Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
Rehabilitationsheim, zogen wir lächelnd unsere Bahnen durch den Volksgarten.
    »Frrrühling, ach Frrrrühling!« seufzte Kai-Uwe.
    Ich seufzte auch.
    Ein langhaariger Typ in verlotterten Klamotten und mit einer Flasche Bier in der Hand spuckte vor uns auf den Boden.
    »Grinsende Arschgesichter«, sagte er.
    Ich fühlte mich augenblicklich unbehaglich. Obwohl Kai-Uwe sagte, dass der gar nicht uns gemeint hatte, sondern die Menschen im Allgemeinen, nahm ich kurz entschlossen Kai-Uwes Hand. Besser Händchen in Händchen als eingehakt wie Opa und Oma, fand ich. So zogen wir weiter unsere Kreise durch den Park.
    »Denkst du auch manchmal daran, eine Familie zu gründen?«, fragte Kai-Uwe unvermittelt.
    »Ümüm«, antwortete ich vage.
    »Wenn ich die Harmonie in meinem Elternhaus sehe, dann komme ich nicht umhin, mir genau so eine Familie zu wünschen«, vertraute mir Kai-Uwe an, »mit allem, was dazugehört, einer schönen Frau, einem schönen Haus im Grünen, Kindern und Haustieren.«
    »Katzen«, rief ich spontan. Die Vorstellung vom Haus auf dem Land hatte mich mehr bewegt, als ich für möglich gehalten hätte.
    »Eine Katze würde sich wohl kaum mit unserem Vogel vertragen«, widersprach Kai-Uwe. »Meine Mutter hat einen Kanarienvogel, der würde dir gefallen. Er kann die kleine Nachtmusik pfeifen, stell dir das mal vor.«
    »Ich mag Katzen lieber«, sagte ich verstockt. Außerdem, was hatte unsere Katze mit dem Kanarienvogel von Kai-Uwes Mutter zu tun?
    »Darüber können wir immer noch reden«, meinte Kai-Uwe versöhnlich und lächelte mich an. Womit er recht hatte. Ich lächelte zurück. Wir ließen uns auf der Wiese nieder, und Kai-Uwe betrachtete versonnen meine Hand.
    »Du hast so edle Hände«, fand er.
    Das hatte noch niemand zu mir gesagt.
    »Hände betrachten gibt Streit«, sagte ich verlegen.
    »Und du hast so wunderbare kleine Nasenlöcher«, meinte Kai-Uwe. »Dich würde ich auf der Stelle heiraten.«
    Das war selbst im Konjunktiv sehr nett zu hören.
    »Wir würden sicher hübsche Kinder haben«, träumte Kai-Uwe vor sich hin, »ein Mädchen und einen Jungen mit deinen schönen, blonden Locken und meinen braunen Augen, genau wie bei uns in der Familie. Das Mädchen nennen wir Corinna wie meine Schwester und den Jungen Kai-Uwe junior.«
    Und alle beide würden meine wunderbaren, kleinen Nasenlöcher erben. Wie schön. Ich fand allerdings, dass Kai-Uwe ein saublöder Name für ein Kind war. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, Kai-Uwe mit dieser Ansicht zu kränken. Deshalb sagte ich nichts.
    »Wir würden uns ein Haus auf dem Land bauen, einen schönen Bungalow wie meine Eltern«, fuhr Kai-Uwe fort. »Und wir hätten auch einen kleinen Vogel. Wie würde dir das gefallen?«
    Ja, wie wohl? Wenn er so weitermachte, dann würde er sich sein Herz völlig ohne mein Zutun brechen. Ich musste nur lächeln und mit meinen edlen Händen durch meine schönen, blonden Locken fahren, alles andere kam von allein. Aber deswegen wollte ich mir kein schlechtes Gewissen machen.
    Als es Abend wurde, musste Kai-Uwe aufbrechen.
    »Bei meinen Eltern gibt es heute Rrrrrratatouille«, erzählte er. »Samstagabend trifft sich dort immer die ganze Familie. Du musst unbedingt mal mitkommen und sie kennen lernen.«
    »Ja, ja«, stotterte ich erschrocken. »Das nächste Mal vielleicht.«
    »Ja, natürlich das nächste Mal«, erwiderte Kai-Uwe und küsste mir zum Abschied die Hand.
    Glücklicherweise sah es niemand.
    Obwohl unser Rendezvous nicht ganz so einfach verlaufen war, wie ich mir gedacht hatte, hatten Kai-Uwes Komplimente durchaus ihre Wirkung gehabt. Vollgesogen mit seinen Ansichten über mein liebliches Äußeres und einem ganz neuen Selbstbild machte ich mich auf den Weg zu Katjas Geburtstagsfeier.
    Ich war sogar bereit, Holger gegenüberzutreten, jetzt, wo ich wusste, dass es Männer gab, die mich nicht ausschließlich für eigenartig, sondern für wahrhaft schön und würdig hielten, Bungalow und Kanarienvogel mit ihnen zu teilen.
    Doch Holger kam gar nicht. Ich wusste nicht, ob ich darüber enttäuscht oder erleichtert sein sollte, beschloss aber, mich trotzdem zu amüsieren. Das konnte ich erfahrungsgemäß ohnehin besser ohne Holger. Ich lächelte den netten Aufbauspieler von der Party neulich draufgängerisch an. Er lächelte zurück.
    Katja hatte literweise Chili con Carne zubereitet. Es schmeckte wunderbar, war aber so scharf, dass um halb neun schon das ganze Bier leergesoffen war und auf nicht-alkoholische

Weitere Kostenlose Bücher