Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi
springt dann, gefolgt von Sven und Silja, aus dem Wagen. Auch Fred Hübner, der hinten im Auto gesessen hat, steigt aus. Längst sind auch die Männer, die die auffahrenden Autos einweisen, auf die Ankommenden aufmerksam geworden.
»Was gibt’s?«, ruft einer von ihnen, ohne seine Arbeit zu unterbrechen.
»Wir müssen da rauf, jemanden rausholen«, ruft Bastian Kreuzer ihm zu und deutet auf die doppelstöckigen Transportwaggons, die bereits ziemlich dicht mit Fahrzeugen besetzt sind.
»Geiht nich«, ist die knappe Antwort. »Dat stört den Fahrplan.«
»Der Fahrplan bin jetzt ich«, kontert Kreuzer und springt auf den letzten Waggon. Dann dreht er sich um und ruft zu Fred Hübner herunter: »Welches Auto fährt dieser Behrmann?«
»Keine Ahnung. Das Spiel mein Haus, mein Auto, meine Yacht hatten wir noch nicht«, ist die lakonische Antwort.
Bastian flucht leise und winkt sich einen der Angestellten heran. Er zeigt ihm seinen Dienstausweis und erkundigt sich hektisch: »Sag mal Kumpel, kann man eigentlich auf dem fahrenden Zug seitlich an den Autos entlanglaufen?«
»Erlaubt ist das nicht.«
»Aber möglich schon?«
»Möglich ist vieles. Vor allem, wenn man lebensmüde ist. Worum geht’s denn genau?«
»Wir haben einen heißen Tipp, was den Frauenmörder angeht«, verrät der Hauptkommissar und hofft inständig, dass sich der Tipp auch bewahrheiten möge.
»Das Schwein, das die beiden Rothaarigen abgemurkst hat, soll hier auf dem Zug sein?« Plötzlich kommt Bewegung in den Mann mit der orangefarbenen Schutzweste. »Na dann mal los. Ein paar Minuten bleiben uns ja noch.«
Zwar widerstrebt es Bastian, den Einweiser zum Hilfssheriff zu ernennen, aber die beiden Kollegen müssen schließlich mit Hübner aufs Revier fahren und den Typen erst mal einbuchten. Also zückt Kreuzer sein Handy und googelt die Website von Jens-Uwe Behrmann. Das Porträt ist neu und gestochen scharf. Der Kommissar zeigt es dem Mann in der Schutzweste und erklärt kurz angebunden: »Sie müssen mir helfen. Wir gehen jetzt von Wagen zu Wagen und sehen nach, in welchem dieser Mann hier sitzt.«
Der Angesprochene nickt, scheint den Politiker aber nicht zu kennen. Überhaupt sieht er nicht besonders überzeugt aus.
»Die Leute stellen ihre Motoren ab, das ist Pflicht. Und wenn sie zusätzlich die Fenster geschlossen halten, was die meisten wegen dem Fahrtwind tun, dann beschlagen die Scheiben von innen fixer, als Sie Polizeieinsatzkommando sagen können. Und von außen sehen Sie dann gar nix mehr.«
»Das lassen Sie mal meine Sorge sein, guter Mann. Der Typ, nach dem wir suchen, ist allein unterwegs. Der muss schon eine ganze Weile atmen, damit bei dem alle Scheiben beschlagen. Außerdem können wir die Prozedur vielleicht beschleunigen, wenn ich …«
Ein eingehender Anruf unterbricht den Kommissar. Es ist Silja, die immer noch neben dem Dienstwagen auf dem Bahnhofsgelände steht.
»Ich hab was für dich. Sven hat eben mit dem KFZ-Amt gesprochen. Behrmann fährt einen dunkelgrauen Lexus. Typ LS460, wenn du’s genau wissen willst. Das ist ein Hybrid-Auto, aber ebenso teuer wie ein Mercedes. Den wirst du sicher schnell gefunden haben.«
»Du bist ein Schatz«, jubelt Bastian. »Genau das Gleiche wollte ich eben überprüfen!«
»Na dann viel Glück beim Suchen …«
»Silja?«
»Ja?«
»Wenn ich ihn finde und wenn wir den Fall aufklären können, gehst du dann mit mir essen?«
Bastian Kreuzer ignoriert sowohl den verblüfften Blick des Bahnangestellten als auch das mulmige Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreitet. Jetzt ist es heraus und nicht mehr zu ändern.
» Wenn wir den Fall gelöst haben«, antwortet Silja diplomatisch und fügt leise hinzu, »aber wirklich erst dann.«
»Okay, danke.« Bastian unterbricht die Verbindung, bevor er noch irgendetwas Blödes sagen kann. Er weiß genau, vor drei Jahren hat er Silja dieselbe Frage schon einmal gestellt. Damals ist ihre Antwort allerdings entschieden euphorischer ausgefallen. Scheiß drauf, denkt Bastian, Hauptsache, sie hat zugesagt. Jetzt muss er nur noch diesen Behrmann finden.
»Der Mann, den wir suchen, sitzt in einem grauen Lexus«, erklärt er dem Autoeinweiser, während sich der Zug ruckend und knirschend in Bewegung setzt.
»Na dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir ihn hier nach unten geschickt haben. Nach oben hätte ich Sie auch gar nicht gelassen. Nach James Bond sehen Sie mir nämlich nicht gerade aus.«
Ein abschätziger Blick streift
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