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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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kräftige Farben. Hast du das eigentlich gewusst?«

Kapitel 16

    Als Daniel und ich am Mittwochabend gegen halb neun am Festzelt ankamen, herrschte hier bereits reges Treiben. Wir waren spät dran, denn die Jungs, die nicht hatten einsehen wollen, warum wir auf das Sommerfest gingen, während sie in der Obhut ihrer Großeltern bleiben sollten, hatten nichts unversucht gelassen, um unseren Aufbruch hinauszuzögern.
    Zu meinem grenzenlosen Erstaunen hatte Lukas Daniel gegenüber unsere Auseinandersetzung mit keiner Silbe erwähnt. Schmerzhafter als am Vortag Lukas’ Zähne nagte nun das schlechte Gewissen an mir. Und so war ich gerne bereit, Zugeständnisse zu machen. Gut, dass Lukas nicht wusste, dass mehr als eine halbe Stunde Fernsehen vor dem Schlafengehen drin gewesen wäre! Eine Lego-Ritterburg oder eine Schaukel beispielsweise ...
    Am Eingang des Festzeltes trafen wir auf Vicky, die sich in männlicher Begleitung befand. Sie stellte mir ihren Mann Igor vor, ein Kerl wie ein Baum, mit einem Stiernacken und einer protzigen goldenen Rolex am Handgelenk. Obwohl weder er noch seine Uhr optisch mein Fall waren, wirkte Igor auf den ersten Blick nicht unsympathisch. Offener Blick, fester Händedruck.
    »Schön, dich kennenzulernen«, sagte er mit leicht russischem Akzent.
    »Freut mich auch«, sagte ich aufrichtig.
    Dank seiner Anwesenheit würde ich an diesem Abend nur zwei anstelle von drei Frauen im Auge behalten müssen. Und das würde, wenn mich mein Gefühl nicht täuschte, schon anstrengend genug werden.
    Ich hätte dringend Unterstützung brauchen können, aber Jette war leider immer noch in Hamburg. Ihre Tante feierte dort ihren neunzigsten Geburtstag. An der alten Dame, die laut Jette ein echtes Unikum war, sollte ich mir ein Beispiel nehmen. Wenn sie es geschafft hatte, einen Weltkrieg, vier Kinder und unzählige Marlboros zu überleben, würde ich ja wohl so ein läppisches Sommerfest überstehen. Außerdem hatte das Fest durchaus seine angenehmen Seiten. Mit klopfendem Herzen hielt ich Ausschau nach Jan, konnte ihn in dem Gewusel jedoch nirgendwo entdecken.
    Nachdem ich meine Schwarzwälder Kirschtorte mit stolzgeschwellter Brust am Büfett abgeliefert hatte, gesellte ich mich wieder zu Daniel, der bereits von Hannah und Rebecca belagert wurde. Falls es ihre Absicht war, den armen Kerl besinnungslos zu quatschen und dann gemeinsam über ihn herzufallen, standen ihre Chancen nicht schlecht. Wie konnte man bloß so viel reden, ohne etwas zu sagen?! Das gab’s sonst nur in der Politik. Mühsam unterdrückte ich ein Gähnen.
    Als mir plötzlich von hinten jemand auf die Schulter tippte, war ich jedoch mit einem Mal wieder hellwach. Denn noch ehe ich mich umgedreht hatte, wusste ich, wer hinter mir stand.
    Obwohl sich Jan für das Fest kein bisschen in Schale geschmissen hatte – wie üblich trug er verwaschene Jeans und dazu ein olivgrünes T-Shirt –, sah er fantastisch aus. Lässig und männlich, so als wäre er gerade von der Plakatwand eines Herrenduftes oder Jeanslabels herabgestiegen. Nachdem er reihum alle begrüßt hatte, fragte er Daniel, ob er mich zum Tanzen entführen dürfe.
    »Aber sicher. Viel Spaß euch beiden!«, gab Daniel uns mit einem verschmitzten Grinsen seinen Segen.
    »Hey, werde ich etwa gar nicht gefragt?«, protestierte ich halbherzig, während Jan nach meiner Hand griff und mich zur Tanzfläche führte.
    Einerseits war ich froh, dass ich Hannahs und Rebeccas blödes Gequatsche nicht mehr ertragen musste. Andererseits hatte ich ein ungutes Gefühl dabei, Daniel mit den beiden Hyänen allein zu lassen.
    Als Jan den Arm um mich legte, vergaß ich meine Bedenken jedoch schlagartig. Hey, der Mann war Hundetrainer und kein Tanzlehrer! Wer hätte gedacht, dass er so viel Rhythmus im Blut hatte?! In perfekter Harmonie schwebten wir über die Tanzfläche. Ich war noch nie auf dem Mond gewesen – aber etwa so musste es sich anfühlen: nahezu schwerelos. Raum und Zeit schienen plötzlich keine Rolle mehr zu spielen ... Ich schloss die Augen und überließ Jan die Führung. Bei einem Kontrollfreak wie mir eine echte Seltenheit. Selbst als Beifahrer bremste und lenkte ich im Auto normalerweise mit ...
    Erst als die letzten Takte des Stücks verklungen waren und der nächste Song begann, kehrte ich widerstrebend in die Erdatmosphäre zurück und besann mich auf meine Pflicht. Ich war schließlich nicht zum Vergnügen hier! Möglichst unauffällig spähte ich zu Daniel hinüber. Er stand

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