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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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zerrte mehr an meinen Nerven als die üblichen Rangeleien.
    Als Daniel und die Kinder das Haus verlassen hatten, räumte ich mit einem dicken Kloß im Hals das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine. Dabei dachte ich angestrengt nach. Wie sollte es nun weitergehen? Am vergangenen Abend hatte Daniel mir unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass meine Anwesenheit nicht länger erwünscht war. Streng genommen hatte er mich sogar rausgeworfen. Nach dieser unschönen Szene konnte ich doch nicht einfach so tun, als ob nichts passiert sei!
    Ich war drauf und dran, meine Sachen zu packen und zu verschwinden. Aber zum einen hatte ich Nina ein Versprechen gegeben, zum anderen brachte ich es nicht übers Herz, die Jungs in der Obhut ihrer durchgeknallten Oma zurückzulassen. Dennoch: Mich bei dieser alten Gewitterhexe zu entschuldigen kam überhaupt nicht infrage! Ich nahm mir vor, am Abend noch mal ganz in Ruhe mit Daniel zu reden. Vielleicht war er ja bis dahin zur Vernunft gekommen.
    Ich versuchte, mir die Sache nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen, was aber leichter gesagt als getan war. Die Auseinandersetzung mit meinem Schwager hatte mir ganz schön zugesetzt. Ich fühlte mich schlapp und ausgelaugt, wie ein Salatblatt, das zu lange im Wasser gelegen hatte. Dagegen musste ich unbedingt etwas unternehmen. Am besten sofort!
    Da Hasslingdorf lediglich über zwei winzige Boutiquen verfügte, die kaum größer waren als die darin befindlichen Umkleidekabinen, hätte mich ein Einkaufsbummel vermutlich noch mehr deprimiert. Und so entschied ich mich kurzerhand für einen Friseurbesuch, der ohnehin dringend fällig war. Abgesehen von Drogen und verschreibungspflichtigen Medikamenten wären sonst allenfalls noch Sex oder Schokolade als probate Stimmungsaufheller infrage gekommen. Sex fiel mangels Partner flach – für den Bruchteil einer Sekunde tauchte Simon vor meinem geistigen Auge auf, und ich erlaubte mir einen kleinen wehmütigen Seufzer –, Schokolade hingegen gab es zwar im Überfluss, doch die verbot mir mein schlechtes Gewissen. Hannahs gute Küche fing an, Wirkung zu zeigen: Sie kochte fast jeden Tag für uns, und meine Lieblingshose spannte bereits verdächtig. Insgeheim fragte ich mich, ob Hannah allen Gerichten aus purer Gehässigkeit mir gegenüber einen extragroßen Schuss Sahne beifügte. Um ein paar zusätzliche Kalorien zu verbrennen, beschleunigte ich unwillkürlich meine Schritte, als ich mich dem Friseursalon näherte.
    Nun, da es so aussah, als würde ich womöglich schon viel früher als geplant wieder abreisen, sah ich den Ort mit völlig anderen Augen. Eigentlich ist Hasslingdorf ganz hübsch, stellte ich beinahe überrascht fest. Mitten auf dem kopfsteingepflasterten Marktplatz befand sich ein Springbrunnen, der im steten Rhythmus kleine Wasserfontänen ausspie, und im Schatten einer alten knorrigen Eiche saßen ein paar Frauen mit Kinderwagen und Einkaufskörben auf einer Bank. Sie lachten und schwatzten fröhlich. So ließ es sich aushalten! Einen Moment erwog ich, mich einfach dazuzugesellen, verwarf den Gedanken jedoch sogleich wieder. Am späten Vormittag war ich mit Jan verabredet. Wenn ich zu Ernies erster Nachhilfestunde pünktlich erscheinen wollte, durfte ich keine Zeit vertrödeln. Zügig überquerte ich den Marktplatz.
    Der einzige Friseursalon des Ortes befand sich in einem wunderschönen alten Fachwerkhaus, Tür an Tür mit der Dorfschenke. Bei gutem Wetter konnte man hier sicher wunderbar im Freien einen Kaffee oder ein Bier trinken – sofern man sich Getränke und Sitzgelegenheit selbst mitbrachte. Denn wie ich bei meiner Ankunft bereits richtig vermutet hatte, war das Lokal nicht bewirtschaftet. Im Vorbeigehen entdeckte ich im Fenster einen leicht vergilbten Zettel mit der Aufschrift: Pächter gesucht. Er schien schon eine ganze Weile dort zu hängen, genau wie das Türglockenspiel, dessen munteres Gebimmel mich beim Betreten des Friseursalons empfing. Kaum zu glauben, dass es so etwas heutzutage überhaupt noch gab!
    In dem Salon, der kaum größer war als Pias und mein Büro, saßen bereits zwei Kundinnen, die sich schön machen lassen wollten. Aber dafür bedurfte es vermutlich mehr als nur eines neuen Haarschnitts ... Eine der beiden Frauen, eine blässliche, etwas verhärmt wirkende Erscheinung mit einem Teint wie ein Milchbrötchen und Ansätzen von Tränensäcken unter den Augen, trug einen flauschigen rosafarbenen Handtuchturban auf dem Kopf. Die andere, eine kleine

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