Maenner in Freilandhaltung
runter.«
Rabenvater! Anstatt sofort seinen Dessertlöffel fallen zu lassen und zu seinen kranken Kindern zu eilen, gab er mir den Auftrag, ihnen ein Zäpfchen wie einen Torpedo in den Popo zu jagen. Obwohl – wenn ich mir den Nachtisch so ansah, konnte ich ihn sogar ein kleines bisschen verstehen. Allerdings hegte ich nach wie vor die Befürchtung, dass es nicht der Nachtisch war, auf den Daniel in Wirklichkeit scharf war ...
»Na, dann ist ja jetzt wohl alles geklärt. Nur zur Erinnerung, damit du dir die Mühe sparen kannst, noch mal rüberzukommen, um nachzufragen: Die Zäpfchen befinden sich oben rechts im Badezimmerschränkchen.« Mit diesen Worten schob Hannah mich Richtung Tür. »Auf Wiedersehen.« Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass sie sich ein Wiedersehen mit mir genauso sehnlich wünschte wie Hämorrhoiden oder Krampfadern.
Das mit den Hämorrhoiden und den Krampfadern lag leider Gottes nicht in meiner Hand – ich hätte sie mit beidem großzügig gesegnet. Sie würde von mir dennoch keinesfalls verschont bleiben. Falls Hannah dachte, dass ich nun aufgeben würde, war sie schiefgewickelt. Diese Schlacht hatte ich zwar verloren, aber den Krieg noch lange nicht. Wieder zu Hause angekommen, dachte ich angestrengt nach. Aller guten Dinge sind drei. Zwei Versuche waren bereits fehlgeschlagen, aber es musste doch irgendeine Möglichkeit geben, wie ich Daniel nach Hause locken konnte. Ich schaute aus dem Wohnzimmerfenster hinüber auf die andere Straßenseite. Mittlerweile war es dunkel geworden. Durch einen kleinen Spalt in Hannahs Vorhängen fiel ein schummerriger Lichtschein. Zu schummerig für meinen Geschmack, aber allemal besser als gar kein Licht.
Gar kein Licht? Das könnte die Lösung sein!
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch stieg ich die steile Holztreppe in den Keller hinab. Der vermaledeite Krimi wirkte noch nach. Ich rechnete damit, jeden Moment auf eine Frauenleiche zu stoßen. Womöglich war Nina ja ganz in meiner Nähe ...
Als ich die Tür des Abstellraums öffnete, gab sie ein ächzendes Geräusch von sich. Ein Schauer huschte wie eine riesige Spinne über meinen Rücken. Huuaah, grauslich! Plötzlich stürzte etwas auf mich zu. Mit einem spitzen Schrei sprang ich zur Seite, aber gottlob war es keine Leiche, sondern nur ein zusammengerollter Teppich, der hinter der Tür gestanden haben musste. Nachdem sowohl mein Herzschlag als auch meine Atmung wieder eingesetzt hatten und ich ein Paar Skier, eine Spieltruhe sowie einen kaputten Gartenstuhl zur Seite gerückt hatte, wurde ich fündig. Zum Glück war der Sicherungskasten ordentlich beschriftet. Vorsichtig drückte ich den kleinen Schalter, der mit dem Schild »Hauptsicherung« versehen war, nach unten. Und siehe da – plötzlich sah man nichts mehr. Absolute Finsternis. Es war so dunkel, dass man nicht mal die Hand vor Augen erkennen konnte, geschweige denn das Gerümpel, das auf dem Boden herumlag. Vielleicht wäre es besser gewesen, zuerst eine Taschenlampe zu suchen und dann den Saft abzudrehen, war mein letzter Gedanke, bevor ich über irgendetwas stolperte und das Schwarz um mich herum noch eine Spur schwärzer wurde.
Dann sah ich nur noch Sternchen.
Ich musste kurz weggetreten gewesen sein. Als ich meine Augen wieder aufschlug, brummte mein Schädel fürchterlich. Mühsam rappelte ich mich vom Boden hoch. Bei dem Sturz hatte ich mir den Kopf entweder an einem Regal oder an der Wand angeschlagen. Ich konnte förmlich spüren, wie die Beule an meiner Stirn immer weiter anschwoll. Mit zittrigen Knien tastete ich mich am Geländer entlang die Kellertreppe nach oben und war heilfroh, als mich draußen vor dem Haus das helle Licht der Straßenlaternen empfing.
Und täglich grüßt das Murmeltier ... Hannahs Klingelknopf war mir bereits sehr vertraut. Dieses Mal ließ sich die Dame des Hauses mit dem Öffnen auffallend viel Zeit, vermutlich hatte sie mich bereits erwartet.
»Na bravo«, murmelte sie anstelle einer Begrüßung und beäugte missmutig meine lädierte Stirn. Auch wenn sich ihr Mitgefühl in Grenzen hielt, brauchte ich wenigstens keine Erklärung abzugeben und durfte ungehindert passieren.
Wie ich beim Betreten des Wohnzimmers auf einen Blick sah, hatte bei Hannahs kleiner Inszenierung das Bühnenbild gewechselt. Der Esstisch war abgeräumt, das Licht gedimmt und der potenzielle Liebhaber in die Couchecke verfrachtet worden. Daniel saß mit einem Gläschen Rotwein in relaxter Haltung auf dem Sofa und schien
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