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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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einem Vater halten, der sich gerade mal mit einem Halbsatz danach erkundigt, wie es seiner Tochter geht, und lieber mit dem Kram loslegt, der ihm so durch den Kopf spukt - was am heutigen Tage zufällig die Hinrichtung von Saddam Hussein gewesen ist. Er hat mir einen endlosen Vortrag gehalten, dass Demokratie sich nicht »mit Mitteln der Diktatur« erzwingen lasse und dass sich die Amerikaner für »dieses Blut, das nun auch noch an ihren Händen klebe«, bis ans Ende ihrer Tage »verfluchen« würden... (Erinnerst Du Dich an das alberne Lied, das in Frankreich im Radio lief: » Je m’appelle Bagdad «? Dieser Quatsch mit » Princesse défigurée « und » Shéhérazade m’a oubliée «?) Ich habe meinem Vater jedenfalls erklärt, dass er sich wie eine französische Schnulzensängerin anhöre und dass seine geliebten Franzosen schließlich auch den einen oder anderen König geköpft hätten, um ihre verdammte Demokratie zu errichten - wenn ich es richtig verstanden habe, ist Saddam Hussein immerhin gehenkt worden -, woraufhin mein Vater erst einmal Luft geholt hat. Aber nicht etwa, um mir Recht zu geben. Sondern nur, um mich weiter zu nerven, und zwar damit, ob ich es mir nicht doch noch einmal überlegen wolle, wenigstens zum nächsten Sommersemester mit dem Studium zu beginnen, er könne mein Sträuben ja verstehen, aber eines Tages würde ich es »bitter bereuen«, wenn ich meine »geistigen Potentiale so verwahrlosen« ließe.
    Warum ruft mein Vater nicht George W. Bush an, wenn er jemandem Vorträge darüber halten will, was dieser oder jener bis ans Ende seiner Tage »bitter bereuen« werde? (Schade, dass mir dieser Satz vorhin am Telefon nicht eingefallen ist.)
     
     
    Manchmal frage ich mich, ob es nicht einfacher wäre, keine Eltern zu haben. Ich weiß, Du bist da anderer Auffassung, aber meinst Du wirklich, Dein Leben wäre »glücklicher« verlaufen, wenn Du Deinen Vater gekannt hättest?
    Ich habe Deine Mutter übrigens gesehen, bei Stern TV , und sie scheint in der Tat die » Bitch « zu sein, als die Du sie immer bezeichnet hast. Ich gehe davon aus, dass Du keine Möglichkeit hattest, das Interview anzuschauen, deshalb darf ich Dir verraten, dass sie sich große Mühe gegeben hat, als die arme Unschuldige dazustehen, die damals »halt eine schwierige Zeit, sag ich mal« gehabt habe und »halt überfordert« gewesen sei, »von der ganzen Situation, sag ich mal, und so«. (Der Jauch war natürlich viel zu soft, um ihr richtig auf den Zahn zu fühlen.) Außerdem schaut sie noch viel fertiger aus, als ich sie mir vorgestellt habe. Mit einer so schlechten, teigigen Haut hätte ich mich nicht ins Fernsehen gesetzt! Und man hat auch klar gesehen, dass sie versucht hat, sich für ihren großen Auftritt schick zu machen, wobei es natürlich gut sein kann, dass hinter dem schrecklichen pinkfarbenen Kostüm und dieser pseudoseriösen Frisur der Sender gesteckt hat. Ich selbst war ja bei Beckmann , und da haben sie mich ganz komisch angeguckt, als ich ihnen mitgeteilt habe, dass ich das schwarze Langarm-Shirt und die alten Jeans, mit denen ich ins Studio gekommen war, während der Sendung anbehalten wolle und dass ich am liebsten gar nicht geschminkt würde. (Du kannst Dir nicht vorstellen, was sie im Fernsehen für ein Theater mit der Schminkerei machen! Am allerschrägsten fand ich die Frage: »Und was darf ich mit Ihren Haaren machen?« Zuerst habe ich überhaupt nicht kapiert, worauf die Make-up-Tante hinauswollte, bis ich endlich begriffen habe, dass sie die herausgewachsenen Stellen meinte - damals hatte ich noch nicht nachgefärbt - und dass sie wohl der Ansicht war, ich könne mich so nicht ins Fernsehen setzen.)
    Das Gespräch selbst war übrigens ziemlich lustig. Ich bin sicher, solltest Du dort, wo Du bist, doch fernsehen können, hast Du Dich totgelacht. Einerseits war der Beckmann natürlich versessen darauf, von mir alle Einzelheiten zu erfahren, gleichzeitig hat er die Schleimtour versucht von wegen: »Julia, Sie wissen, wenn es Ihnen zu viel wird, können Sie dieses Gespräch jederzeit abbrechen...« Selbstverständlich habe ich nicht abgebrochen, obwohl mein Manager im Hintergrund ein paarmal wild herumgefuchtelt hat. Richtig schockiert habe ich den Beckmann, als ich ihm auf seine Frage, worunter ich während meiner Entführung am meisten gelitten hätte, geantwortet habe: »Unter dem schlechten Essen.« Da ist ihm erst mal das Kinn runtergefallen. (»Unter dem schlechten Essen ? Liebe Julia,

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