Maedchenfaenger #4
Er hörte, wie sich mit einem leisen Klicken die Badezimmertür schloss. Ein paar Sekunden später rauschte die Dusche. LuAnns Schicht im Krankenhaus fing eigentlich erst um zehn an, doch gerade am Wochenende war sie gern etwas früher da, um in der Cafeteria einen Kaffee zu trinken und die Zeitung zu lesen, bevor sie sich in der überlaufenen Notaufnahme um die Betrunkenen und Unfallopfer von Samstagabend kümmerte.
Bobby zog sich das Kissen über den Kopf. Ein paar Minuten lag er mit geschlossenen Augen da und wehrte sich dagegen, dass er endgültig wach war. Das letzte Mal, als er auf die Uhr gesehen hatte, war es 5:49 Uhr gewesen. Das Röhren des Rasenmähers wurde leiser wie ein Lied im Radio, das ausgeblendet wurde, die Menge auf dem Green beruhigte sich, und er driftete wieder davon ...
Dann klingelte sein Nextel.
Auch das noch. Er tastete nach dem Telefon auf dem Nachttisch und nahm es mit unter die Decke. «Dees», knurrte er.
«Mann, du klingst scheiße», antwortete die vertraute Stimme am anderen Ende und lachte leise. «Was ist los, Mann? Hat dir jemand in die Cornflakes gepinkelt?»
«Was los ist? Erzähl du mir doch, was los ist, wenn du sonntags um, was, neun Uhr morgens hier anrufst, Zo!»
Lorenzo «Zo» Dias war der kürzlich beförderte Assistant Special Agent in Charge des FDLE Regional Operations Center in Miami alias Bobbys Boss. «Sag jetzt nicht, dass du noch nicht aufgestanden bist ...»
«Schon bin ich auf hundertachtzig.» Bobby setzte sich auf und rieb sich über den Kopf. «Dein Überstundenbudget schmilzt dahin, Boss. Bin offiziell wieder im Dienst.»
«Und was, wenn ich nur fragen wollte, ob du Lust hast, heute Morgen auf dem Blue Monster ein paar Abschläge mit mir zu üben?»
Bobby gähnte. «Jetzt weiß ich, dass die Arbeit ruft. Du würdest ein Loch nicht mal mit Landkarte, Taschenlampe und persönlichem Führer finden. Wann hast du das letzte Mal Golf gespielt?»
Bobby und Zo waren schon gute Freunde gewesen, lange be vor Zo seinen einsamen Aufstieg in der Befehlskette des FDLE begonnen hatte. Vor fast zehn Jahren hatten sie sich auf der Training Academy des FDLE kennengelernt - Zo hatte den Dienst für das Miami Beach Police Department an den Nagel gehängt, um Special Agent zu werden; Bobby hatte die Nase voll von New York und der Schwachsinnspolitik des NYPD und war wegen des Wetters und der Sehnsucht nach einem weniger hektischen Lebensrhythmus nach Süden gekommen - was sich als reine Ironie herausstellte, denn in Südflorida waren Hurrikane fast so häufig wie Gewitter, und in der Crimes Against Children Squad, dem Dezernat für Verbrechen an Kindern, betreute er doppelt so viele Fälle wie im Überfalldezernat in Queens. Trotz allem waren er und Zo über die Jahre und die Posten hinweg Freunde geblieben, und daran hatten nicht einmal die bürokratischen Scherereien der letzten Monate etwas geändert. Zo war einer der wenigen Menschen, die es geschafft hatten, ein guter Chef zu sein und dabei ein guter Freund zu bleiben. Die meisten, denen Bobby im Lauf seiner Karriere begegnet war, mutierten zu Arschlöchern, noch bevor die Tinte auf der Beförderungsurkunde getrocknet war, und opferten blindwütig Kollegen, nur um irgendeinem ausgestopften Anzug in Tallahassee zu zeigen, dass sie dazu fähig waren. Andererseits war Zo erst seit ein paar Monaten Assistant Special Agent in Charge ...
Zo seufzte. «Erwischt. Ich gehe lieber zur Zahnreinigung, als Bälle, die kleiner sind als meine eigenen, im Schneckentempo über eine große grüne Wiese zu schubsen. Von mir aus nenn mich unamerikanisch. Wir sehen uns in einer halben Stunde.»
«Was ist los?»
«Ein Kind, das seit Freitag nach der Schule vermisst wird», erklärte Zo und wurde ernst. «Die dreizehnjährige Elaine Louise Emerson aus Coral Springs. Sieht zwar nach klassischer Ausreißerin aus, aber wir müssen antanzen. Das Coral Springs PD hat uns dazugebeten. Kennst ja die Vorschriften.»
Leider, das stimmte. Bobby kannte die Vorschriften. Vermisstes Kind. Eltern rufen die örtliche Polizei. Die örtliche Polizei ruft das FDLE. Das FDLE ruft Bobby. In solchen Fällen waren die ersten vierundzwanzig Stunden entscheidend, was hieß, sie waren längst viel zu spät dran. Bobby rieb sich die Augen. Er hatte zu oft den gleichen Anruf erhalten. Niemand wusste besser als er, dass es bei vermissten Kindern keine Routine gab, und selten stellte sich heraus, dass alles so war, wie es von
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