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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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selbst in die Hand nehmen? Oder ging auf dem Land die Nachbarschaftshilfe noch weiter als bisher gedacht? Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend dachte ich daran, was Jette mir über Vickys Hobby erzählt hatte. Auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass Daniel einen fleischgewordenen Blondinenwitz meiner Schwester vorzog, war es in der gegenwärtigen Situation trotzdem sicher nicht besonders vorteilhaft, dass seine Libido durch Vickys optische Reize noch weiter angeheizt wurde.
    Hannahs und Daniels Gespräch drehte sich derweil um eine andere männliche Leidenschaft: Autos. Nachdem Hannah meinem Schwager ihr Leid geklagt und das hilflose Frauchen gemimt hatte, erklärte er sich sofort bereit, nach dem Rasenmähen bei ihrem Volvo nach dem Rechten zu sehen. Eigentlich hätte Hannah nun wieder abschwirren können, doch stattdessen baute sie sich mit verschränkten Armen zwischen zwei Lebensbäumen an der Grenze zum Nachbargrundstück auf. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien ihr der Anblick auf der anderen Zaunseite ebenso gründlich zu missfallen wie mir.
    »Hi, Vicky.« Sie winkte ihrer leicht bekleideten Nachbarin kurz zu. »Du Ärmste! Bei deiner Körbchengröße ist es sicher schwer, ein Bikinioberteil zu finden.«
    »Nur kein Neid.«
    Träge blinzelnd setzte Vicky ihre Sonnenbrille wieder auf und rückte ihre Doppel-D-Möpse in Positur. Wer nicht sah, dass diese Brüste falsch waren, musste schon ein Brett vor dem Kopf haben.
    Brett?! – Genau, das war die Lösung!
    Plötzlich hatte ich eine Idee, wie sich zumindest ein Problem ganz leicht aus der Welt schaffen ließ.
    Bedauerlicherweise verhält es sich mit Problemen ähnlich wie mit Pickeln: Den einen ist man noch nicht ganz los, da kommt auch schon der nächste.
    »Hannah hat mich zum Dank, dass ich ihr Auto repariert habe, für heute Abend zum Essen eingeladen.« Daniel, der gerade zur Tür reingekommen war, wischte sich die ölverschmierten Finger an seiner Jeans ab.
    »Wie nett von ihr«, heuchelte ich und überlegte gleichzeitig, wie ich meinen Schwager dazu bringen könnte, die Einladung auszuschlagen. Herrjemine, ein erwachsener Mann war schwerer zu beaufsichtigen als ein ganzes Rudel Kinder! Am besten erteilte ich ihm bis zu Ninas Rückkehr Stubenarrest, damit er keinen Blödsinn anstellte! »War die Reparatur sehr schwierig? Was war denn überhaupt kaputt?«, fragte ich lauernd.
    Überrascht, dass eine Frau sich im Zusammenhang mit einem Auto für andere Details als die Farbe, den Schminkspiegel oder die Größe des Kofferraums, gemessen in Einkaufstüten, interessierte, erklärte Daniel: »Der Schlauch des Kühlers war defekt. Ich musste ihn austauschen.« Sorgenvoll furchte er die Stirn. »Nach Altersverschleiß sah mir das allerdings nicht aus. Vielleicht hat ein Marder sich daran zu schaffen gemacht.«
    Falsch, völlig falsch! Das war nicht das Werk eines Marders, sondern das einer Schlange, einer falschen Schlange, um genau zu sein! Nun wusste ich also, was Hannah mit dem Küchenmesser unter der Motorhaube getrieben hatte. Das hatte sie ja geschickt eingefädelt. Ärgerlich knirschte ich mit den Zähnen.
    Daniel besah sich seine dreckigen Arme. »Ich spring dann wohl mal besser kurz unter die Dusche.«
    »Ja, tu das.«
    Sobald Daniel im Badezimmer verschwunden war, ließ ich alles stehen und liegen und stürmte los, um unserer lieben Nachbarin einen Besuch abzustatten. Na, der würde ich was erzählen ... ja, was denn eigentlich?! Noch während ich den Klingelknopf drückte, gelangte ich zu der Erkenntnis, dass diese Aktion eine absolute Schnapsidee war. Ich hätte mir zuerst eine Strategie zurechtlegen sollen, bevor ich mir Hannah zur Brust nahm. Denn oberflächlich betrachtet gab es an Hannahs Einladung ja nichts auszusetzen. Daniel hatte ihr Auto repariert, und sie revanchierte sich dafür bei ihm mit einem Abendessen. Völlig harmlos also – wenn sie nicht vorhatte, ihm das Dessert im Bett zu servieren. Aber selbst wenn genau das ihr mieser kleiner Plan sein sollte, beweisen konnte ich nichts. Dass sie den Kühlerschlauch selbst durchtrennt hatte, war ebenfalls reine Mutmaßung. Was sollte ich ihr also sagen? Wie früher beim Klingelmännchenspielen wollte ich mich gerade umdrehen und davonlaufen, als Hannah die Haustür öffnete.
    »Ach, Louisa, hallo«, begrüßte sie mich überschwänglich.
    Im Gegensatz zu vorhin, als sie den armen Ernie zur Schnecke gemacht hatte, schien Hannah wie ausgewechselt.

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