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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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einen anderen Grund für diese skurrilen und absolut unangebrachten Tagträumereien? Simon war weit weg, und ob es mir nun gefiel oder nicht: Jan war wirklich verdammt sexy. Angefangen bei dem knackigen Hintern, der sich unter seiner ausgebleichten Jeans abzeichnete, bis hin zu ...
    »Alles in Ordnung?«, unterbrach Jan meine kleine Psychoanalyse und musterte mich besorgt. »Du bist ein wenig blass um die Nase.«
    »Danke, mir geht’s gut«, murmelte ich und versuchte, dem forschenden Blick aus Jans blauen Augen auszuweichen. »Alles okay, wirklich.«
    »Das sieht mir aber ganz und gar nicht danach aus. Vielleicht spielt dein Kreislauf verrückt. Wäre nicht weiter verwunderlich bei dem Wetter.« Ehe ich wusste, wie mir geschah, umfasste er mein Handgelenk. »Ich mess mal vorsichtshalber deinen Puls.«
    Alles, bloß das nicht! Jans Finger schienen sich in meine Haut einzubrennen. Nun wurde mir tatsächlich etwas schwummrig. Bevor er aus meinem flatternden Puls womöglich noch irgendwelche Schlüsse ziehen konnte, die der Wahrheit gefährlich nahekamen, entriss ich ihm schnell meine Hand.
    »Ach was, alles bestens. Mir geht’s gut«, erklärte ich heftiger als notwendig. Um auf Nummer sicher zu gehen, dass er mir nicht noch einmal so dicht auf die Pelle rückte, wich ich zwei Schritte zurück, wobei ich um ein Haar über Ernie gestolpert wäre, der mit schräg gelegtem Kopf hinter mir saß. Als ich mein Gleichgewicht – erst das äußere und schließlich auch das innere – wiedergefunden hatte, wechselte ich schnell das Thema. »Wolltest du eigentlich schon immer Hundetrainer werden?«
    Falls Jan dieser abrupte Themenwechsel merkwürdig vorkam, ließ er es sich nicht anmerken. Bereitwillig ging er auf meine Frage ein: »Mir war schon immer klar, dass für mich beruflich nichts anderes infrage kommt, als mit Tieren zu arbeiten. Nach der Schule habe ich begonnen, Veterinärmedizin zu studieren, aber dann ...«
    »... aber dann hast du festgestellt, dass du kein Blut sehen kannst«, beendete ich, froh darüber, dass wir uns wieder auf sicherem Terrain bewegten, seinen Satz lachend. »Und aus war’s mit dem Traum vom Doktor und dem lieben Vieh.«
    »So ähnlich.« Jan hob ein Stöckchen vom Waldboden auf und ließ Ernie mit einem gekonnten Wurf danach laufen. »Natürlich ist es schön, wenn man kranken Tieren helfen und sie wieder gesund machen kann. Ein bisschen wie Lieber-Gott-Spielen. Aber leider klappt das nicht immer. Du kannst dein Bestes geben, und trotzdem verreckt dir das Tier auf dem OP-Tisch.« Zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine tiefe Furche gebildet. »Natürlich weiß man, wenn man so einen Studiengang einschlägt, was einen erwartet. Aber zwischen Theorie und Praxis besteht eben doch ein himmelweiter Unterschied.«
    Da viele Männer abgesehen von »Ich hab Hunger« oder »Ich hab Durst« nie über ihre Gefühle reden, fand ich es bemerkenswert, dass Jan so unumwunden zugab, dass er nicht so ein harter Bursche war, wie es rein äußerlich den Anschein hatte. Ich musste zugeben, dass mir das, was hinter den breiten Schultern und der rauen Naturburschenfassade zum Vorschein kam, immer sympathischer wurde. Und ich brannte darauf, mehr über diesen Mann zu erfahren.
    »Und wann hast du dich entschieden, eine Hundeschule zu eröffnen?«, fragte ich neugierig.
    »Eigentlich bin ich da mehr so peu à peu reingerutscht.«
    Mit leuchtenden Augen begann Jan zu erzählen, wie er während seines Studiums ein paar Freunden und Bekannten bei der Erziehung ihrer Hunde unter die Arme gegriffen hatte. Anfangs nur abends und an den Wochenenden, jedoch hatte es sich im Ort und in der Umgebung rasch herumgesprochen, dass Jan ein Händchen dafür hatte, und so war die Nachfrage überraschend schnell gestiegen. Irgendwann hatte er sein Studium schließlich an den Nagel gehängt, eine Ausbildung zum Hundetrainer absolviert und bereits kurze Zeit später die Hundeschule eröffnet. Jan gab einige Anekdoten aus seinem Berufsalltag zum Besten. Während ich ihm wie gebannt zuhörte, wurde mir bewusst, dass Hunde und Menschen sich erstaunlich ähnlich waren: Einen kleinen Hau hatten sie offenbar alle, der eine mehr, der andere weniger. Jan erzählte von einem Labrador, der mit Begeisterung Kieselsteine verschlang, einem Dackel, der Angst vorm Autofahren hatte, und einem Pekinesen, der den halben Tag bellend vor dem Fenster saß. Angesichts solcher Marotten gelangte ich zu der Einsicht, dass Ernie ein echtes Goldstück und

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