Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
Vom Netzwerk:
Koffer. Du wolltest mir etwas verraten, falls wir merken, dass der Koffer für unsere Ermittlungen wichtig sein könnte.«
    »Und das ist er?«
    »Der Koffer hat einer Frau gehört, die inzwischen ebenfalls ermordet worden ist.«
    Judith erinnert sich daran, im Radio etwas von einer zweiten Toten im Strandkorb gehört zu haben. Es muss erst gestern gewesen sein, und doch scheint es ihr, als stamme die Erinnerung aus einem anderen Leben.
    »Ich habe auf dem Bahnsteig einen Kunden erkannt. Erinnerst du dich? Du wolltest noch wissen, ob es ein Promi ist?«
    Judith hört, wie Silja scharf die Luft einzieht. Leise redet sie weiter.
    »Er hat mich nur einmal gebucht, und das ist auch schon eine ganze Weile her. Wir waren damals zusammen auf Sylt. Inzwischen ist er verheiratet. Und Silja, das kannst du mir glauben – mit ziemlicher Sicherheit ist er völlig harmlos.«
    »Das hast du wahrscheinlich von dem Kerl letzte Nacht auch gedacht, oder?«
    »Ja, habe ich. Und nur deswegen nenne ich dir jetzt auch den Namen des anderen. Du musst mir aber trotzdem versprechen, dass du diskret vorgehst.«
    »Darauf kannst du dich hundertprozentig verlassen.«
    »Okay.« Judith holt tief Luft.
    Sie weiß genau, was sie jetzt tut. Mit der Nennung des Namens setzt sie einen Schlussstrich unter ihren lukrativen Nebenjob. So etwas ist ein absolutes No-Go in der Branche. Nie wieder wird Judith für den Escort-Service arbeiten. Natürlich nicht. Sie hätte es auch sonst nicht getan. Nicht nach den Ereignissen der letzten Nacht.
    »Es war Jens-Uwe Behrmann, der mit mir im Zug gefahren ist.«
    »Der Politiker? Schau an, so einer ist das also. Und er hatte auch diesen Koffer bei sich?«
    »Jedenfalls sah der Koffer ziemlich ähnlich aus. Und ein bisschen dreckig war er auch.«
    »Aber du bist dir nicht sicher, dass es derselbe war?«
    »Nein, so genau habe ich auch nicht hingesehen. Ich wusste ja nicht, dass es so wichtig sein könnte.«
    »Kann ich dich noch was anderes fragen? Du hast nicht zufällig die Nummer von Behrmann?«
    »Möglich wär’s. Falls ich sie finde, melde ich mich. Okay?«
    »Klar, Judith. Und eines noch: Du hast uns in jedem Fall schon unglaublich geholfen.«
    »Wenigstens etwas.«
    »Ruf mich an, wenn du was brauchst, hörst du? Und geh zu einem Kieferchirurgen, versprichst du mir das?«
    »Ja, mache ich.«
    »Und du solltest unbedingt Anzeige erstatten, aber das muss ich dir ja nicht extra sagen.«
    »Ich weiß. Ich werd’s mir überlegen.«

Donnerstag, 23. Juni, 16.35 Uhr,
Haus am Dorfteich, Wenningstedt
    Langsam atmet Fred Hübner ein. Er hält die Luft einen Moment an, dann lässt er sie wieder entweichen. Natürlich schmerzt der Kopf, jedes Gelenk tut auf eine andere Weise weh und die Sehnsucht nach der Flasche Hennessy ist immer noch da. Fred weiß genau, wenn er jetzt aufsteht, wird sie in sein Gesichtsfeld geraten. Wie er dann reagieren wird, weiß er nicht. Mühsam richtet er sich auf und schält sich unter den Decken hervor. Eine hat sich um seine Beine gewickelt, die andere klebt als dicker Wulst um Taille und Brustkorb. Kaum hat sich Fred befreit, ist zwar der Schüttelfrost wieder da, aber irgendwie scheint der schlimmste Teil des Turkey überwunden zu sein. Schnell steht Hübner auf und verlässt sein Schlafzimmer. Nur keinen Blick auf den Cognac werfen, der wartend am Boden bereitsteht und dessen goldblonder Inhalt sicher verführerisch im Nachmittagslicht schimmert.
    Unter der Dusche wird auch Freds Hirn langsam wieder klarer. Er erinnert sich sogar ziemlich genau an den Anruf Jens-Uwe Behrmanns. Wann war das? Vor drei Stunden? Vor fünf? Vor einer halben? Egal. Viel wichtiger ist, dass hier irgendetwas nicht stimmen kann. Fred hat noch nie zu übermäßiger Demut geneigt, aber dass ein renommierter Politiker, der erwiesenermaßen eine große Zukunft vor sich hat, plötzlich beschließen soll, sich ausgerechnet von einem Skandaljournalisten abhängig zu machen, das will ihm nun wirklich nicht in den Kopf. Aber was steckt dahinter?
    Braucht Behrmann die von Fred geplante Jubelbiographie so dringend, dass er auch eine zweifelhafte Verbrüderung nicht scheut? Wohl kaum. Fred merkt, dass es ihm hilft, über dieses Problem nachzudenken. Es lenkt ab und hindert ihn an einer Rückkehr ins Schlafzimmer zu der blonden Cognacflasche. Also wirft er sich einen Bademantel über und steigt die Treppe zu seiner Kaffeemaschine hinunter. Ein doppelter Espresso und ein Joghurt werden ihn vielleicht fitter machen. Doch

Weitere Kostenlose Bücher