Maenner in Freilandhaltung
Daniel verabschiedeten.
Lukas, Finn und Christopher nickten begeistert.
»Dann können wir das ja bei Gelegenheit noch mal wiederholen«, sagte ich halb an die Kinder, halb an ihren Vater gewandt.
Ob das in Daniels Ohren mehr wie ein Versprechen oder wie eine Drohung geklungen hatte, vermochte ich nicht zu beurteilen. Aber eins war sicher: Solange Daniel mit einem »Kontrollbesuch« rechnen musste, würde er es bestimmt nicht wagen, das Familienfoto und die Kunstwerke seiner Kinder verschwinden zu lassen.
Saubere Arbeit.
Die Karussellfahrt auf Daniels Schreibtischstuhl war ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen. Als ich Christopher und die Zwillinge, deren Akkus immer noch randvoll waren, zwecks Abbaus überschüssiger Energie gerade in den Garten hinausgescheucht hatte, klingelte es.
»Vicky, na so was«, sagte ich überrascht, als ich die Haustür öffnete. »Was gibt’s?«
»Meinst du, Daniel könnte heute Abend mal kurz rüberkommen und mir helfen, ein Regal aufzuhängen?«
»Das musst du ihn schon selbst fragen«, antwortete ich leicht unwirsch und taxierte ihren Busen mit dem gleichen Blick, mit dem Daniel kurz zuvor die Aliens in seinem Büro gemustert hatte: eine Mischung aus ungläubigem Staunen und blankem Entsetzen. Vickys schwarz-weiß gemustertes Kleid war so eng, dass es wohl nur eine Frage der Zeit war, bis sich ihre Brüste gewaltsam einen Weg ins Freie bahnten. Ihr gewagtes Outfit erinnerte mich daran, dass ich unbedingt noch etwas mit ihr besprechen musste.
»Ich wollte mir gerade einen Kaffee kochen, möchtest du nicht reinkommen?«, fragte ich nun schon wesentlich freundlicher.
»Meinst du mich?« Vicky drehte sich einmal suchend um die eigene Achse, so als müsste sie sich erst vergewissern, dass ich auch wirklich sie gemeint hatte. Meine Einladung war für sie wohl ziemlich überraschend gekommen, denn bislang war ich ihr ja eher aus dem Weg gegangen. »Mir ist noch gar nicht aufgefallen, dass wir plötzlich Freundinnen sind.«
»Was nicht ist, kann ja noch werden«, sagte ich mit dem harmlosesten Augenaufschlag, den ich im Repertoire hatte. Dass Vicky und ich Freundinnen wurden, lag durchaus im Bereich des Möglichen – falls ein Meteorit auf die Erde knallen würde und wir die einzigen Überlebenden wären. »Außerdem muss man ja nicht befreundet sein, um einen Kaffee miteinander zu trinken, oder?«
»Na schön.«
Mit einem huldvollen Nicken, so als würde sie mir damit eine Ehre erweisen, folgte Vicky mir ins Innere des Hauses. Während ich an der Kaffeemaschine herumhantierte, sah sie sich mit unverhohlener Neugier im Wohnzimmer um.
»Viel hat sich ja nicht verändert, seit deine Schwester hier eingezogen ist.«
»Ich bin sicher, es wird sich was ändern, sobald Nina die Zeit dafür findet.«
So sicher war ich mir da ganz und gar nicht, aber ich hatte nicht vor, diese Problematik ausgerechnet mit Vicky zu erörtern. Allerdings gab es ein anderes Thema, das ich gemeinsam mit dem Kaffee auf den Tisch bringen wollte. Ich wusste nur noch nicht so recht, wie ...
»Es wäre wirklich nett, wenn Daniel mir das Regal anbringen könnte«, sagte Vicky, als wir uns schließlich am Esstisch gegenübersaßen. »Igor ist mal wieder auf Geschäftsreise. Ständig jettet er durch die Welt, und ich langweile mich in diesem Kaff zu Tode.« Sie klang wie eine verzogene, schmollende Göre.
»Sicher wäre dein Mann auch viel lieber hier bei dir, aber einer muss ja das Geld verdienen.« Das Geld, das du mit vollen Händen für Klamotten rausschmeißt, fügte ich im Geiste hinzu. »Tolles Kleid«, log ich dann und verkniff mir nur mit Mühe die Frage, ob es den Fummel auch in ihrer Größe gegeben hatte. »Du hast wirklich Geschmack.«
Vicky warf ihre langen blonden Haare in den Nacken. »Tja, der eine hat’s, der andere nicht.«
Bei den letzten Worten musterte sie die Kaffeetasse, die sie gerade zum Mund führte. Zugegeben, das beigebraune Blümchendekor war nun wirklich nicht der Hit, aber das stand hier nicht zur Debatte.
»Mir ist neulich aufgefallen, was für hübsche Vorhänge an eurem Schlafzimmerfenster hängen«, tastete ich mich behutsam immer weiter vor.
»Ja, nicht wahr?«, freute Vicky sich über das Kompliment. »Mein Innenarchitekt hat den Stoff in Barcelona aufgespürt, nicht ganz billig, aber jeden Penny wert.«
Ich war mir nicht sicher, ob Vicky bloß eine Redewendung benutzte oder tatsächlich glaubte, dass man in Spanien mit Pennies bezahlte.
»Umso bedauerlicher,
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