Maedchenauge
Informationen empfänglich sein.«
»Sehr gut, sie frisst uns also aus der Hand.«
*
Schegula ermahnte sich, nicht in Gedanken zu versinken. Er musste auf den hektischen Freitagabendverkehr konzentriert bleiben. Einen Unfall konnte er jetzt nicht brauchen.
Doch es fiel ihm schwer, nicht an das Verhalten des Bürgermeisters zu denken, der immer unberechenbarer zu werden drohte. Gestern noch Gutgeheißenes wurde heute verdammt. Eine stringente Strategie war nicht mehr festzustellen. Stotz erweckte den Eindruck, nur noch auf äußere Impulse zu reagieren, anstatt kreativ zu handeln. Launenhaft war er geworden, wie ein römischer Kaiser. Seine Haltung gegenüber Marina Lohner entbehrte jeglicher Rationalität.
Mit ihm selbst als Bürgermeister würden andere Sitten einziehen. Er würde sich sämtlicher Altlasten entledigen.
Der Vorgänger musste umgehend in die Bedeutungslosigkeit abgeschoben werden. Bevor Stotz noch mehr Unheil anrichten konnte. Zum ersten Mal seit langer Zeit würde er seine Grenzen kennenlernen. Ob er wollte oder nicht.
Seine eigenen Ziele kannte Schegula. Und dass er nicht allein dafür kämpfen musste, bestärkte ihn zusätzlich.
Seine Zeit war gekommen. Endlich vermochte er zu tun, wonach er sich allzu lange bloß hatte sehnen dürfen.
*
Der Schlaf, den sie in der Nacht geschwänzt hatte, fehlte ihr nun umso mehr. Am liebsten hätte Lily sich sofort hingelegt. Außerdem rumorte es in ihrem Kopf. Sie war erschöpft und aufgekratzt zugleich.
Die letzte Sitzung mit Belonoz und seinen Leuten vor dem Wochenende war nicht aufzuschieben. Lily fügte sich in ihr Schicksal. Danach würde sie zum Rooseveltplatz eilen und auf der Stelle ins Bett fallen, diese Hoffnung spendete ihr Trost.
Große Neuigkeiten hatte niemand zu vermelden. Lily war entschlossen, die Sache möglichst kurz zu halten. Bloß Marlene Metka gab sich optimistisch.
»Die Sache mit dem Leder ist doch interessant«, sagte sie fröhlich.
Belonoz lächelte spöttisch. »Okay, wir haben den wissenschaftlichen Nachweis, dass die Person in schwarzem Leder an allen Tatorten war. Phantastisch.«
»Das habe ich nicht gemeint. Sondern die Unterschiede. Altes, gebrauchtes Leder bei den ersten drei Morden, neues Leder im Fall Jordis.«
»Also hat er sich frisch eingekleidet.«
»Zum Beispiel. Da könnte man weiter nachforschen, ob bei einem der …«
Steffek rollte mit den Augen. »Was bitte willst du da nachforschen, Marlene? Wenn wir alle Personen überprüfen, die sich in der letzten Zeit Ledergewand angeschafft haben, dauert das Wochen. Mindestens. Und wo willst du die zeitliche Grenze ziehen? Alle Käufe der letzten zwei Wochen, des gesamten Monats? Oder überhaupt seit Jahresbeginn? Außerdem muss der Täter nicht aus Österreich kommen. Sorry, das schwarze Leder hilft uns nur weiter, wenn wir eine halbwegs verdächtige Person haben.«
Metka zog eine beleidigte Grimasse. »Na dann halt nicht.«
Lily hatte überlegt, wie sie vorgehen sollte. Wann sie einsteigen und wie sie es formulieren wollte. Nun gab sie sich einen Ruck. »Das mit dem Leder könnte aber ein wichtiges Detail sein. Vor wenigen Stunden habe ich einen Hinweis erhalten. Eventuell haben wir es tatsächlich nicht mit einem Einzeltäter zu tun.«
Es war plötzlich sehr still geworden. Belonoz setzte sich ruckartig auf und blickte Lily frontal an. Seine Stimme klang scharf und unfreundlich. »Ein Hinweis? Kein Einzeltäter? Was soll das?«
»Den Mord an Selma Jordis hat möglicherweise eine andere Person verübt.«
»Woher haben Sie das?«
»Ich kann momentan nicht mehr dazu sagen. Herr Major, sprechen wir nachher noch kurz miteinander …?«
»Das will ich auch hoffen«, sagte Belonoz in feindseligem Ton, ohne Lily eines weiteren Blickes zu würdigen.
Nika Bardel stöhnte. »Na super. Jetzt sind es schon zwei Täter, die frei herumlaufen. Und die wir nicht finden können. Die Menschen werden uns bejubeln.«
»Das wäre eine Erklärung für die unterschiedlichen Ledersorten«, sagte Metka mit triumphierendem Lächeln.
Steffek schüttelte den Kopf. »Beide haben Leder getragen … So einen Zufall kann es gar nicht geben.«
»Die Zeitung hat das schließlich auch gewusst.«
» Welche Zeitung hat was gewusst?«
» Clip24 . Die haben die Fotos des Täters gebracht. Wer weiß, was für Informationen auf irgendwelchen Kanälen sonst noch geflossen sind.«
Lily nickte. »Richtig, Frau Metka. Das muss untersucht werden.«
Belonoz wandte sich an Kovacs. »Du bist
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