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Maedchenfaenger #4

Titel: Maedchenfaenger #4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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glücklich. Doch bei Ver­brechern, die es auf Kinder abgesehen hatten, fing die Ermitt­lung oft mit einem Opfer an und endete mit ein paar Dutzend. Und selbst wenn man den Arsch ein paar Jahrzehnte hinter Gitter brachte und die Akte geschlossen war und in einem Schuhkarton im Archiv landete, hatte man nie wirklich das Gefühl, es war vor­bei. Man konnte nie sicher sein, wirklich alle Opfer gefunden zu haben. Und weil Kinder allgemein schlechte Zeugen waren und weil Eltern nicht wollten, dass die armen Kleinen das Trauma noch einmal durchleben mussten, kam es vor, dass ein Cop die Wurst niemals schmeckte - ein Klaps auf die Hand und eine lange Bewährungsstrafe waren die einzige Gerechtigkeit, die auf der Speisekarte des Gerichts zu haben war. Für Crimes Against Children zu arbeiten war, als wenn man ein Pflaster abzog, um ei­nen Kratzer zu versorgen, und feststellte, dass das ganze Gewebe nekrotisch war. Wie viele Schichten gesunden Fleisches im Ver­borgenen längst zerfressen waren, das schockierte immer wieder. Erst dann begann man zu verstehen, wie allgegenwärtig das Böse war. Erst dann verstand man, dass für die kleinsten und unschul­digsten Opfer der Albtraum, der ein Leben dauern würde, gerade erst begonnen hatte. Und am Ende des Tages - oder am Ende der Ausbildung - konnten nur wenige Cops mit dieser Realität umgehen, ganz gleich wie dick die Lohntüte war und wie hell das Rampenlicht auf ihre Karriere schien.
    Bobby stieg aus dem Bett, zog die Jalousien hoch und sah aus dem Fenster. Draußen zerrte sein rotgesichtiger Nachbar Chet mit der ausgeprägten Brustbehaarung den Rasenmäher zurück in die Garage. In einer anderen Einfahrt stand ein lila Jogging-Kinderwagen, und eine entschlossene junge Mutter stretchte am Bordstein ihre Waden. Die zweijährigen Zwillinge von nebenan stopften sich wahrscheinlich gerade vor dem Fernseher mit Cheerios voll, während sie mit großen Augen Spongebob sahen. Würde er den Kopf weiter aus Fenster recken, könnte er an diesem son­nigen Sonntagmorgen den gebratenen Speck und den frischen Kaffee in der Luft riechen. In der Dusche ging das Wasser aus, und die Stille war beinahe ohrenbetäubend.
    Willkommen in Suburbia. Mit einem Anflug von Bitterkeit sah Bobby zu, wie das Leben weiterging, als wäre alles in bester Ordnung. Steigende Gaspreise und fallende Börsenkurse und ein Krieg, der zehntausend Kilometer weiter von Kindern ausgefochten wurde, waren nichts als leicht beklemmende Schlagzeilen in der Morgenzeitung. Dann wurde zum Sportteil geblättert, zu den Ergebnissen der Samstagsspiele, oder zum Reiseteil, auf der Suche nach spannenden Ideen für den nächsten Sommer.
    Behaglich zurückgelehnt in dem kleinen Kokon, wo die wirk­lich schlimmen Dinge immer nur den anderen passierten. Besser gesagt, den schlechten Menschen, die sie verdienten. Gleichgültig und vollkommen ungerührt gegenüber der Tatsache, dass jemand von ihnen soeben sein Kind verloren hatte.

 

11
     
    «Ich dachte, du wolltest ausschlafen», sagte LuAnn in den Spiegel, mit offenem Mund und der Wimperntusche in der Hand, als er ins Bad kam.
    «Ich hab's versucht. Aber wer soll bei dem Lärm schlafen?» Bobby griff nach der Zahnpastatube, die auf dem Waschbecken­rand lag, und sah zu, wie LuAnn sich schminkte. Der kurze Mor­genmantel klebte an ihrem feucht glänzenden Körper, und ihre Haut duftete nach Freesien. Unter der blütenweißen Baumwolle wirkten ihre straffen Beine noch braungebrannter als sonst. Der Bademantel stand offen, und der Gürtel war nur lose geknotet, sodass er die helle Wölbung ihrer Brust und ihren flachen, fes­ten Bauch sehen konnte. Mit neununddreißig hatte seine Frau immer noch eine unglaubliche Figur. Allein hier zu stehen und zuzusehen, wie sie sich schminkte, erregte ihn, sowohl körper­lich als auch emotional. LuAnn hatte immer schon so stark auf ihn gewirkt, seit dem Augenblick, als sie sich unter den gleißen­den Neonröhren in der Notaufnahme des Jamaica Hospital zum ersten Mal begegnet waren. Es war ihr Gesicht, das ihn beruhigt hatte, ihre Worte, die zu ihm durchdrangen, während er auf dem kalten Stahltisch lag und aus der Schusswunde blutete, die seine Oberarmarterie verletzt hatte. Als er nach ein paar Tagen in einem Krankenhauszimmer voller besorgter Kumpel in blauen NYPD-Uniformen aufwachte, benommen von den Medikamenten und geschwächt von der Infektion, die seinen Körper befallen hatte, erinnerte sich Bobby nicht an viel, doch sie hatte er

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