Maenner in Freilandhaltung
vermutlich bewusst war. Obwohl der Friseurbesuch in die Hose gegangen war und ich in Bezug auf Rebecca und Hannah immer noch nicht so recht wusste, was ich mit meinen neu gewonnenen Insiderinformationen anfangen sollte, ging es mir um einiges besser als vor der Unterrichtsstunde. Das Gespräch mit Jan hatte mir gutgetan, und ich fühlte mich stark genug für die dringend fällige Aussprache mit meinem Schwager. Was hatte Jan noch gleich gesagt? Entweder man ist mit vollem Herzen dabei, oder man sollte es besser lassen. Ich war mit vollem Herzen dabei! Nina und die Jungs konnten auf mich zählen.
Mein Entschluss stand fest: Selbst wenn ich draußen im Garten oder auf der Straße campieren müsste – ich würde nicht einfach kampflos das Feld räumen. Und überhaupt: Wenn sich hier jemand entschuldigen musste, dann war es Erika! Ich hatte mir ein flammendes Plädoyer zurechtgelegt, mit dem ich Daniel von meiner Unschuld überzeugen wollte.
Dank meiner überzeugenden Argumente wäre Daniel auch ganz bestimmt auf meiner Seite gewesen – wenn er sich denn überhaupt hätte blicken lassen ...
Kapitel 7
Wenn ich ehrlich war, hatte ich mir die Fahrradtour, die ich den Kindern bereits vor Tagen versprochen hatte, ein wenig anders vorgestellt: einfach ein bisschen gemütlich durch die Gegend radeln und alle paar Minuten ein Päuschen machen. Aber die Jungs traten in die Pedale, als gälte es, die Tour de France zu gewinnen, sodass ich Mühe hatte, nicht den Anschluss zu verlieren. Vor allem die Sprintetappen brachten mich schnell an meine Grenzen, und ich bereute zutiefst, dass ich neben einer Picknickdecke und Proviant kein Sauerstoffzelt eingepackt hatte. Wir waren noch keine Stunde unterwegs, da scheuerte der Fahrradsattel bereits wie Schmirgelpapier zwischen meinen Oberschenkeln, und meine Waden brannten teuflisch. Das würde einen schönen Muskelkater geben! Andererseits tat es gut, sich mal richtig auszupowern und den ganzen aufgestauten Ärger einfach wegzustrampeln.
Ich hätte Daniel in der Luft zerreißen und genussvoll zu winzigen Konfettischnipseln verarbeiten können. So ein Blödmannsgehilfe! Anstatt sich mit seinem Problem – nämlich mir! – auseinanderzusetzen, hatte er es am vergangenen Abend vorgezogen, allen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen und sich hinter seiner Arbeit zu verschanzen. Irgendwas von unaufschiebbaren Terminen und dringend erforderlichen Überstunden hatte er am Telefon gemurmelt. Pah, ich glaubte ihm kein Wort! Als er um kurz nach elf immer noch nicht aufgetaucht war, hatte ich die Segel gestrichen und war todmüde ins Bett gefallen.
Auch wenn ich mir sicher war, dass die Überstunden bloß vorgeschoben waren, konnte ich leider Gottes nicht ausschließen, dass es für sein Fernbleiben womöglich einen anderen Grund gab, als sich vor unserer Unterredung zu drücken. Und der machte mir noch mehr zu schaffen. Wenn tatsächlich eine Frau dahintersteckte, hatte ich ein echtes Problem. Rebecca und Hannah verfügten nämlich in diesem Fall über ein wasserdichtes Alibi. Rebecca war im Laufe des Abends unangemeldet bei uns hereingeschneit, um mich zur Schnecke zu machen. Offenbar hatte Erika sich bei ihr ausgeheult, und nun überschüttete Rebecca mich mit Vorwürfen, wie ich der armen herzkranken Frau so hatte zusetzen können. Und Hannah fiel als potenzielle Geliebte – zumindest an diesem Abend – ebenfalls aus der Wertung. Durchs Fenster hatte ich sie in ihrem hell erleuchteten Wohnzimmer irgendwelche Unterlagen sortieren sehen. Allein. Wenn tatsächlich eine Frau hinter Daniels Überstunden steckte, musste ich schnellstens herausfinden, wer sie war. Vermutlich würde mir nichts anderes übrig bleiben, als dafür auch Daniels berufliches Umfeld zu durchleuchten. Ich nahm mir fest vor, diese unerquickliche Aufgabe so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen. Vorausgesetzt, ich überlebte diese Radtour ...
»Was haltet ihr davon, wenn wir eine kleine Pause machen?«, keuchte ich, als es endlich mal ein Stück bergab ging und ich wieder ein bisschen zu Atem kam.
»Sag bloß, du kannst nicht mehr?« Lukas grinste wie ein Honigkuchenpferd.
»Doch, doch«, behauptete ich tapfer, wohl wissend, dass mich mein hochroter Kopf Lügen strafte.
»Schaffst du noch ein paar Meter?«, fragte Christopher, der sich in der Rolle des Beschützers zu gefallen schien, fürsorglich. »Gleich da vorne kennen wir einen tollen Platz für ein Picknick.«
»Dann mal nichts wie los! Ich weiß ja nicht,
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