Maedchenmoerder Ein Liebesroman
Trainingskeller verändert hatte, war die Tür, an der er die innere Klinke abmontiert hatte. Die Wände waren offensichtlich schon vorher so gut isoliert gewesen, dass er sich keine Sorgen machen musste, die Schreie eines der Mädchen könnten oben im Haus oder gar im Freien zu hören sein. Außerdem glaube ich, dass er - anders als Dutroux - nicht an einer »längeren Beziehung« zu den entführten Mädchen interessiert war. Die Vorstellung, sich unten im Keller eine dauerhafte »Lustsklavin« zu halten, erregte ihn nicht. Er wollte uns lediglich für kurze Zeit benutzen, und sobald er sich zu langweilen begann, entsorgte er uns eben.
Ohne von den Vorgängen oben im Haus etwas mitbekommen zu haben, ahnte ich, dass es kein gutes Zeichen war, als mein Peiniger plötzlich in einer Jeansjacke vor mir stand. Die Male, die er mich zuvor in meinem Verließ heimgesucht hatte (Waren es vier, fünf oder sechs gewesen? Ich habe sie nicht gezählt - so wie ich zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie viele Tage und Nächte ich bereits im Keller verbracht hatte. Später konnte ich errechnen, dass es meine vierte Nacht gewesen sein musste. Doch welche Rolle spielt schon der Kalender? Was ein Tag in diesem lichtlosen Loch bedeutet, lässt sich ohnehin nicht in 24-Stunden-Tagen ausdrücken.) - die Male also, die er mich zuvor heimgesucht hatte, hatte er stets nur Jeans und Poloshirt oder Hemd angehabt. Die Jacke musste bedeuten, dass er diesmal mit mir nach draußen gehen wollte. Und die Hoffnung, dass »draußen« »Freiheit« bedeuten würde, war mir in der Dunkelheit abhanden gekommen.
Er warf mir etwas vor die Füße, in dem ich die Kleider wiedererkannte, die ich am letzten Tag meines früheren Lebens getragen hatte. Das langärmlige T-Shirt. Und die engen Jeans. Er befahl mir, beides anzuziehen. Und dumm wie ich war, schlüpfte ich nicht nur in die Hose und das Oberteil, sondern zu guter Letzt auch noch in die Hoffnung. Die zwar nur eine hauchdünne war. Aber dennoch zu spüren. Meine Schuhe hatte er nicht dabei.
Er fesselte mir die Hände im Rücken, und ich stolperte vor ihm aus meinem Gefängnis hinaus. Wie ich jetzt entdeckte, lag es am Ende eines schmalen Kellerflurs (kein Regal davor), in dem ein weiteres Fahrrad beziehungsweise ein weiterer Fahrradrahmen an der Wand lehnte. Ich knickte um, als ich die ersten Stufen nahm, die nach oben führten. Auch wenn es mein Gang in den Tod war - die Hoffnung, die ich mir übergestreift hatte, war wirklich sehr dünn - auch wenn es also mein Gang in den Tod war, erschien mir in diesem Moment alles erstrebenswerter, als weiter in dem stinkenden Loch auf die nächste Folter zu warten. Die Matratze, die mir in meiner Einsamkeit zu einer Art Trostpolster geworden war, zerfiel wie ein Spuk, als ich den ersten Luftzug auf meinem Gesicht spürte. Viel Zeit, mein Glück zu genießen, blieb mir jedoch nicht. Mein Peiniger hielt mir ein Messer an die Kehle und erklärte mir, dass er ebendiese sofort aufzuschlitzen gedachte, sollte ich einen einzigen Laut von mir geben.
Das Märchen, das er mir auftischte, war denkbar einfach. (Vermutlich hat er es den beiden toten Mädchen im Wald auch erzählt.) Er habe es sich anders überlegt und wolle mich, weil ich so tapfer mitgespielt hätte, nun freilassen. Allerdings könne er dies nur unter einer Bedingung tun: Er würde mich im Auto über die Grenze bringen und mich in einem belgischen, holländischen oder luxemburgischen Waldstück aussetzen. An Händen und Füßen gefesselt. Diese Vorsichtsmaßnahmen seien nötig, damit ihm genügend Zeit bliebe, sich abzusetzen. Er habe ohnehin keine Lust mehr auf Deutschland und wolle irgendwohin auswandern, am liebsten ganz weit weg. Schließlich sei das für beide Seiten ein »fairer Deal«. Ich hätte entweder Glück, und es würde mir gelingen, mich zu befreien und zurück zur Straße zu laufen. Oder ich hätte Pech. Dann würde ich verhungern oder verdursten. Zum Erfrieren sei es in den kommenden Wochen ja wohl noch zu warm. Und ich solle ihm bloß nicht vorschlagen, dass er mich einfach so, ohne Fesseln, laufen lassen könne, weil ich ihn bestimmt nicht verraten würde. Einer »F…« wie mir würde er kein Wort glauben.
Ich sagte ihm, dass ich diesen Vorschlag nie machen würde. Selbstverständlich würde ich direkt zur Polizei gehen, um ein Schwein wie ihn anzuzeigen.
Zur Belohnung meiner Ehrlichkeit schlug er mir ins Gesicht. Mittlerweile hatte ich mich beinahe daran gewöhnt. Dumm
Weitere Kostenlose Bücher