Maedchenlose
regelmäßigenViereck von Gebäuden, tief eingebettet in die ragenden Baumwipfel des Parks; von fernher grüßen die wohlbekannten Türme der Stadt herüber, und im Hintergrunde liegt ein stilles idyllisches Thal, von waldigen Hügeln lieblich umkränzt und abgeschlossen.
»Hier ist's famos, hier laßt uns Hütten bauen,« rief Herr v. Lilienkron begeistert aus; »die Herren Mütter werden sicher nicht so bald aus ihrer Siesta erwachen, um uns zu vermissen, daher erlaube ich mir den Vorschlag, hier ein Stündchen zu rasten.«
Allgemeine Zustimmung folgte diesen Worten, die jungen Mädchen ließen sich zierlich auf ihre Plaids nieder, der Gymnasiast folgte treulich dem Beispiel des Vetters und streckte sich wie dieser auf dem moosbewachsenen Abhang aus. Eine träumerische Ruhe breitete sich über die kleine Gesellschaft aus, die Ellys lebhaftem Naturell nicht lange zusagte. »Ich fürchte,« bemerkte sie, »wenn wir lange in diesem dolce far niente verharren, so schlafen einige von uns ein. Wie wäre es, wenn wir körperliche Ruhe mit geistiger Bewegung vereinten? Axel, du hast Jahre lang in der Residenz gelebt, was spielt man dort für geistreiche Spiele?«
»Das einzige, was ich kenne,« war die gedehnte Antwort, »ist Wattepusten, aber das kostet zu viel körperliche Anstrengung.«
»O Vetter,« lachte Elly, »in was für Kreisen hast du gelebt, bei denen der Geist in der Lunge saß! Wenn ihr disputiertet, behielt natürlich immer der lauteste Schreier recht.«»Wohl möglich, meine holde Cousine, wenigstens kann ich versichern, daß man in der Residenz nicht leicht so viel Geist und Schönheit vereinigt findet, wie in der Provinz.«
Die Mädchen lächelten verstohlen. »Wir wollen Städte begraben«, schlug Nora vor.
»Ich hoffe nur, mein gnädiges Fräulein«, sagte der Lieutenant in klagendem Ton, »daß dazu nicht die Handhabung eines Spatens gehört, denn diese Stunde ist so schön, daß sie nur in göttlicher Faulheit genossen werden kann; und daß wir dabei nicht mit einem Taschentuch im Auge und einer Thräne in der Hand zu erscheinen brauchen, denn die Sonne lacht zu hell, als daß wir weinen könnten.«
»Seien Sie ohne Sorge, Herr von Lilienkron, so Schweres soll Ihnen nicht zugemutet werden; es handelt sich dabei nur um etwas Kombination beim Begraben und etwas Scharfsinn beim Auffinden. Die Sache ist einfach die, daß man die einzelnen Silben eines Städtenamens so in einen Satz einfügt, daß sie zwar in der richtigen Reihenfolge stehen, aber Teile anderer Worte bilden, z. B.: Lieber, lindre meine Qual. Darin liegt Berlin begraben.«
»Famos!« sagte der Lieutenant, »das kann ich auch. O Fenella, was tappest du im Dunkeln? – da haben Sie gleich zwei Städte in einem Grabe.«
»Ofen und Pest!« riet Elly; »nicht übel für einen ersten Versuch, doch liegt zu wenig Schutt über den Trümmern, man erkennt die Umrisse zu leicht heraus. Jetzt allgemeines Schweigen, damit jeder sich vorbereiten kann. – Alle fertig? Arthur fange an.«
»Ick kann de Kierls nich mehr in Ornung hollen, mag de Burgemester seggen, wat hei will.«
Eine Pause entstand, dann hieß es: »Magdeburg! Jetzt ist die Reihe an Nora«.
»Frage den großen Kant, wer Penthesilea gewesen.«
Diesmal kostete das Raten mehr Mühe, bis triumphierend der Sekundaner rief: »Antwerpen«.
Der Lieutenant richtete sich halb auf und grüßte militärisch. »Ganz famos, auf Ehre! damit erwerbe ich mir in meiner Garnison den Ruf eines höllisch geistreichen Menschen. Nun Elly, gieb deinen Scharfsinn zum besten«.
»Unser teurer Freund lebe hoch! und hoch alle seine Kinder und Enkel.«
Ein langes Hin- und Herraten begann, alle Kombinationen wurden durchprobiert, endlich fand es der Vetter: »Halle«. »Aber welche Berge von Schutt und Asche hast du auf den Ort gehäuft, grausame Base, er wollte gar nicht wieder ans Licht kommen. Doch das Ende krönt das Werk, hier ist mein Begräbnis: Hochgeehrter Herr Kuhl, an umstehend benannte Herren belieben Sie sofort je 1000 Mark auszuzahlen.«
»Herkulanum!« rief Elly. »wirklich, Vetter Axel, bei eifrigem Bemühen kannst du in diesem Fach mit der Zeit ganz Tüchtiges leisten.«
»Und das ist mein Lohn? Donner und Doria, das habe ich nicht verdient!« rief der Lieutenant in scheinbarem Zorn. Elly sah ihn einen Augenblick mit großen Augen betroffen an, sie wußte nicht, wie sie diesen Ausdruck deuten sollte.Plötzlich erhellte sich ihr Gesicht. »London!« rief sie und klatschte in die
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