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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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den theologischen Disput angezettelt, welchen der drei Rosenkränze (»freudenreich«, »glorreich« oder »schmerzhaft«) die Pilger dort auf dem Prozessionsplatz beteten? Hätte mein Peiniger die junge, lateinamerikanische Nonne auch angesprochen, wenn …
    Aber diese war es ja gar nicht. Es liefen so viele herum. Im ganzen Heiligtum wimmelte es vor Nonnen.
     
     
    Musste ich mit meinem katholischen Restwissen prahlen, indem ich behauptete, dass die Pilger den »glorreichen« Rosenkranz beteten, obwohl mein Peiniger darauf bestand, dass es der »freudenreiche« war?
     
     
    Er wusste doch ohnehin, dass er Recht hatte. Sein Plan stand längst fest.
     
     
    Ist es meine Schuld, dass ihn die junge, lateinamerikanische Nonne nicht abwies, sondern ihm bereitwillig erklärte, dass samstags der »freudenreiche« Rosenkranz gebetet würde, seit Papst Johannes Paul II. den Rosenkranz um die »lichtreichen« Geheimnisse erweitert habe?
     
     
    Nein. Julia. DIES ist nicht Deine Schuld. Du ...
     
     
    Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus, der in uns die Liebe entzünde.
     
     
    Der in uns die Liebe entzünde.
     
     
    Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder - bitte für uns Sünder - bitte -
     
     
    Mir wird schwindlig. Die vielen Lichter. Der Wald. Ein Wunder.

David.doc

Lieber David!
    Geht es Dir gut dort, wo Du bist? Ich versuche, mir Dein Gesicht vorzustellen, würde mein Brief tatsächlich zu Dir vordringen. Ich bin nicht sicher, ob Du Dich freust. Aber ich weiß nicht, wem ich sonst schreiben soll. Du fehlst mir so sehr.
    War es Baudelaire, der gesagt hat, dass der Mensch erst dann verblutet, wenn ihm das Messer aus der Wunde gezogen wird? (Aber was frage ich Dich das...)
     
     
    Ich bin noch ganz neben mir, weil ich erst heute Morgen um vier aus Köln zurückgekommen bin. Dabei hätte ich von vornherein wissen können, dass es ein Fehler sein würde hinzufahren. Aber mein Vater hatte mir zu Ehren beschlossen, Weihnachten »bei der Familie« zu verbringen. Und tatsächlich hat er sich nicht lumpen lassen. Damit ich nie wieder nachts allein an einer Bushaltestelle sitzen müsse (tätäää!), hat er mir einen nagelneuen Golf geschenkt. Und an Heiligabend hat er vor dem Abendessen das Glas erhoben und gesagt: »Wie ihr wisst, hat mich die Vorstellung der Jesusgeburt nie sonderlich bewegt. Aber dass Julia heute bei uns ist, drängt mich, jemandem dort oben danken zu wollen.«
    Für solch »bewegende Momente« hat er sogar seine Architektin allein nach Indien fliegen lassen - ein Triumph, den in erster Linie meine Mutter ausgekostet hat. Von morgens bis nachts hat sie sich aufgeführt, als wolle sie die Hauptrolle in irgendeinem Happy-Housewives- Film ergattern. Selbst gemachte Kokosmakronen hier und selbst gemachte Knödel dort, und »ist es nicht schön, dass wir alle wenigstens auf diese Weise wieder einmal richtig Zeit miteinander verbringen?«
    Natürlich ist mir nicht entgangen, wie sehr sich mein Vater trotz der »bewegenden Momente« beherrschen musste. Dass er im Grunde viel lieber in die kleine Pension gegenüber gegangen wäre, in der er sich einquartiert hatte, sein Aftershave eingepackt und zum Flughafen gefahren wäre. Stattdessen hat er meine Mutter für jeden Küchenfurz in einer Weise gelobt, dass ich vor Scham beinahe versunken wäre. (»Ist es nicht großartig, wie Sonja das hingekriegt hat? Ich glaube, ich habe noch nie ein so ausgezeichnetes Entrecôte gegessen, noch nicht einmal im La Coupole in Paris.«) Daran, dass die Beziehung meiner Eltern ein einziger Dreckhaufen ist, habe ich mich ja gewöhnt. Aber wenn sie anfangen, auch noch Zuckerguss drüberzumachen, halte nicht einmal mehr ich es aus.
    Den erlösenden Krach gab es, als ich mich am ersten Weihnachtsfeiertag geweigert habe, Gänsebraten zu essen - und mein Vater mir beigesprungen ist, indem er meine Mutter gefragt hat, ob sie eigentlich wisse, wie ungesund diese Mengen an tierischem Fett seien. Seit er mit der Architektin zusammenlebe, würde er darauf achten, höchstens zweimal die Woche tierische Fette zu sich zu nehmen.
    Diese Lappalie hat gereicht, um meine Mutter völlig ausflippen zu lassen - dabei hatte mein Vater das naheliegende Argument gegen Gänsebraten (dass meine Mutter in letzter Zeit nämlich ganz schön fett geworden ist) überhaupt nicht ins Feld geführt. Erst hat sie meinen Vater

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