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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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heute. Wir sehen uns am Freitag wieder.«
    »Da werde ich wohl barfuß kommen müssen«, sagte ich, während ich versuchte, den sich heftig sträubenden Ernie anzuleinen. Offenbar hatte er noch keine Lust, nach Hause zu gehen, und hätte lieber noch ein bisschen mit seinen neuen Freunden herumgetollt.
    »Tu dir keinen Zwang an.« Jan räumte ein paar Holzbohlen, Steine und Pylonen zur Seite, aus denen er einen kleinen Parcours für die vierbeinige Rasselbande gebaut hatte. »In meiner Hundeschule gibt es keine Kleiderordnung. Aber, wie du siehst, leider auch keinen Golfrasen. Du könntest dir leicht einen Splitter eintreten.«
    »Leider ist Ernie das herzlich egal.« Ich zeigte auf meine Schuhe, die hinten an der Ferse ganz angenagt waren. Ich hatte gerade noch verhindern können, dass Ernie auch dieses Paar in seine Einzelteile zerlegte.
    »So ein unartiger Schlingel.« Jan alias Lumberjack lachte verschmitzt. »Versuch’s mal mit Schweineöhrchen.«
    Wie bitte?! Für mich klang das eher nach einer Belohnung als nach einer Strafe. Und warum ausgerechnet etwas Süßes Ernie davon abhalten sollte, sich meine Schuhe vorzuknöpfen, konnte ich nicht so ganz nachvollziehen. Aber bitte, Jan war der Hundeexperte, nicht ich.
    »Mit Schokolade oder ohne?«, fragte ich.
    Jan amüsierte sich köstlich. »Weder noch. Ich meine getrocknete Schweineohren. Da kann Ernie nach Herzenslust draufherumkauen.«
    »Du meinst echte Schweineohren?!« Mich schüttelte es. Hier auf dem Land war man offenbar vor nichts fies.
    »Wenn du Ernie etwas anderes anbietest, woran er seine Beißlust auslassen kann, bin ich sicher, dass er das mit den Schuhen ganz schnell sein lässt.« Jan lächelte mich aufmunternd an. »Allerdings scheint mir das nicht euer einziges Problem zu sein. Wenn man dich und Ernie beobachtet, könnte man meinen, der Hund führt dich an der Leine und nicht umgekehrt. Das Ziehen darf er sich gar nicht erst angewöhnen, da musst du konsequent sein. Denk daran, was ich euch vorhin erklärt habe: Du bist der Boss! Aber mit etwas Übung bekommt ihr das sicher schnell in den Griff.« Offenbar sah ich nicht so ganz überzeugt aus, denn Jan fügte hinzu: »Wenn du dabei Hilfe brauchst, können wir zusätzlich zum normalen Unterricht gerne noch Privatstunden vereinbaren.«
    Privatstunden – ups, das klang ja richtig intim.
    Ich spürte ein nervöses Kribbeln im Bauch. Mein Gesicht fühlte sich mit einem Mal ganz heiß an. Entweder ich bekam eine Virusinfektion oder die Aussicht, mich allein mit Jan zu treffen, war schuld an diesen Symptomen.
    »Warum nicht«, erwiderte ich gespielt gleichgültig. »Ein bisschen Nachsitzen kann Ernie bestimmt nicht schaden.«
    »So, da sind wir wieder«, sagte ich laut, als wir in den Wiesengrund einbogen. Das war das einzig Schöne an einem Hund. Man konnte jederzeit Selbstgespräche führen, ohne für wunderlich oder gar plemplem gehalten zu werden. »So schlimm ist die erste Stunde in der Hundeschule doch eigentlich gar nicht gewesen, oder?«
    Ehrlich gesagt hatte es mir sogar ein kleines bisschen Spaß gemacht. Außerdem war ich stolz, dass ich über meinen Schatten gesprungen war und meine Angst vor Hunden – zumindest für kurze Zeit – hatte überwinden können. Zur Belohnung wollte ich mir gleich eine Tasse Kaffee und einen Riegel Nussschokolade gönnen.
    Voller Vorfreude steckte ich den Schlüssel ins Schloss und stellte verwundert fest, dass die Haustür nicht abgeschlossen war. Komisch, hatte ich beim Verlassen des Hauses womöglich vergessen, sie zuzusperren? Und wenn schon, dachte ich, wir sind hier schließlich auf dem Land, da gibt es nicht nur weniger Smog, sondern auch weniger Kriminalität als in der Großstadt.
    Ich wollte gerade das Haus betreten, als ich von drinnen ein lautes Geräusch vernahm. Erschrocken hielt ich in der Bewegung inne. Meine Hand, die den Schlüssel umklammerte, fühlte sich plötzlich ganz feucht an. Ach du heiliger Strohsack! Zwischen weniger und gar keiner Kriminalität bestand offenbar ein himmelweiter Unterschied. Mit klopfendem Herzen trat ich einen Schritt in den dämmrigen Hausflur und horchte angestrengt auf die Geräusche, die aus der unteren Etage zu kommen schienen.
    Auch Ernie spitzte die Öhrchen. Da! Da war es wieder! Es klang wie das Klappern von Porzellan oder von Glas, vielleicht täuschte ich mich aber auch.
    Wenn sich während meiner Abwesenheit tatsächlich ein Einbrecher Zutritt zum Haus verschafft hatte, war er entweder verdammt

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