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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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gebracht?«
    »Es war, wie Sportreporter zu sagen pflegen, ein Volltreffer.«
    *
    Kaum in der Polizeidirektion angekommen, sprach Lily mit Nika Bardel und bat sie, erneut die Verwandten und Bekannten der ersten beiden Mordopfer zu kontaktieren. Bardel solle gezielt nach einem Foto fragen, das drei junge Mädchen im Alter von etwa zwölf oder dreizehn Jahren zeige. Außerdem möge sie sich erkundigen, ob jemals von einem Sommercamp in Südtirol die Rede gewesen sei.
    Danach eilte Lily in den Verhörraum, wo Nicole Saborsky bereits mit ihrem Pflichtverteidiger wartete. Nicole war sichtlich schlecht gelaunt, doch die zweite Nacht in Haft schien ihr bekommen zu sein. Erstaunlich frisch und erholt sah sie aus, außerdem wurde sichtbar, dass sie und Lavinia familiär verbunden waren. Sie besaßen beide die gleiche zarte, blasse Haut und die gleichen hellen, leicht wässrig wirkenden Augen. Nur die Haarfarbe und die Kleidung erinnerten noch an die wilde Nicole. Ansonsten hatten das Ausbleiben nächtlicher Aktivitäten und illegaler Substanzen geradezu Wunder gewirkt.
    »Sie sehen aus wie das blühende Leben, Frau Saborsky«, sagte Lily kühl, nachdem sie Platz genommen hatte.
    Die Angesprochene verzog genervt den Mund und schüttelte angewidert den Kopf. »Wie bitte? Sonst geht es Ihnen aber noch gut, oder, Frau Ermittlerin? Glauben Sie, dass ich hier in einem Wellnesshotel untergebracht bin? Ich sehe scheiße aus!«
    »Überhaupt nicht. Sie wirken wie jemand, der ausreichend und vor allem nachts geschlafen sowie genügend gegessen hat.«
    »Na danke. Was soll ich auch sonst tun? Ich esse den Fraß, um mich abzulenken, liege auf dem Bett herum, und rauchen darf man in der Zelle auch nicht.«
    »Das alles noch dazu auf Staatskosten … Frau Saborsky, am besten, wir kommen gleich zum Kernpunkt. Im Kellerabteil Ihrer Wohnung ist ein Anzug aus schwarzem Leder gefunden worden, wie ihn Motorradfahrer tragen. Außerdem ein Helm. Was können Sie mir dazu mitteilen?«
    Erneut schnitt Nicole eine Grimasse. »Jetzt wird es wirklich witzig. Keine Ahnung, was Sie da erzählen. Ich fahre überhaupt nicht Motorrad. Das könnten Sie eigentlich mit Ihren Polizeitypen leicht herausfinden. Ich habe nur den Pkw-Führerschein, den ich eh nicht verwende, weil ich mir immer ein Taxi nehme.«
    »Es geht nicht darum, ob Sie Motorrad fahren, sondern warum die Sachen in Ihrem Kellerabteil lagen.«
    »Na, vielleicht hat jemand das Zeug dort hingelegt. Womöglich gar ein Polizist. Das kennt man ja aus den Medien. Was soll ich mit einem Helm und einem Lederanzug anfangen?«
    »Gut, also Sie geben an, dass Ihnen die Sachen nicht gehören. Und Sie wissen auch nicht, wem sie gehören könnten, oder wer sie dort verstaut haben könnte?«
    »Wirklich null Ahnung. Außerdem … was hat das mit mir oder dem Mord an Selma zu tun?«, fragte Nicole und wandte sich zum ersten Mal an den Pflichtanwalt, der neben ihr saß. »Und Sie haben dazu auch nichts zu melden? Na toll, wozu sind Sie denn überhaupt hier?«
    Der junge, leicht überfordert wirkende Anwalt lächelte seine widerspenstige Pflichtklientin höflich an. »In die Vernehmung darf ich mich nicht einschalten.«
    »Ach so?«, fragte Nicole hämisch. »Aber Geld kriegen Sie dafür schon, nicht wahr?«
    Lily unterbrach. »Frau Saborsky, Pflichtverteidiger bekommen für ihre Tätigkeit kein Geld. Es gehört zu den Aufgaben von Strafverteidigern, dieses Amt turnusmäßig wahrzunehmen. Und jetzt kommen wir wieder zu unserem eigentlichen Thema zurück. Sie haben am Tag, als Selma Jordis ermordet wurde, auch keinen Lederanzug und keinen Helm in einem Geschäft im sechsten Bezirk gekauft?«
    Nicoles Stimmung wechselte blitzartig. Nun gab sie sich betont gelangweilt. »Was soll das? Das ist ja nur noch lächerlich …«
    »Ein Verkäufer hat Sie auf einem Foto erkannt und bestätigt, dass Sie …«
    Nun lachte Nicole arrogant. »Mich kann kein Verkäufer erkannt haben, weil ich noch nie in einem Motorradfahrergeschäft war. Solche Läden kenne ich gar nicht. Ich habe wirklich Besseres zu tun, als mich als blöde Bikerin zu betätigen.«
    »Na gut«, sagte Lily, »dann etwas anderes: Wie eifersüchtig waren Sie auf Selma Jordis?«
    Nicole begann laut zu lachen. »Das ist ja wie in einer Late-Night-Show hier, ein Gag folgt auf den nächsten. Ich war auf Selma Jordis überhaupt nicht eifersüchtig, weil sie mich gar nicht interessiert hat. Sie war eine langweilige Streberin, die in der Schule sicher immer die besten

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