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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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jammerte Nils.
    »Pech für dich«, sagte ich finster.
    »Mehr Bindsad! Mehr Bindsad!«, grölte Lennart in seinem Bettchen.
    Ich zerrte Lars vom Schreibtisch in sein Bett. Er hatte seine Hausaufgaben beendet und war über dem Heft eingeschlafen.
    »Kannst du die Kommas für mich machen?«, fragte er schlaftrunken.
    Ich nahm das Heft mit hinaus und machte das Licht aus.
    Es war wahrhaftig schon Mitternacht vorbei, als die Kinder endlich aufhörten »Hunger! Hunger!« zu schreien. Völlig erschöpft ließ ich mich auf dem Sofa nieder und las die Geschichte vom Mäuseturm zu Bingen:
    Es gab mal ne echt öde Zeit da war alles voll teuer also auch die Fressalien. Die Leute hatten Sauhunger aber sie konnten sich nichts kaufen. Es gab da son echt reichen Bischof also nen Kirchenheini. Das war ein echt mieser Sack. Überall vor seinen Protzvillen hingen Penner und flennten vor Hunger. Aber der Typ kümmerte sich nen Scheißdreck darum. Er heizte mit seinem Ferrari durch die Penner grölte »Platz da, ihr hirnamputierten Penner« und fuhr manche platt. Irgendwann wurde es den Pennern zu bunt. Sie nahmen ihre scharfen Waffen und plünderten Rudis Brotshop. Das ärgerte den Bischof und er hatte ne echt miese Idee um sich die Hungerleider vom Leib zu schaffen. Er lud alle Penner ein und ging mit ihnen in einen echt starken Schuppen. Da sollten alle was zu futtern kriegen. Der Kackbischof rannte aber nach draußen und verriegelte die Tür. Dann kippte er Benzin über die Bude schmiss einen Monotoffkockteil drauf und brüllte dann: »Friede eurer Asche!« Die Bude brannte die Penner schrien echt fürchterlich und der Bischof meinte zu seinen Killerfreunden: »Da pfeifen ja die Mäuse!« Das hätte er aber besser nicht gesagt. Denn im Nu kamen lauter Mäuse von weiß Gott woher die den Kirchenopa anfielen. Der rettete sich in einen Turm auf den Rhein aber die Mäuseviecher überwältigten die Wasserpolizei und setzten mit deren Motorbooten über den Rhein. Dort machten sie den Bischof kalt. Deshalb heißt der Turm heute Mäuseturm. Heppi End.
    Die Geschichte war treffend nacherzählt, fand ich. Nur der Satz mit Rudis Brotshop gab mir ein Rätsel auf. Ich beschloss, Lars morgen nach Rudi zu fragen und setzte die vergessenen Kommas an die richtigen Stellen. Ich hätte auch gerne den Monotoffkockteil verbessert, wusste aber leider nicht, wie man ihn richtig schreibt.
    »Molotov, Mollotof, Molotoff oder Mollotow«, probierte ich beim Zähneputzen singend, »so ein Molli macht nur Zoff.«
    Die Kinder lagen alle drei schlafend in ihren Betten, die kleinen Engelsgesichter in die Kissen gedrückt, als ich ihnen einen letzten Kontrollbesuch abstattete.
    Es waren eigentlich doch süße Kinder. Wenn sie schliefen.
    Als Zarah und Gottlieb nach Hause kamen, weckten sie mich, um zu sagen, dass sie wieder da seien.
    »Fein«, sagte ich mit geschlossenen Augen.
    »Waren die Racker lieb?«
    »Fein.«
    »Es war richtig schön, mal wieder so lange zu bleiben, dass man dem Gastgeber anmerkt, wie sehr er sich freut, wenn man geht.«
    »Fein.«
    »Es ist schon drei Uhr. Wir lassen dich besser schlafen.«
    »Fein.« Fein.
    Ein dumpfer Rumms weckte mich unbestimmte Zeit später und trieb mich nach nebenan. Im Kinderzimmer lag Lennart auf dem Boden vor seinem Bett. Es sah nicht so aus, als ob er sich etwas gebrochen hätte, denn er war noch nicht einmal aufgewacht. Ich rüttelte ihn an der Schulter.
    »Muss Pipi, muss Pipi«, murmelte er.
    Also trug ich ihn ins Badezimmer, setzte ihn aufs Klo und schleppte ihn anschließend wieder zurück ins Bett. Während der ganzen Prozedur öffnete er nicht mal die Augen.
    Ich schlich zurück ins Gästezimmer und sah auf meiner Armbanduhr, dass es viertel nach vier war. Das bedeutete noch drei süße Stunden Schlaf. Dachte ich jedenfalls, bis sich die Tür öffnete und Nils hereinkam. Er hatte einen aufgepusteten Luftballon und sein Taschenmesser dabei.
    Eine Zeitlang konnte ich das Schlimmste verhindern, indem ich die siebte Reise von Sindbad dem Seefahrer erzählte und eine achte und neunte dazu erfand. Um kurz nach fünf platzte der Ballon dann leider doch. Im elterlichen Schlafzimmer rührte sich nichts, aber dafür kamen Lennart und Lars wach und ausgeschlafen herbeigelaufen. Sie spielten, ich sei der böse Vogel Greif auf einem hohen Berg, und sie selber mimten zwei Sindbads und einen Bindsad, alles Seefahrer, die versuchten, meinen Horst zu entern. Ein Sindbad zerstach todesmutig das Nest vom bösen Vogel Greif

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