Maenner fuers Leben
sagen kann. Sie hatte immer einen Hang zu arroganten Typen, und auch Webb hat auf jeden Fall das Zeug zur Arroganz. Zum einen ist er ein ultra-erfolgreicher Sportagent und war früher ein halbwegs berühmter Tennisprofi – zumindest in Tenniskreisen kennt man ihn, und in der Juniorenliga hat er einmal Agassi geschlagen. Und zusätzlich zu Erfolg und Reichtum sieht er auch noch zum Sterben gut, ja, klassisch gut aus, mit beängstigend gutem Haar und Zähnen, die so weiß und gerade sind, dass ich jedes Mal an eine Zahnpastawerbung denken muss, wenn er den Kopf zurücklegt und lacht. Er hat eine volltönende, laute Stimme und eine starke Präsenz – und er ist der Typ, der die Ladys mit einer eloquenten kleinen Rede in Entzücken versetzen und die Pointe eines zweideutigen Witzes so vortragen kann, dass die Jungs johlen vor Lachen. Nach sämtlichen Maßstäben sollte Webb also eigentlich unerträglich selbstgefällig sein. Aber das ist er nicht. Er ist bescheiden, ausgeglichen und zuvorkommend.
Und trotzdem fühle ich mich aus irgendeinem Grund einfach nicht wohl in seiner Nähe – vielleicht, weil wir außer Margot so gut wie nichts gemeinsam haben. Zum Glück habe ich ihr das nie gestanden, auch nicht am Anfang ihrer Beziehung, wahrscheinlich weil ich sofort ahnte, dass er «der Richtige» ist. Es war das erste Mal, dass ich Margot total und vorbehaltlos verknallt gesehen habe, das erste Mal, dass sie jemanden genauso gern – oder noch lieber – hatte als er sie. Mit Andy spreche ich auch nicht offen über Webb – vielleicht, weil er große Stücke auf Webb hielt, aber vielleicht auch, weil ich nicht genau wusste, was eigentlich mir an Webb nicht gefiel.
Aber meiner Schwester habe ich meine Gefühle einmal offenbart, kurz vor Margots Hochzeit, als ich für ein Wochenende zu Hause in Pittsburgh war. Wir waren zum Lunch im Eat ’n Park, unserem Lieblingsladen während der Highschool, in den ich aus Sentimentalität immer noch gern gehe, wenn ich zu Hause bin. Jeder Tisch dort ist mit vielfältigen Erinnerungen verbunden, und wir setzten uns an den neben der Tür, an dem sie einmal nach einem Schulball mit einem Typen gegessen hat, der heute wegen irgendetwas im Knast sitzt, an dem mein Vater eines Abends plötzlich Nasenbluten bekam (und wir alle dachten, es sei Ketchup) und an dem ich einmal wegen einer Wette fünf Chili-Hotdogs gegessen habe. Während Suzanne und ich unsere «Big Boy»-Burger mit diversen Gewürzen aufpeppten, erkundigte sie sich nach Margots Heirat, und ein geringschätziger Unterton lag in ihrer Stimme, wie eigentlich fast immer, wenn sie über die Grahams sprach – eine Geringschätzung, die meiner Meinung nach ungerechtfertigt und auch ein bisschen fies war. Aber trotz dieses Untertons merkte ich, dass Suzanne von Margot fasziniert war, und zwar genauso schamlos und oberflächlich, wie wir früher von Luke und Laura in General Hospital und Bo und Hope in Zeit der Sehnsucht fasziniert waren.
«Das ist ja so dämlich», sagte Suzanne immer, wenn wir den Paaren in unseren Lieblings-Soaps zusahen. Sie verdrehte die Augen und wies auf die Unwahrscheinlichkeiten und Ungereimtheiten in den Liebesgeschichten hin, und trotzdem saß sie wie gebannt vor dem Fernseher und lechzte nach mehr.
Jetzt war es ganz ähnlich: Wir aßen unsere Burger, und Suzanne wollte alle Einzelheiten über Margots bevorstehende Hochzeit wissen und sah überall dramatisches Potenzial.
«Die Verlobung war ziemlich kurz, nicht wahr?» Sie zog die Brauen hoch. «Könnte sie schwanger sein?»
Ich lachte und schüttelte den Kopf.
«Wieso dann die Eile?»
«Sie sind verliebt.» Für mich war das Ganze wie eine Geschichte aus dem Märchenbuch. Sie waren vor uns verlobt, obwohl Andy und ich schon länger miteinander gegangen waren.
«Wie groß ist der Ring?», fragte Suzanne skeptisch.
«Riesig», sagte ich. «Ein weißer Diamant, lupenrein.»
Als Suzanne das verdaut hatte, fragte sie: «Was ist das für ein Name – Webb?»
«Der Familienname. Die Abkürzung von Webster.»
«Wie die Fernsehsendung.» Sie lachte.
«Ja», sagte ich.
«Magst du ihn?», fragte sie.
Angesichts ihrer Stimmung überlegte ich, ob ich lügen und vorbehaltlos ja sagen sollte, aber ich habe Suzanne noch nie anlügen können. Also sagte ich ihr die Wahrheit: Er scheine zwar der perfekte Mann zu sein, aber ich sei doch nicht komplett aus dem Häuschen darüber, dass Margot ihn heiraten wolle. Bei diesem Geständnis kam ich mir selbstsüchtig
Weitere Kostenlose Bücher