Maedchenmoerder Ein Liebesroman
Na?)
Und bislang ist alles ganz gut gelaufen. Nur an einer Stelle musste ich ein wenig lügen: Wie wir uns kennen gelernt haben. Für die Öffentlichkeit habe ich geschrieben, dass Du mich mit einem stinkenden Lappen betäubt und gleich bewusstlos in Deinen Porsche gezerrt hättest. (Das habe ich auch der Polizei schon so erzählt.)
Ich hoffe, Du nimmst mir diese kleine Notlüge nicht übel. Du weißt , dass ich freiwillig zu Dir in den Wagen gestiegen bin. Weil ich auf Anhieb gespürt habe, dass Du anders bist als alle Männer (von den Jungs ganz zu schweigen), denen ich zuvor begegnet war. Noch nie hatte einer in einem limonengelben Porsche an einer Nachtbushaltestelle gestoppt, das Fenster geöffnet und gerufen: »Linie 132, Dom/Hauptbahnhof, bitte einsteigen!«
In den letzten Monaten musste ich die Geschichte so oft falsch erzählen, dass ich gar nicht mehr weiß, was wir in den ersten Minuten gesprochen haben. Ich kann mich nur noch erinnern, dass Du mich - nachdem ich begriffen hatte, dass Du weder auf den Dom noch auf den Hauptbahnhof, sondern direkt auf die Autobahn zufuhrst - dass Du mich gefragt hast, was ich machen würde, würdest Du mir sagen, dass Du ein Vergewaltiger und Serienmörder seiest. Und dass ich geantwortet habe, ich würde sagen: »Cool.«
Ich war Dir erlegen, bevor Du mich an der Raststätte Frechen im nächtlichen Gras bewusstlos geschlagen hast. Hast Du die tiefe Verbindung zwischen uns nicht sofort gespürt? Dass ich sowieso bereit gewesen wäre, mit Dir ans Ende der Welt zu gehen - auch ohne Schläge, Messer und Pistole?
Was schreibe ich denn da für ein naives Zeug. Es ist doch klar, dass Du mich prüfen wolltest. Habe ich nicht selbst erlebt, wie alle Mädchen Dich angehimmelt haben? Es musste Dich langweilen, dass Du jede - fast jede - haben konntest. Und so gesehen habe auch ich Dir keine andere Wahl gelassen, als mich dazu zu zwingen, Dir Widerstand zu leisten.
(Aber dann habe ich meine Sache doch ziemlich gut gemacht, n’est-ce pas ?)
Ich merke, wie sich ein Knoten in mir löst, endlich so über die Dinge schreiben zu können. Ohne die Angst, dass mich irgendein Journalist, der sich moralisch besonders erhaben fühlt, anschließend wieder als »fragwürdige Figur« bezeichnet. Und ohne die Angst, dass meine Dr. de Sousa ihr besorgtes Dackelgesicht macht.
Auf allen Kanälen wird uns von der großen Liebe vorgesülzt, dass sie die mächtigste Kraft auf Erden sei und niemand sich ihr entziehen könne - nur ich, die ich die große Liebe gefunden habe, soll mich ewig dafür schämen? Oder meine Liebe verraten, indem ich mich als »Spielball« betrachte, der zufällig in einen besonders »abgründigen Strudel« geraten sei?
Wem kann ich begreiflich machen, dass ich mit Dir die beste Zeit meines Lebens verbracht habe? Wem???!!!
Lieber David!
Verzeih, dass ich den Brief von heute Vormittag so abrupt beendet habe. Du siehst: In den letzten Monaten hat sich eine Menge bei mir aufgestaut. Doch auch wenn ich die Dinge jetzt wieder etwas gelassener sehen kann, bleibt dasselbe Problem. Ich stecke mit meinem Buch in einer Sackgasse. Bis zu den Ereignissen in Lourdes ist es mir gelungen, unsere Geschichte so zu erzählen, dass ich ganz nah an der Wahrheit bleiben kann und dennoch nicht allzu viel Wasser auf die Mühlen meiner Feinde gieße. (Du glaubst nicht, welche Gehässigkeiten die Medien über mich verbreiten. Vor allem, seit durchgesickert ist, dass die Polizei bei Dir eine Kamera gefunden hat und dass auf dieser Kamera (neben allerlei »Bildern des Grauens«) Fotos seien, die uns beide in »entspannter Touristenpose« zeigen würden. Ich vermute, sie meinen die Aufnahmen, die Du von mir am Pont du Gard gemacht hast. (Oder hast Du sonst irgendwelche »Urlaubsfotos« von mir geschossen, von denen ich nichts weiß?) Besonders dreiste Journalisten behaupten sogar, es gäbe ein Bild, auf dem wir beide »herumknutschen« würden. Unfassbar, was für eine billige Phantasie diese Leute haben! Als ob wir jemals herumgeknutscht hätten!)
Bislang ist somit alles ganz gut gelaufen. Aber jetzt weiß ich nicht mehr weiter. Einerseits will und kann ich kein verlogenes Buch schreiben. (Solche Details wie dasjenige, dass ich Dich kein einziges Mal »David«, sondern nur »mein Peiniger« nenne, ist in meinen Augen keine Verlogenheit, sondern eher lustig.) Die volle Wahrheit kann ich jedoch auch nicht schreiben, denn ich wette, die Spießer lauern bloß auf einen
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