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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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er ja schließlich nicht ahnen.
    Zum Abschluss unseres kleinen Rundgangs führte ich Jan hinaus in den Garten. »Hattest du nicht gesagt, Ernie würde immer über den Gartenzaun springen?« Sichtlich verwirrt nahm Jan die Holztrennwand zum Nachbargrundstück in Augenschein. »Ich würde sagen, 1,60 Meter ist das Ding bestimmt hoch.«
    »1,80 Meter«, korrigierte ich ihn, nicht ohne Stolz in der Stimme.
    Schließlich war die Trennwand meine Idee gewesen, und es hatte mich ganz schön viel Überredungskunst gekostet, sie im Familienrat durchzuboxen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte der Sichtschutz, der am Tag zuvor angebracht worden war, gerne noch ein paar Meter höher sein dürfen, dann hätte Christopher aus seinem Zimmer nicht mehr heimlich in Vickys Schlafzimmer spähen können. Aber ich wollte Daniels guten Willen nicht überstrapazieren. Einer Festungsmauer hätte er nie im Leben zugestimmt.
    Jan schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich traue Ernie ja eine Menge zu, aber über diese Höhe zu springen ...«
    »Das war, bevor wir die Trennwand aufgestellt haben.«
    Zugegeben, es gab schönere Anblicke – wozu aus männlicher Sicht garantiert auch Vickys Brüste zählten –, aber genau deshalb hatte mir der neue Zaun ja so am Herzen gelegen. Offiziell hatte ich natürlich aus anderen Gründen für die Errichtung plädiert: Ernie wurde am Ausbüxen gehindert, und Christopher und seine Freunde konnten ihren Fußball nicht mehr ständig in Vickys Garten schießen. Während Daniels Widerstand gegen die Holzwand unter der Last meiner Argumente relativ schnell zusammengebrochen war, hatte sich ausgerechnet Christopher mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Anstatt froh zu sein, dass er nicht mehr alle zwei Minuten auf das Nachbargrundstück laufen musste, um seinen Fußball aus Vickys Blumenrabatten zu fischen, hatte er einen Heidenaufstand veranstaltet. Aber mit der Zeit würde er die Vorteile bestimmt zu schätzen wissen.
    »Der neue Zaun wäre aber nicht nötig gewesen. Wir hätten ihm das schon abgewöhnt«, erklärte Jan, während wir Seite an Seite ins Haus zurückgingen.
    Ernie das Rüberspringen vielleicht, aber Daniel das Rüberstarren? Niemals! Jedenfalls nicht, solange sich dort drüben eine exhibitionistische Nymphomanin halb bekleidet auf der Sonnenliege rekelte. Nackte Brüste übten auf Männerblicke eine geradezu magische Anziehungskraft aus – Hühnerbrüste in der Kühltheke waren die einzige Ausnahme, die mir spontan einfiel.
    Jan schob die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans. »Ich glaube, für heute sind wir fertig.«
    »Du willst schon gehen?« Eine Welle der Enttäuschung schwappte über mich hinweg. Angestrengt überlegte ich, wie ich Jan dazu bringen könnte, noch ein wenig zu bleiben. »Ich hab dir nicht mal was zu trinken angeboten. Möchtest du vielleicht eine Tasse Kaffee?«
    »Nein, danke. Ich habe heute Morgen schon fast eine ganze Kanne getrunken. Allerdings ...«
    Jan führte den Satz nicht zu Ende. Er trat einen Schritt auf mich zu. Nun standen wir so dicht beieinander, dass sich unsere Körper fast berührten. Vor Aufregung wagte ich kaum zu atmen. Jan musterte mich nachdenklich.
    »Allerdings frage ich mich die ganze Zeit ...«
    »Was fragst du dich?«
    Der Duft von Jans Aftershave machte mich ganz benommen. Womöglich fragte er sich, ob ich auch Mineralwasser oder Cola im Haus hatte. Ein Teil von mir – der, der sich weigerte, an Bilanzen zu denken – hoffte jedoch, dass es etwas anderes war.
    »Ich frage mich die ganze Zeit, ob es jemanden gibt, der etwas dagegen hat, wenn ich dich jetzt küsse.«
    Meine Gedanken stoben wild durcheinander, wie Herbstlaub im Wind. Nun wäre genau der richtige Augenblick, um Jan von Simon zu erzählen. Doch der Moment verstrich, und Jans Mund kam im Zeitlupentempo näher und näher. Ein Schauer rieselte meinen Rücken hinunter, und meine Lippen brannten allein bei der Vorstellung, dass Jan sie gleich berühren würde.
    Just in dem Moment, da ich bereits die Wärme seiner Lippen zu spüren glaubte, zerriss das Klingeln des Telefons die Stille. Wie zwei beim Knutschen ertappte Teenager fuhren wir erschrocken auseinander.
    Ich fühlte mich furchtbar: furchtbar erleichtert und furchtbar enttäuscht zugleich. Einen Moment zog ich es sogar in Erwägung, das Klingeln einfach zu ignorieren, verwarf diesen Gedanken jedoch sogleich wieder. Insgeheim hoffte ich nämlich bei jedem Anruf, dass es Nina war. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, wie ich

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