Männer unerwünscht (German Edition)
Kleiner, die Tante geht mit dir spielen!
Forsch öffnete ich Bärbels Zimmertür. Und prallte zurück. Was war das denn?
„Hallo Doris! Das ist Victoria. Vicki, darf ich dir Doris vorstellen?“
Was für eine Frau! Sie war mindestens einen Meter fünfundachtzig groß, hatte ein großflächiges Gesicht und kurzgeschnittene, dunkle Haare . Schmeichelhaft ausgedrückt konnte man sie als „stabil gebaut“ bezeichnen. Vicki trug eine weit geschnittene Nadelstreifenhose und dazu ein talarartiges grün-blaues Obe r teil mit kurzen Ärmeln. Ihre nackten Unterarme waren mit dunklen Haaren bedeckt. Es gab Menschen, die waren mir auf Anhieb unsympathisch, noch bevor sie überhaupt den Mund aufgemacht haben. Victoria war eindeutig so ein Fall. Sie hatte einen quetschenden Händedruck und musterte mich streng aus zusamme n gekniffenen Augen .
Also, dank meines Jobs bei Bruno war ich einiges gewohnt, aber so eine Frau hatte ich noch nicht gesehen. Die konnte ja glatt als Kerl durchgehen. Was fand Bärbel nur ...? Nun ja, die Geschmäcker sind halt verschieden.
Und dann erblickte ich ihn. Er stand mit dem Rücken zum Fenster und kaute nervös auf seiner U n terlippe herum. Seine weißblonden Haare waren zu einem akkuraten Seitenscheitel glattgekämmt. Hinter der Brille, deren Gläser so dick wie Aschenbecherböden waren, konnte man die Augenfarbe nicht erkennen. Die Augen erschienen vielmehr wie kleine Schlitze. Er trug ein braungemustertes Acrylhemd, das in einer beig e farbebenen Buntfaltenhose steckte. Die Hose war viel zu weit und wurde von einem Kunstledergürtel, den eine scheußliche Gürtelschnalle in Perlmutt-Optik zierte, auf den schmalen Hüften gehalten. Dazu braune zeitlose Slipper (Fix-Schuhe! Auch das noch!). Er war mindestens einsneunzig groß. Und hatte einen wei ß blonden, flaumigen Oberlippenbart.
„Hilfe! Ein Mann in unseren heiligen Gemächern“, wollte ich schon schreien und sah mich bereits s u chend nach fiesen Gegenständen um, die ich ihm entgegenschleudern konnte. Doch Bärbel kam mir zuvor.
„Und das ist Karl, Vickis Sohn.“
Das „Kleinkind“ war mindestens Ende Zwanzig. Zu alt für pädagogisch wert volles Spielzeug. Karl gab mir brav die Hand, die schlaff, schmal und feucht war. Sie lag wie ein Feudel in meiner Hand.
„Sehr erfreut“, sagte er mit sonorer Stimme, die überhaupt nicht zu seinem Äußeren passte.
„Tja“, machte ich, innerlich die Hände ringend. Bärbel und das Mannweib hatten bereits auf dem Franz-Bett Platz genommen und waren in ein vertrauliches Gespräch vertieft. Vicki legte ihren Arm um Bä r bels Schultern und zog sie dicht an sich heran. Bärbel kicherte. Dann erinnerten sich die beiden wohl daran, dass sich noch weitere Personen im Zimmer befanden, und rückten wieder ein Stückchen auseinander. Ich stand da wie Pik-Doof. Karl wusste nicht wohin mit den Händen, die an seinen viel zu langen Armen hingen. Er räusperte sich unentwegt.
Bärbels Augen glänzten.
„Als ich Doris von eurem Besuch erzählte, meinte sie spontan, dass sie sich um Karl kümmern wo l le“, log sie schamlos und lächelte glücklich.
„Ach ...“, stammelte Karl.
„Wie reizend“, fand Vicki. „Du kannst mit Karlchen eine Wanderung unternehmen “, schlug sie vor. „Er ist sehr naturverbunden.“
Karl steckte die Hände in die ausgebeulten Hosentaschen und nahm sie gleich darauf wieder raus.
„Und anschließend spielt ihr Mensch-ärgere-dich-nicht“, schlug Bärbel ernsthaft vor.
„Gute Idee! Karlchen mag gern Gesellschaftsspiele spielen“, erklärte Victoria. „Dann mal ab mit euch beiden, verschwindet , husch-husch! Bärbel und ich haben uns soooo viel zu erzählen.“
„Nun, denn ...“, murmelte ich erschlagen. „Bis später.“
Karl trottete hinter mir her wie ein Hündchen an der Leine.
„Und? Was wollen wir machen?“ , fragte ich den naturverbundenen, verspielten Menschen auf dem Hausflur. Der zuckte die Achseln und starrte auf den Fußboden. Na los, Dorissack, stell ein Programm auf die Beine. Mach dir mit dem Schlaffi ein paar nette Stunden.
„Erst spielen, dann raus?“ Womit hab ich das verdient?
„Okay“, sonorte Karl emotionslos.
Er folgte mir in mein unaufgeräumtes Zimmer. Zum Glück lag keine Unterwäsche herum. Mit den Füßen fegte ich den auf d er Erde herumliegenden Kram beiseite.
„Setz dich“, sagte ich und wies auf den B oden. Dort spielt es sich doch am besten.
Umständlich ließ er sich nieder. Seine Hände legte er in den
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