Männer unerwünscht (German Edition)
eingelassenem Digitalradioteil, die ich persönlich oberätzend finde. Ein großer Spiegel mit Schminktischchen, auf dem diverse Cremetöpfe und Tiegel zu finden waren, zeugten von ihrem Faible für ein gepflegtes Äußeres.
Bärbels Nymphensittich Butschi saß in einem runden, goldenen Käfig, der an einem Haken an der Zimmerdecke baumelte. Er rief ein fröhlich-krächzendes „Bäbä! Bäbä!“, als wir den Raum durchquerten. „Butschi kann sprechen“, klärte mich sein stolzes Frauchen auf. „Er sagt ‚Bär bel’ ! “
Uschis Zimmer war feminin-nostalgisch eingerichtet. Sie besaß schwere, restaurierte Möbel aus dunklem Eichenholz und ein zierliches, mit seidig glänzendem Stoff bezogenes Zweisitzersofa. Filetgehäke l te Deckchen zierten sämtliche waagerechten Flächen und waren als Gardinen vor das Sprossenfenster dr a piert. Drei niedliche, abgegriffene Teddybären, die um die fünfzig Jahre alt sein mochten, trugen bunte, selbstgestrickte Kleidung. Auf dem Sprossenbett lag spitzenbesetzte weiße Bettwäsche.
Blieb noch Ritas Bude. Dort stank es wie in einem Pumakäfig. Getrocknete Sträuße und Kräuter hi n gen umgarnt von Spinnenweben an der Decke. Ein Räucherstäbchen glimmte in einem getöpferten Asche n becher. Ritas Schlafplatz war eine einfache Matratze, die auf dem Fußboden lag. Ihre Kleidungsstücke l a gerten in Wäschekörben aus Korbgeflecht. Rita setzte sich eingehend mit psychologischen Themen ause i nander; ich erblickte Bücher mit Titeln wie „Auf dem Weg zu mir selbst“, „Innere Weisheit“ und „Endlich glücklich sein“. Rita studierte Sozialpädagogik.
Das jetzt leer stehende Zimmer lag am Ende des Flurs, der Gemeinschaftsküche gegenüber. Es war von seiner ehemaligen Bewohnerin Paula sehr überstürzt verlassen worden, nachdem sie sich in einen Be- und Entlüfter verliebt hatte. Die vier Verlassenen waren immer noch zutiefst erschüttert und sich nicht einig, ob sie Wut oder Mitleid für das sich freiwillig ins Verderben stürzende Geschöpf empfinden sollten.
Steff hatte das vormals grün gestrichene Zimmer renoviert und auf die jetzt hellgelben Wände feine violette Streifen gepinselt. Die beiden niedrigen Fenster lagen an der Rückwand des Hauses und ich sah hohes Gras, Büsche und mächtige Bäume. Ich dachte an mein Fenster daheim und das hektische Treiben darunter und hatte, glaube ich, in diesem Augenblick den endgültigen Entschluss gefasst: Ich wollte das neue Mitglied in der Wohngemeinschaft werden. Der Raum war groß und konnte meinen Drei-Meter-Freund locker beherbergen.
Uschis Frage, ob ich mich schon entschieden hätte, klang wie ein Heiratsantrag. Feierlich antwortete ich mit „Ja“, und da brach der Jubel los. Steff umarmte mich stürmisch, Bärbel klatschte begeistert in die Hände.
Draußen dämmerte es bereits und m it an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit funktionierte das Licht an mei nem Rad nicht. Die Mädels zogen mich ins Gemeinschaftswohnzimmer, wo große Sitzkissen in lockerer Unordnung den Fußboden bedeckten. Wir hockten uns hin, Steff im Schneidersitz und ich mit me i nen nackten Füßen daneben. Uschi legte eine Klassik-CD ein, Klaviergeklimper erfüllte den Raum. Wir schwiegen, eine jede in Gedanken versunken. Es war angenehm, sich auch in Gesellschaft völlig in sich zurückziehen zu können.
Mich bewegten hauptsächlich praktische Überlegungen. Es war zu spät, um per Fahrrad zurück in die Stadt zu gelangen. Über die Verkehrsanbindung von Kuhstedt zu meiner Arbeitsstätte, dem Fix-Schuh-Laden, hatte ich noch nichts in Erfahrung gebracht. Und ich machte mir Sorgen um den Transport meiner Habseligkeiten.
Mit dem Wissen, jede Not von nun an teilen zu können, unterbrach ich das Schweigen, indem ich um ein Nachtlager bat. Sofort bot mir jede meiner neuen Schwestern selbstlos einen Platz in ihrem eigenen Bett an, wobei mir der Gedanke, mich mit Rita auf deren Fußbodenlager zu kuscheln, nicht so recht behagen wollte. Trotzdem fand ich ihr Angebot nett – eine Geste der Versöhnung. Nach langer Diskussion einigten wir uns schließlich, dass ich diese Nacht in Steffs alten Schlafsack gehüllt an der Seite von Bärbel in deren hochmodernem Franz-Bett verbringen würde, einfach weil es das breiteste von allen war.
Ich verlebte den unterhaltsamsten Abend seit langer Zeit. Es war weit nach Mitternacht, als wir uns gähnend von den zwanglosen Kissen erhoben. Bärbel hakte mich fröhlich unter und schloss ihre Zimmertür hinter
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