Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
Vom Netzwerk:
später sogar zu dritt) waren. Diese Frage beweist einmal mehr, wie wenig sich Journalisten in bestimmte Situationen hineinversetzen können. Deshalb bitte ich Sie jetzt, sich folgende Szenen genau vorzustellen und sich ehrlich zu fragen, wie Sie handeln würden, sollten Sie sich zu Ihrem Elend in ebensolchen wiederfinden.
     
     
    Eins: Sie sitzen in einem belgischen Ford auf dem Beifahrersitz und rauschen an der Rhône entlang durch die Nacht. Am Steuer sitzt ein Mann mit einer Pistole unter der Jacke. Hinter Ihnen sitzt ein armes drômsches Provinzmädchen, das schon ein wenig betrunken ist und die ganze Zeit vor sich hin plappert, wie » sympa « sie das neue Lied von den Pussycat Dolls (» Stickwitu «) fände.
    a. Sie erinnern sich daran, dass Sie übernatürliche Kräfte besitzen, weshalb es Ihnen gelingt, dem armen, leicht betrunkenen drômschen Provinzmädchen durch die Rückenlehne Ihres Sitzes hindurch zu telepathieren, dass Sie beide nur noch eine Chance hätten: nämlich zu versuchen, den Mann mit der Pistole unter der Jacke gemeinsam zu überwältigen, solange er noch am Steuer sitzt. (Das Risiko eines Verkehrsunfalls nehmen Sie in Kauf.)
    b. Sie verharren steif auf Ihrem Beifahrersitz und versuchen sich zu erinnern, wie das Rosenkranzgebet oder wenigstens das »Vaterunser« geht.
    c. Tertium non datur .
    Zwei: Sie parken vor einem Campanile -Hotel. (Das sind die Plastikhotels, die eine grüne Kirche nebst Glockenturm (Campanile eben) als Logo haben.) Der Mann mit der Pistole checkt am Automaten ein. Das arme drômsche Provinzmädchen findet alles » une grande aventure «.
    a. Sie verfügen über die Gabe, andere Menschen nach Ihrem Willen fernzusteuern, weshalb sich das arme, leicht betrunkene drômsche Provinzmädchen plötzlich in ein nüchternes, hellsichtiges und beherztes drômsches Provinzmädchen verwandelt, mit dem zusammen Sie sich in Blitzgeschwindigkeit auf den Mann mit der Pistole stürzen, diesen entwaffnen und zu Boden drücken.
    b. Sie trotten dem Mann mit der Pistole und dem armen, leicht betrunkenen drômschen Provinzmädchen hinterher und versuchen sich zu erinnern, wie das Rosenkranzgebet oder wenigstens das »Vaterunser« geht.
    c. Tertium non datur .
    Drei: Sie sitzen zu dritt auf einem Doppelbett. Die karierten Gardinen sind zugezogen, die Rollläden heruntergelassen. Der Mann mit der Pistole hat vor Betreten des Zimmers für sich selbst und das arme, leicht betrunkene drômsche Provinzmädchen zwei Bier aus einem Automaten gezogen, der am Ende der langen Holzgalerie steht, von der die Türen abgehen. Der Fernseher hat leider kein NRJ12, dafür läuft eine Show, in der ein Vater seinen Sohn um Verzeihung bittet. (Später werden Vater und Sohn von einem Kamerateam beim Angeln und Kochen begleitet, damit überprüft werden kann, ob sie sich wirklich wieder versöhnt haben. (Nein.)) Auf einem anderen Sender läuft ein Film mit einer Schauspielerin, die Lippen wie eine Forelle hat, schwarze Reizwäsche trägt und sich mit dem Friedhofswärter vergnügt, bis einer der Toten sein Grab verlässt, um mitzumachen. Das arme, inzwischen nicht nur leicht, sondern mittelschwer betrunkene drômsche Provinzmädchen mault über den » film dégoûtant « und will wissen, wie es mit Vater und Sohn weitergeht.
    a. Ihre Großmutter war Superwoman , weshalb es Ihnen gelingt, mit einer Hand den Mann mit der Pistole ohnmächtig zu schlagen, während Sie gleichzeitig mit der anderen Hand nach dem armen drômschen Provinzmädchen greifen und mit diesem unter dem Arm aus dem Zimmer hinaus und auf und davon fliegen.
    b. Sie versuchen, sich angesichts des in der Tat widerlichen Spielfilms nicht zu übergeben und sich stattdessen daran zu erinnern, wie das Rosenkranzgebet oder wenigstens das »Vaterunser« geht.
    c. Tertium non datur .
    Ich denke, diese drei Szenen genügen, um Ihnen klarzumachen, dass die Chancen, etwas gegen meinen Peiniger auszurichten, dadurch, dass ich nun nicht mehr das alleinige Opfer war, sondern es ein zweites Mädchen gab, überhaupt nicht gestiegen waren. Im Gegenteil. In der ersten Hälfte der Nacht war Geneviève keine Hilfe, weil sie nicht begreifen wollte, in was für einer Situation sie sich befand. Und in der zweiten Hälfte, als ihr dämmerte, in welche Hölle sie geraten war, war sie keine Hilfe, weil sie sich in einer ähnlich unglückseligen Lage befand, wie ich mich tags zuvor auf dem Campingplatz in Oudenaarde befunden hatte.
     
     
    Als ich mich entschlossen habe,

Weitere Kostenlose Bücher