Männer sind Helden
weitergehen? Ich war deprimiert, lustlos und ständig müde. Außerdem hatten Frau Rohrbein und Frau Freudenthal mein Büro mittlerweile in eine Kindertagesstätte umgebaut, es fehlten nur die lieben Kleinen. Meine beiden Angestellten gingen jetzt immer zu zweit zu Mittag. „Sie schaffen das doch auch allein, Herr Doktor“, sagte Frau Rohrbein mit einem treuherzigen Lächeln und hakte sich bei ihrem Schützling unter. „Wir gehen jetzt einen Salat essen. Schwangere brauchen unheimlich viele Vitamine.“ Kaum waren die beiden verschwunden, klingelte es auf allen Leitungen, obwohl es vorher sehr ruhig gewesen war. Einziger Lichtblick: Am kommenden Donnerstag würden Rudi und ich mit Hilfe des Privatdetektivs die Mädchen bei ihrem Treffen im „Lipstick“ belauschen.
Udo war auch nicht gut drauf. Das erzählte er mir, als wir uns nach der Arbeit auf ein Bier trafen. „Irene ist irgendwie auf dem Selbstverwirklichungstrip“, sagte er und kratzte sich nervös am Kinn. „Sie sagt, sie hätte keine Lust mehr, meine Vorzeigeehefrau zu spielen. Sie hat es satt, immer nur die perfekte Mutter, Hausfrau und Gastgeberin zu sein. Deshalb will sie sich jetzt einen Job suchen. Sie sagt, dass sie endlich wieder ihr eigenes Geld verdienen will. Sie will nicht mehr von mir abhängig sein.“ Er machte eine Pause und trank ein Schluck Bier. „Dabei hat sie bei mir den Himmel auf Erden. Sie kann Geld ausgeben, soviel sie will. Sie hat ein wunderschönes Haus, wohlgeratene Kinder, kann tun und lassen, was sie will. Ich schufte den ganzen Tag, und sie nörgelt auch noch herum. Weiber!“
Ich nickte verständnisvoll. „Weiber!“
Der Privatdetektiv sah überhaupt nicht so aus, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Er war groß, dünn, hatte spärliche, straßenköterfarbene Haare und trug einen silbernen Ring im Ohr. Bekleidet war er mit Jeans, schwarzer Lederjacke und Cowboystiefeln. Er hieß Dominic und war erst sechsundzwanzig Jahre alt. Rudi, er und ich saßen in einer dunklen Eckkneipe vor unseren Biergläsern und besprachen die Einzelheiten unseres Planes. Dominic lehnte sich in seinem Stuhl zurück und streckte seine langen Beine unter dem Tisch aus. „Also“, sagte er und machte ein wichtiges Gesicht. „Ich gehe also zu dem Tisch der Mädels und frage nach Feuer. In diesem Moment werde ich dann eine Wanze unter ihrem Tisch anbringen.“ Er zog ein schwarzes Gerät hervor, das wie ein Funksprechgerät aussah. „Damit können wir die Puppen dann abhören.“
Er hielt uns das schwarze Ding unter die Nase: „Hier ist ein kleines Aufnahmegerät eingebaut. Wenn es losgeht, müsst ihr die Aufnahme-Taste drücken.“
„Das hätte ich jetzt aber nicht gedacht“, sagte ich trocken. Dominic verzog beleidigt das Gesicht. „Ich will ja nur, dass keine Fehler passieren. Schließlich seid ihr beide nur Amateure.“
Als wir in den alten Käfer von Rudis Cousin stiegen, stieß mich Rudi von der Seite an. „Halt dich bloß zurück, Alex“, flüsterte er. „Wir brauchen ihn schließlich.“
Schweigend fuhren wir durch die Nacht. Rudi saß am Steuer, und ich daneben. Im Rückspiegel sah ich, wie der Detektiv nervös an seiner Unterlippe kaute. Der Parkplatz vor dem „Lipstick“ war ziemlich leer. „Hoffentlich haben die heute nicht geschlossen“, unkte ich, nachdem wir den Käfer hinter einem Baum abgestellt hatten. Wir drückten unsere Nasen an die Scheibe: Nein, der Laden war zwar nicht so voll wie sonst, aber er war geöffnet. Irene, Isabel und Susi saßen an ihrem Tisch. Als ich Isabel erblickte, spürte ich einen Stich in der Magengegend. Sie sah wie immer toll aus. Sie trug hellblaue Jeans und einen flauschigen Pullover mit weitem Kragen, der ihr von der Schulter rutschte. Irene hatte ihre Haare zu wilden Locken eingedreht. Susi saß etwas vom Tisch entfernt, weil ihr Bauch riesige Ausmaße angenommen hatte. Kein Wunder, in zwei Tagen war ihr Stichtag.
„Ist es überhaupt gut, dass Susi in ihrem Zustand in die Kneipe geht?“ fragte ich Rudi, der neben mir stand.
Er zuckte mit den Achseln: „Was soll ich machen? Ich kann es ihr schließlich nicht verbieten, auszugehen.“
„Also, welche Frauen sind es nun?“, fragte Dominic, der an meiner anderen Seite stand. Ich deutete auf unsere drei Mädchen.
Er nickte anerkennend: „Schnuckelige Puppen.“ Dann warf er seine glimmende Zigarette auf den Boden und drückte sie mit seinem Schuhabsatz aus. Wenig später sahen wir, wie Dominic betont lässig auf den Tresen
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