und drückte ihm die Pillen in die Hand. »Bekommst du da nicht Lust, mein kleines Spielchen mitzuspielen?«
Brad hielt den Umschlag fest umklammert, während Mia zur Schlafzimmertür ging und sie öffnete.
»Raus, Brad. Ich gebe dir Bescheid, wenn das Baby da ist. Bereite dich auf die Übergabe vor.«
Und ich, dachte sie, und ihre Gedanken gerieten bereits ins Rotieren, werde mich um Dani Cole kümmern.
Dani stand auf, streckte sich, dass es in ihrem Rücken knackte, und wanderte durch Rosies Wohnung, um die Mattigkeit abzuschütteln. Mit Janets Erlaubnis hatte sie Rosies Computer durchsucht, während Mitch in die Stiftung zurückgefahren war. Vorher hatte er Dani allerdings das Versprechen abgenommen, ihn anzurufen, bevor sie das Apartment wieder verließ.
Ein kleiner Schauder lief ihr über den Rücken. Eigentlich müsste sie ihn dafür hassen, dass er auf ihren Anruf bestand. Eigentlich sollte es sie beschämen.
Doch es gefiel ihr.
Dani nahm einen kleinen blauen Teddy zur Hand, der auf Rosies Nachttisch lag, und erinnerte sich an Kellers Worte: Rosie hat ein paar Babysachen besessen. Hatte sie wirklich geglaubt, sie könnte ihr Kind zurückbekommen? Dani sah sich um und öffnete einige Schubladen. In der dritten fand sie noch mehr: ein Paar gestrickte Babyschühchen, ein kleines Wickeltuch, einen Schnuller.
Mit einem Blick auf die Uhr beschloss Dani, Feierabend zu machen. Sie rief beim Tierarzt an. Keine Veränderung. Dann rief sie Tifton an, der eigentlich versprochen hatte, sich zu melden. Doch hatte er schon auf einen ihrer früheren Anrufe nicht reagiert, dieser Trottel. Jetzt war er in Eile.
»Keine Zeit, Nails!«, rief er, als er endlich ranging.
»Was ist los?«
»Gestern Nacht wurde ein achtzehnjähriges Mädchen entführt. Sie ist schwanger. Das FBI hat sich heute Nachmittag in die Ermittlungen eingeschaltet, und ich bin im Team.«
»Im Team? Mit dem FBI?« Danis Puls beschleunigte sich.
»Sie stellen ein Sonderkommando zusammen. Ein paar unserer Cops und ein paar von den FBI-Jungs.«
Dani schluckte. Sie hätte Chief Gibson zum Mond schießen können, weil er sie von dem Fall abgezogen hatte. Sonst wäre auch sie im Team dabei. »Was ist mit Rosie und Sanders?«
»Wegen Sanders wird nicht ermittelt. Er hat Selbstmord begangen. Und Rosie … darum kümmere ich mich noch. Himmel noch mal, Dani, für das Mädchen hier ist es vielleicht noch nicht zu spät. Was, wenn sie noch lebt?«
»Was, wenn die Besitzerin der blutigen Locke noch am Leben ist?«, erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen.
Tifton fluchte. »Wenn wir einen Namen hätten! Den Namen eines blonden Mädchens, das vermisst wird. Irgendeinen Anhaltspunkt. Mein Gott, Dani, du weißt doch, wie das läuft. Wir haben nichts, womit wir etwas anfangen können.«
»Na gut«, lenkte sie ein, doch es fiel ihr schwer. Ein FBI-Sonderkommando für einen gekidnappten Teenager, der schwanger war. Wichtiger ging’s kaum noch. »Ich brauche ein paar Informationen, an die ich im Moment nicht herankomme.«
»Welche?«
»Die Adoptionsakten von Rosies Baby.«
»Wie heißt die Agentur?«
»Keine Ahnung. Vielleicht lief das über den Schwarzmarkt. Auf diese Weise wäre Sanders dann ins Spiel gekommen.«
»Um ihr letzte Woche zu helfen, das Kind wiederzufinden, oder um es vor zwei Jahren loszuwerden? « Tiftons Frage war zynisch, doch Dani hatte Verständnis dafür. Auch sie hatte sich diese Frage als Erstes gestellt.
»Hey, ich weiß, wonach es aussieht. Aber ich glaube nicht mehr, dass es so war, Tift. Dass Russell Sanders eine minderjährige Prostituierte geschwängert hat und sie dann hat sitzenlassen.«
Es herrschte kurzes Schweigen, dann fragte Tifton: »Du schläfst also mit Sheridan?«
Einen Augenblick lang war Dani sprachlos. Doch kurz darauf gewann sie ihre Fassung zurück. »Und selbst wenn dem so wäre, was nicht der Fall ist – und was dich nicht das Geringste angeht –, wäre das noch lange kein Grund, dass ich meine Meinung über Sanders ändere. Hier läuft etwas anderes ab, Tift.«
»Na gut, und was?«
»Rosie hat nach ihrem Kind gesucht, bevor sie
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