Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi
aufgehoben.«
»Die Firma gehört Ihnen?«
»Zu zwei Dritteln und erst seit drei Jahren. Es gibt noch einen stillen Teilhaber, aber der mischt sich nicht ins operative Geschäft ein.«
»Und es reicht, wenn Sie einmal die Woche nach Flensburg fahren?«
»In der Regel schon, aber ich bin da flexibel.«
»Reden wir über gestern Abend. Sie sagten, es gab nichts Auffälliges?«
»Genau. Alles war wie immer.«
»Und Ihre Frau war auch nicht besonders nervös oder besonders still?«
»Nein. Sie ist ein ausgeglichener Mensch und zeigt im Alltag selten Gefühlsregungen. Allerdings weiß ich, dass sie zu tiefen Empfindungen fähig ist.«
Ein seltsamer Glanz tritt in Hubert Mönchingers Augen. Bastian wartet einen Moment, aber der Geschäftsmann blickt nur schweigend ins Leere.
»Vielleicht schildern Sie mir den Ablauf des Abends einmal detaillierter. Manchmal fällt einem Fremden ja doch etwas auf.«
»Es war alles wie sonst, wenn ich es Ihnen doch sage.« Mönchinger schlägt mit der flachen Hand auf Bastian Kreuzers Schreibtisch. »Entschuldigung, aber ich kann wirklich nicht sehen, was das hier bringen soll.«
»Bitte, Herr Mönchinger. Ich will mir ein Bild von den letzten Stunden machen, die Sie mit Ihrer Frau verbracht haben. Das ist doch nicht zu viel verlangt.«
»Also gut. Wir haben zu Abend gegessen. Lachsfilet, wenn Sie’s genau wissen wollen. Dann haben wir noch eine halbe Stunde miteinander auf der Terrasse gesessen, und anschließend bin ich ins Auto gestiegen und zur Autoverladung gefahren.«
»Wie spät war es da?«
»Viertel vor neun. Vielleicht auch zwanzig vor. Um diese Zeit ist der Zug immer leer, da muss man nicht lange anstehen.«
»Hat Ihre Frau Sie zum Wagen begleitet?«
»Ja. Sie ist mit rausgekommen und hat mir nachgewinkt. Wie jeden Donnerstag.«
»Wissen Sie, ob Ihre Frau sich für den Abend irgendetwas vorgenommen hatte? Eine Verabredung vielleicht?«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Wir leben recht zurückgezogen. Meine Frau geht selten ohne mich aus. Eigentlich nie.«
Bastian Kreuzer sieht auf die Adresse von Hubert Mönchinger. »Sie leben in einem einzeln stehenden Haus?«
Mönchinger nickt. »Mein Vater hat es in den sechziger Jahren gebaut. Er war Arzt an der Nordseeklinik.«
»Stammt Ihre Frau auch aus Sylt?«
Nach einem kurzen Zögern antwortet Mönchinger: »Nein, sie ist aus Polen. Warum wollen Sie das wissen?«
»Wäre sie aus Sylt, hätte sie zufällig jemanden von früher treffen können. So ist das allerdings eher unwahrscheinlich.« Der Hauptkommissar lässt den letzten Satz im Raum stehen und wartet, ob Hubert Mönchinger etwas dazu sagen möchte. Als dieser konsequent schweigt, stellt Kreuzer die nächste Frage: »Was macht Ihre Frau beruflich?«
»Nichts. Sie ist nach dem Abitur als Au-pair nach Deutschland gekommen und dann hier geblieben. Bevor wir geheiratet haben, hat sie in Bremen in einem Krankenhaus gearbeitet. Das ging natürlich nicht mehr, nachdem sie zu mir gezogen ist. Es geht uns finanziell recht gut – und sonst auch«, fügt er nach einem kurzen Zögern hinzu. »Marga muss also nicht mehr arbeiten. Und ich glaube, sie hat auch keine Lust dazu.«
»Haben Sie Kinder?«
Mönchinger schüttelt den Kopf.
»Gibt es irgendwelche Verwandten Ihrer Frau, bei denen wir mal nachfragen sollten? Oder haben Sie das vielleicht schon getan?«
»Nur diesen Bruder. Er ist ein echter Unsympath, habe ihn selbst erst bei unserer Hochzeit kennengelernt. Er hat sich heillos betrunken und anschließend seine Schwester beleidigt. Freunde von mir mussten ihn rausschmeißen.«
»Hält Ihre Frau Kontakt zu ihm?«
»Nein, natürlich nicht. Sie hat sich damals sehr geschämt.«
»Warum hat sie ihn überhaupt eingeladen?«
»Sie wollte nicht, aber ich habe darauf bestanden. Schließlich ist er ihr nächster Verwandter.« Mönchinger streicht sich die Hände an den Hosenbeinen ab und seufzt. »Ich kannte ihn eben nicht.«
»Wissen Sie zufällig, womit der Bruder Ihrer Frau sein Geld verdient?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich ist das auch besser so.«
»Was wollen Sie damit andeuten?«
»Nichts! Ich habe nichts gesagt.«
»Herr Mönchinger …«
Bastian Kreuzer wartet vergeblich. Hubert Mönchinger schweigt verstockt und richtet seinen Blick auf das Hochzeitsfoto seiner Frau, das zwischen den beiden auf dem Tisch liegt. Schließlich verliert der Kommissar die Geduld.
»Wie Sie wollen. Es ist Ihre Frau, die verschwunden ist. Vielleicht haben Sie aber
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