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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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auf diese Weise doch noch ihr Gutes: Gegen mehr Kundschaft hätte der Patron bestimmt nichts einzuwenden.)
    Mein Peiniger blieb eine Weile neben mir sitzen und betrachtete durch die insektenverklebte Frontscheibe hindurch das Restaurant, das sich in einer Art Vorbau befand. Ich konnte nicht genau erkennen, was sich drinnen tat, weil wir am hintersten Ende geparkt hatten, und der Parkplatz dafür, dass sich zur Zeit offensichtlich nur fünf bis sechs Gäste im Restaurant oder womöglich gar im ganzen Hotel befanden, viel zu groß war. Hin und wieder murmelte er etwas von dem »alten Fettsack«, der an seinem »elenden Ratatouille « verrecken solle. (Gegen dieses Ratatouille schien mein Peiniger einen besonderen Groll zu hegen. Warum, kann ich Ihnen nicht sagen.) Mir war immer noch unklar, was er vorhatte. Meine ursprüngliche Angst, das Hotel könne Treffpunkt für eine Verbrecherbande sein, an die er mich verkaufen wollte -, lachen Sie mich ruhig aus, ich möchte nicht wissen, was Ihnen in jener Nacht durch den Kopf gegangen wäre! -, meine ursprüngliche Angst zerstreute sich langsam, als mir dämmerte, dass er es darauf abgesehen hatte, sich an jenem Patron zu rächen. Zuerst dachte ich, er wolle vielleicht das Hotel anzünden. Oder jenes »Blutbad« anrichten, das er bereits so oft angedroht hatte. (Bei jedem »Schulmassaker« frage ich mich, ob ich begreife, was in Amokläufern vor sich geht. Einerseits kann ich nachvollziehen, dass es Situationen gibt, in denen man sich so gedemütigt, erniedrigt und zornig fühlt, dass man alles um sich herum nur noch auslöschen will. Andererseits scheinen meine eigenen Beine zu kurz zu sein für den Schritt, jenen Wunsch , um sich zu schießen, tatsächlich in die Tat umzusetzen. Vielleicht ist es so wie mit den Tollkirschen, die meine Großmutter mir als Kind warnend im Wald gezeigt hat: Obgleich ich die kleinen schwarzen Beeren unglaublich verlockend gefunden habe, ist mir klar gewesen, dass ich nie meine Hände danach ausstrecken würde.)
    Bald sollte sich herausstellen, dass mein Peiniger weder vorhatte, die Auberge anzuzünden noch in anderer Weise Amok zu laufen. Am nächsten Tag habe ich mich allerdings doch gefragt, ob es nicht »besser« gewesen wäre, er wäre einfach in das Hotel hineingegangen und hätte dort seine Magazine leer geschossen. Denn wer ist der größere Verbrecher: Derjenige, der zehn, fünfzehn Menschen »einfach so«, kurz und (relativ) schmerzlos, abknallt? Oder derjenige, der ein Mädchen ausgiebig und mit Wolllust zu Tode quält? (Mit dieser Art moralischem Rechenspiel muss ich ganz schnell Schluss machen. Ich merke, wie sich mein Magen zusammenkrampft.)
    Ich weiß nicht mehr, was ich im Einzelnen gedacht habe, als mein Peiniger endlich aus dem Wagen stieg. Ich sah ihn mit seinem Sportlergang - wenn man ganz genau hinschaute, konnte man ihn ein klein wenig hinken sehen - ich sah ihn mit seinem Gang, der eine Mischung aus Kraft und Lässigkeit besaß, auf das Hotel zugehen und um die hintere Ecke verschwinden. Keine drei Minuten später kehrte er zurück. Auf seinem Gesicht lag ein Lächeln, das ein Außenstehender vielleicht als »zufrieden« beschrieben hätte. Ich ahnte Schlimmes.
    Die Fahrt bis nach Montélimar hinein sprach er kein Wort mit mir. Dafür pfiff er die Melodie dieses beknackten Zidane-Hits, den wir am frühen Nachmittag im Radio gehört hatten. Meine Nerven waren so angespannt, dass ich mich nicht einmal traute, ihn zu bitten, mit dem Pfeifen aufzuhören. Er parkte den Wagen - das Städtchen war wirklich nicht sehr groß - in einer Platanenallee, bei der es sich offensichtlich um die Hauptstraße handelte, und wenn ich nicht solch böse Vorahnungen gehabt hätte, hätte ich mich womöglich sogar gefreut, zum ersten Mal auf unserer Reise an einem halbwegs zivilisierten Ort zu sein.
    Mein Peiniger schlenderte mit mir an den Cafés und Boutiquen entlang - Letztere hatten allerdings zum Großteil bereits geschlossen -, und als wir an einem Laden vorbeikamen, der doch noch geöffnet war, ging er hinein und kaufte eine große Tüte weißes Nougat, das eine Spezialität der Gegend zu sein schien, jedenfalls waren wir schon an zig Geschäften mit Nougat im Schaufenster vorbeigekommen. Kaum waren wir wieder auf der Straße, wickelte er einen der klebrigen Brocken aus der Folie und steckte ihn sich in den Mund. Mir hielt er die Tüte mit den roten, gelben und grünen Päckchen ebenfalls hin, aber ich lehnte ab. (Die Pizza rumorte in

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