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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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urteilen, musste es so etwas wie »Mein Held!« gewesen sein.
    Hallo?! Daniel hatte keinen Drachen bezwungen, sondern lediglich einen Ball erwischt. Zugegeben, einen ziemlich schwierigen Ball, aber das war noch lange kein Grund, ihn auf eine Stufe mit Superman oder Siegfried dem Drachentöter zu stellen.
    Wer geglaubt hatte, die Dramatik dieses Matches sei nicht mehr zu steigern, wurde im zweiten Satz eines Besseren belehrt. Beim Spielstand von 10:8 für die Gegner stieß Hannah einen spitzen Schrei aus, strauchelte wie ein angeschossenes Reh, bevor sie im Zeitlupentempo zu Boden ging.
    Schwupp, schon stand oder vielmehr lag sie wieder im Mittelpunkt des Interesses. Gestützt von Jan und Daniel humpelte Hannah zur nächsten Matte, wo sie sich mit einem theatralischen Schmerzenslaut niedersinken ließ. Um sich ein besseres Bild vom Ausmaß der Verletzung machen zu können, befreite man Hannahs Fuß von Turnschuh und Socke. Mir wäre es todpeinlich gewesen, wenn sich mehrere Männer gleichzeitig an meinen qualmenden Stinkefüßen zu schaffen gemacht hätten. Bei Hannah war das natürlich etwas völlig anderes. Ich hätte wetten können, dass ihre Füße nicht nach Schweiß, sondern nach Rosen oder Nelken rochen. Staunend nahm ich zur Kenntnis, dass ihre Fußnägel perfekt lackiert und sogar farblich auf ihren Lidschatten abgestimmt waren. Meine Güte, so viel Perfektionismus war mir echt unheimlich. Sicher gehörte Hannah zu der seltenen Untergattung Frau, die zu jedem BH stets das passende Höschen parat hatte und das Gewürzregal alphabetisch sortierte.
    Nach einem kurzen Zögern – vermutlich musste sie erst überlegen, ob ihre Wimperntusche auch wirklich wasserfest war – schaffte Hannah es sogar, ein paar Tränchen hervorzuquetschen.
    »Möglicherweise eine schwere Verstauchung«, sagte Jan, nachdem er Hannahs Knöchel abgetastet hatte. »Ich kann nichts fühlen, was auf einen Bruch hindeutet. Aber das muss nichts heißen. Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, solltest du den Fuß röntgen lassen.«
    Jans letzter Satz trieb Hannah erneut die Tränen in die weit aufgerissenen Augen.
    »Röntgen, nicht notschlachten«, murmelte ich genervt, was mir einen vorwurfsvollen Blick meines Nebenmanns einbrachte.
    Hey, war das nicht der Kerl, der sich vorhin so chauvinistisch über die Damenbehinderung im Mixed ausgelassen hatte? Ich hasste diese Doppelmoral! Wenn Männer sich abwertend über uns Frauen äußerten, war das witzig, taten wir es, wurde uns gleich Stutenbissigkeit oder Bösartigkeit unterstellt.
    Eins musste man Hannah jedoch wirklich lassen: Als echte Perfektionistin verstand sie es, bei ihrem kleinen Possenspiel sämtliche Register zu ziehen. Entweder sie war tatsächlich umgeknickt und hatte die Sache mit viel schauspielerischem Talent künstlich aufgebauscht, oder sie hatte den Unfall nur vorgetäuscht. Ich tendierte zu Letzterem. Das würde auch erklären, warum der Knöchel nicht anschwoll. Eine lupenreine Schwalbe, wie Christopher sagen würde. Aber leider gab es keine Slomo, um diese Theorie zu bestätigen.
    »Ich fahre Hannah ins Krankenhaus.« Daniel packte seinen Badmintonschläger in die Tasche zurück.
    »Nein, das wirst du nicht tun!«, erklärte ich heftig. Alle Augen richteten sich auf mich. Überrascht? Entsetzt? Vorwurfsvoll? »Ich meine, du musst morgen früh raus, Daniel«, fügte ich, um Schadensbegrenzung bemüht, rasch hinzu. »Ich werde Hannah ins Krankenhaus bringen.«
    »Danke für das Angebot, Louisa«, sagte Daniel und half Hannah beim Aufstehen. »Aber erstens kennst du den Weg nicht, und zweitens ist das ja wohl das Mindeste, was ich für meine Mixed-Partnerin tun kann.«
    Hannah warf mir hinter Daniels Rücken einen triumphierenden Blick zu. Diese falsche Schlange! Immerhin musste man Daniel zugutehalten, dass er sich nicht nur um Hannah, sondern auch um mich kümmerte.
    »Jan, könntest du Louisa auf dem Rückweg bei uns zu Hause absetzen?«
    »Mit dem größten Vergnügen.« Jan lächelte mich an.
    Mit einem flauen Gefühl im Magen lächelte ich zurück. Ich hatte echt keine Ahnung, was ich davon halten sollte.
    Als wir nach dem Training frisch geduscht in Jans Pick-up stiegen, plapperte ich vor lauter Nervosität einfach drauflos. Wenn mein Mund damit beschäftigt war, sinnloses Zeug zu quasseln, konnte er wenigstens keine anderen, womöglich noch blöderen Dinge anstellen ...
    »Meinst du, dass Hannahs Fuß gebrochen ist? Sport ist Mord, ich sag’s ja immer wieder. Warum

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