Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi
zu den Heizöltanks wäre das schon eher möglich gewesen. Die Rohre sind stabil genug, um jemanden daran zu fesseln, und die dicken Wände schlucken bestimmt jedes Geräusch.
Vorsichtig bewegt sich Mönchinger zwischen der Therme und den wuchtigen Öltanks. Eine schmale Frau würde durchaus in die Nische passen. Auch scheint ihm der Staub hier unterschiedlich dick zu sein. An manchen Stellen des Fußbodens wirkt der Beton fast glänzend rein, an anderen wirbeln dicke Flocken unter seinen Tritten auf. Hubert Mönchinger spürt, wie sein Herz plötzlich aufgeregt zu pochen beginnt. Ist in der Luft nicht sogar ein Hauch von Margas Parfum spürbar? Lange mustert Mönchinger die Heizungsrohre. Hier allerdings scheint die Staubschicht durchgehend vorhanden zu sein. Der Wunsch, dies durch ein Darüberstreichen mit dem Finger zu prüfen, ist fast übermächtig, aber Hubert Mönchinger gibt ihm nicht nach. Falls er doch die Polizei einschalten wird, soll sie alles unberührt vorfinden.
Doch vorher wird er sich noch einmal die Schwester vorknöpfen. Vielleicht hat sie ja mittlerweile etwas mehr Respekt vor ihm bekommen und ist endlich gewillt, mit der ganzen Wahrheit herauszurücken.
Donnerstag, 23. Juni, 17.04 Uhr,
Kurzentrum, Westerland
Als die drei Ermittler aus dem Fahrstuhl steigen, fällt ihnen sofort die angelehnte Wohnungstür ins Auge. Tatsächlich handelt es sich um das gesuchte Apartment. Bastian klopft kräftig an die Tür, aber nichts regt sich.
»Herr Dr. Behrmann?«
Keine Antwort.
»Irgendjemand muss uns doch aufgemacht haben«, murmelt Sven stirnrunzelnd.
»Ist schon merkwürdig, dass man uns hier anstandslos und ohne jede Nachfrage einlässt«, überlegt Bastian. »Ehrlich gesagt, habe ich gerade ein ziemlich blödes Gefühl.«
»Vielleicht ist der Politiker das nächste Opfer, und die anonyme Anruferin hat was mit der Sache zu tun«, schlägt Sven vor.
»Mich wundert langsam gar nichts mehr«, erklärt Bastian. »Irgendwas ist hier ganz und gar nicht koscher. Also seid vorsichtig und auf alles gefasst, damit uns diese ganze Veranstaltung nicht um die Ohren fliegt.«
Kurzentschlossen zieht er seine Waffe. Silja und Sven tun es ihm nach.
Sven Winterberg betritt die fremde Wohnung als Erster. Vorschriftsmäßig hält er die Waffe mit beiden Händen zu Boden gerichtet, während er sich Schritt für Schritt vorarbeitet. Bastian Kreuzer folgt ihm mit zwei Metern Abstand, um dem Kollegen im Zweifelsfall Feuerschutz geben zu können. Silja ist von Bastian mit einem Kopfnicken angewiesen worden, vor der Wohnungstür zu warten, um den Hausflur zu sichern. Auf diese Weise soll ein möglicher Überfall von hinten ausgeschlossen werden.
»Hier ist die Kriminalpolizei. Bitte zeigen Sie sich«, ruft Sven durch die leere Diele, bevor er den Wohnraum betritt. Mit schnellem Blick streift er die Möbel und sucht nach möglichen Verstecken. Linker Hand befindet sich nur ein ausgeräumter halbhoher Fernsehschrank, dessen eine Tür offen steht, auf der rechten Seite ein ziemlich windschiefes Sofa mit hohen Seitenlehnen, das schon bessere Tage gesehen hat. Direkt gegenüber der Zimmertür ist die Fensterfront. Seitlich der offenen Balkontür weht eine gelbstichige Gardine im Wind. Allerdings hat Sven jetzt keine Zeit für die grandiose Aussicht auf den Strand und die Nordsee. Denn wenn sich draußen auf dem Balkon jemand unter das halbhohe Fenster neben der Tür gekauert haben sollte, dann wäre das eine nicht ungefährliche Konstellation.
»Keine Sorge, ich hab alles im Blick«, raunt ihm Bastian von hinten zu.
»Na, dann bin ich ja ganz beruhigt«, ertönt plötzlich eine Stimme neben ihnen.
Beide Kommissare fahren herum. Mit leicht erhobenen Händen und ratlosem Gesicht richtet sich niemand anderes als der Journalist Fred Hübner hinter der überhohen Seitenlehne der abgeschabten Couch auf.
»Was machen Sie denn hier«, entfährt es Sven. »Sind Sie allein?«
»Jetzt nicht mehr. Oder zählen Polizisten mit scharfen Waffen nicht?«
»Sehr komisch«, fällt Bastian Kreuzer dem Journalisten ins Wort. »Was machen Sie hier?«
»Ich schlafe meinen Rausch aus.«
»Wissen Sie, wem die Wohnung gehört?«
»Natürlich. Jens-Uwe Behrmann ist ein alter Freund von mir. Deshalb hat er mir auch seinen Schlüssel überlassen.«
Spielerisch dreht Hübner den Ring des Schlüsselbundes um den linken Mittelfinger.
»Na dann.« Hauptkommissar Bastian Kreuzer klingt nicht ganz überzeugt. »Sven, checkst du trotzdem
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