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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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mit seinem Taschenmesser, und Tausende von Gänsedaunen stoben durch das Zimmer.
    Wir husteten so laut, dass Zarah eine Minute später in der Tür stand. Sie befahl den drei Seefahrern mit freundlicher Stimme, mich gefälligst weiterschlafen zu lassen und in ihren Betten auf ein Signal zum Aufstehen zu warten. Ich konnte die Stille kaum fassen, die das souveräne mütterliche Eingreifen hinterlassen hatte, aber die Zeit, die die Kinder brauchten, um zwei Tafeln Schokolade aus der Speisekammer zu entwenden und aufzuessen, reichte, um wahrhaftig noch mal einzuschlafen.
    Nach einer köstlichen Viertelstunde wurde ich allerdings wieder geweckt, weil man mir eine Flasche Sprudel ins Ohr kippte. Ich stieß einen fürchterlichen Schrei aus und stand in Sekundenschnelle, aus beiden Ohren tropfend, neben dem Bett.
    Das freute die Kinder so lautstark, dass Gottlieb aus dem Schlafzimmer kam und mit blicklosen Augen und geschlossenem Mund sagte: »Es ist noch mitten in der Nacht, lasst Judith weiterschlafen.«
    Offensichtlich sah er nicht den Unterschied zwischen mir und der kalten Pfütze, die in meinem Bett blubberte, denn er schlurfte ohne weiteren Kommentar von dannen und verbrachte die nächste Dreiviertelstunde unter der Dusche.
    Nachdem ich zehn Minuten lang - sehr zum Vergnügen der drei Monster - vergeblich versucht hatte, auf einem Bein hopsend das Wasser aus meinem Ohr zu schütteln, zwang ich die Kinder, sich für Schule und Kindergarten anzuziehen und anschließend im Gästezimmer mit dem Staubsauger die Daunen zu entfernen.
    Als wir alle Betten gemacht, die Schultaschen gepackt und den Frühstückstisch gedeckt hatten, hörte die Dusche auf zu rauschen, und Zarah rief aus dem Schlafzimmer: »Meine Prinzen, kommt mich wachküssen!«
    Da ließen die Prinzen alles stehen und liegen, um an ihr Bett zu sprinten.
    »Und dann haben wir ihr Sprudel ins Ohr gegießt«, hörte ich ein begeistertes Stimmchen berichten.
    Die ungläubige Antwort meiner beneidenswerten Cousine konnte ich leider nicht verstehen. Ich hatte zu viel Wasser im Ohr und fürs Erste wieder mal die Nase voll von Kindern.

Samstag
    Bevor ich Freitagabend aus dem Haus gehen konnte, um mich endlich dem wohlverdienten Amüsement hinzugeben, rief Mo noch einmal an, um mich daran zu erinnern, dass die Anzeige für sein Auto Samstag früh in der Zeitung stehen würde.
    Er persönlich würde sich von halb neun Uhr an neben mein Telefon setzen. Falls aber jemand vorher anrufen sollte, könnte ich schon mal sagen, dass er auch Winterreifen mit Felgen und die Stereoanlage, nur drei Jahre alt, hochwertige Drei-Wege-Boxen und so weiter und so weiter mitverkaufen würde.
    Ich versuchte in der Zeit angestrengt, das Beste aus meinem Typ zu machen und einen wirklich perfekten Lidstrich zu ziehen.
    »Hast du dir alles gemerkt? Judith? Warum sagst du nichts?«, fragte Mo nach einem viertelstündigen Monolog.
    Ich fragte ihn, ob ich lieber einen geranienroten oder einen rosenholzfarbenen Lippenstift nehmen sollte.
    »Du musst doch wissen, was du sagen sollst, falls schon jemand vor halb neun anruft«, sagte er ärgerlich.
    Ich sagte, dass ich, falls jemand vor halb neun anrufen sollte, nicht ans Telefon gehen würde, weil ich endlich, endlich die Gelegenheit nutzen wolle, einmal so richtig auszuschlafen.
    Hatte ich wirklich gedacht. Aber Mos Auto schien begehrenswerter zu sein, als wir für möglich gehalten hatten.
    Um vier Uhr morgens klingelte das Telefon und schreckte mich aus meiner Tiefschlafphase auf.
    »Was ist passiert?«, keuchte ich in den Hörer.
    Eine wache Männerstimme sagte: »Ich ruf an wegen der Anzeige im Stadtanzeiger. Ist der Wagen schon weg?«
    »Was?«, fragte ich ungläubig.
    »Dat Auto, dat in der Zeitung steht«, sagte die wache Männerstimme geduldig.
    »Was?« Mir fiel nichts anderes ein.
    »Wenn nicht, dann kämen wir jetzt ganz gern vorbei, um es anzugucken.«
    Ich sagte gar nichts mehr.
    »Wenn Sie uns sagen, wo das ist, sind wir in einer halben Stunde da«, sagte die wache Männerstimme.
    Nachdem ich den Hörer aufgelegt und auf die Uhr gesehen hatte, war ich dann auch wach. Wütend rief ich bei Mo an. Nach dem zweiten Klingeln schaltete sich Steffens Anrufbeantworter ein. Eine Maschinengewehrsalve knatterte mir ins Ohr, ein grässlicher Schmerzensschrei erscholl, und eine Stimme stöhnte gepresst: »Bitte hinterlassen Sie einen Nachruf.«
    Ich schrie den lautesten und wütendsten Nachruf aufs Band, den die Welt je gehört hat. Mo stand

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