Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
Süße«, unterbrach Mitch sie, der ihr gefolgt war, »was hast du vor?«
»Ich habe die Schnauze voll, herumzusitzen und Akten zu wälzen. Ich muss etwas unternehmen, verdammt noch mal! Alicia Woodruff und Jill Donnelly haben beide in Reading angeschafft. Weißt du, wo das liegt?«
Weiß ein reicher Schnösel wie du überhaupt, wo Reading liegt? Mitch ignorierte die unterschwellige Botschaft ihrer Worte. »Klar. Du fährst da aber bestimmt nicht allein hin.«
»Muss ich aber.«
»Dani, das FBI kümmert sich darum.«
»Aber das FBI weiß nichts von den Babygeschenken. Noch nicht. Sie werden es erst erfahren, wenn sich das Einsatzteam morgen früh zur Lagebesprechung trifft. Und außerdem sind das Beamte. Sie verbringen den halben Tag damit, Daten zu analysieren und Läden ausfindig zu machen, die Babysachen verkaufen. Das sind bloß Schattenjäger.«
»Überlass ihnen das«, forderte Mitch. »Du musst nicht auch noch da draußen suchen.«
»Muss ich wohl.« Ihre Energie kehrte allmählich zurück. »So wie du diese Ausstellung für Russell machen musst, weil du es ihm schuldig bist, so muss ich das hier für Rosie tun. Ich muss. «
Als Dani sich zum Gehen wandte, riss Mitch ihr den Schlüssel aus der Hand. »Aber nicht allein.«
Monika dachte, sie sei allein. Bis sie Schritte hörte. Der Mann mit den eiskalten Augen, der Eismann, wie sie ihn nannte, war zurück, oder vielleicht war er nie fortgegangen. Sie wusste es nicht. Alles, was sie wahrnahm, waren die dumpfen Schritte auf der Treppe.
Als er aufschloss und die Tür öffnete, hielt Monika den Atem an. Er betrat den Raum mit einem Tablett mit Essen, das er auf den Tisch neben der Tür stellte. »Du hast vorhin nichts gegessen. Das ist deine letzte Chance.«
Monika rutschte an die Bettkante und griff sich mit einem Aufschrei an den Bauch. »Ahhh«, stöhnte sie. Der Eismann bewegte sich nicht. »Ich brauche einen Arzt«, flehte sie. »Es tut so weh.«
Einen Augenblick lang beobachtete er sie nur. Sie saß auf dem Bett und schluchzte leise. Das dunkle Haar fiel ihr ins Gesicht. Bloß nicht übertreiben. Es schien ihm wichtig zu sein, dass es ihr gutging, bis das Baby da war. Wenn sie es nur schaffte, dass er jemanden holte …
Doch andererseits war er der Eismann. Monika war sich nicht sicher, ob er auch nur mit der Wimper zucken würde, wenn er hereinkäme und sie tot auffände.
»Bitte«, flehte sie.
Er ging zur Tür. »Iss. Du brauchst Kraft.«
Die Tür fiel hinter ihm zu, und die Schlösser wurden verriegelt.
Verdammt. Monika verschluckte sich, als ihr ein echtes Schluchzen über die Lippen kam. Doch dann riss sie sich zusammen und ging mühsam zu dem Tablett hinüber. Kraft – er hatte recht. Nicht für sie, aber für das Baby.
Monika griff nach dem Tablett und wurde bleich. Neben dem Teller stand ein weiteres Babygeschenk mit einer blauen Schleife – eine kleine Spieluhr mit einem Karussell.
Monika feuerte das Ding gegen die Wand und hörte es zersplittern.
Dann aß sie. Du brauchst Kraft.
Mitch bestand darauf zu fahren, und als Dani ihn nicht daran hinderte, wurde ihm klar, dass sie noch nicht wieder zur alten Höchstform aufgelaufen war. Sie nahmen ihren Wagen, denn der Cuda war zu auffällig. Schließlich wollten sie keine Aufmerksamkeit erregen. Sie fuhren in Richtung Westen durch das Stadtzentrum und von dort nach Norden über die Graeter’s und die Reading Road aus der Stadt hinaus. Die Straße führte als zweispurige Bundesstraße erst durch die Stadt und endete rund zweiundzwanzig Kilometer dahinter. Die letzten zehn Kilometer im Norden waren eine unschöne Ansammlung von Lagerhallen und leerstehenden Gebäuden in einer Geisterstadt mit alten Überführungen und Tunneln, die von maroden, rostenden Gleisen umgeben waren.
»Die Safari«, bemerkte Dani. So nannten die Cops das Gebiet. »Ein Paradies für wilde Tiere.«
Mitch parkte den Wagen unter einer Überführung bei einem alten Bahndepot, worum Dani ihn gebeten hatte. »Hier lassen sie das Auto in Ruhe«, erklärte sie. »Alle fürchten sich vor dem schwarzen Mann.«
Sie schwang die Füße aus dem Wagen und tauschte ihre Pumps gegen ein Paar Stiefel, das vor der Rückbank im Fußraum gelegen hatte. Dann bat sie Mitch um die Wagenschlüssel und ging zum Kofferraum. Er sah, wie sie sich eine Taschenlampe unters Kinn klemmte und aus einer abschließbaren Metallkiste eine Smith & Wesson Kaliber .22 mit einem Vier-Zoll-Lauf zog. Sie überprüfte, ob die Waffe geladen war,
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