Maenner weinen nicht
Finsternis«) zu regulieren.
Hormonmangel lähmt das Gemüt
Auf der einen Seite sorgt das Testosteron des Mannes im Sinne einer Depression für männertypische Symptome wie Aggressivität, Wutanfälle und ein gesteigertes Risikoverhalten. Auf der anderen Seite ist die Wissenschaft sich darüber einig, dass das vermehrte Auftreten von Depressionen und ein erniedrigter Testosteronspiegel bei Männern eng zusammenhängen. Zumindest zeigen verschiedene Studien, dass Männer mit einem reduzierten Testosteronspiegel häufiger zu Depressionen neigen als Männer mit normalen Testosteronwerten. Die Forschung geht davon aus, dass das Testosteron die Werte entscheidender Botenstoffe im Gehirn wie Serotonin, Adrenalin und Noradrenalin beeinflusst.
Sind diese erniedrigt, so die These, könnten Depressionen eher auftreten. Bei vermindertem Testosteronspiegel wird der Arzt den Patienten also zunächst mit Testosteron behandeln. In Untersuchungen verbesserten sich bei Männern mit einem krankhaft erniedrigten Hormonspiegel so jedenfalls die Werte für »positive Stimmung« (Dynamik, Geselligkeit, Lebenselan und Wohlbefinden). Müdigkeit, Wut, Reizbarkeit, Traurigkeit und Nervosität nahmen ab.
Im vierten Lebensjahrzehnt sinkt bei jedem Mann auf natürliche Weise der Testosteronspiegel, jährlich um etwa ein bis zwei Prozent. Der langsame Hormonabfall ist keineswegs vergleichbar mit dem Östrogensturz bei Frauen in der Menopause, der nachweislich ein häufiger Auslöser für Depressionen ist. Nur bei wenigen Männern sinkt das verminderte Hormon tatsächlich auf krankhafte Werte. Zu niedrige Werte können durch die Einnahme bestimmter Medikamente (Glukokortikoide), bei einer Schädigung des Hodens (Verletzung, Entzündung, Tumoren) oder speziellen Erkrankungen auftreten (Morbus Addison, Klinefelter-Syndrom). Auffälligkeiten, die im Zusammenhang mit einer Depression auf einen Hormonabfall hinweisen können, sind übermäßiger Alkoholkonsum, Stress und eine starke Gewichtsabnahme.
»Ich kann es schaffen« II
»Nach und nach erfuhr ich im Gespräch mit den Therapeuten und Mitpatienten, dass ich depressiv bin. Ich habe lange gebraucht, um zu begreifen, was das bedeutet. Die Depression ist wohl durch die Summe der vielen Belastungen entstanden; sie hat sich irgendwie schleichend entwickelt. Ich habe versucht, zu funktionieren und leistungsfähig zu bleiben. Kam etwas hinzu, habe ich mir das auch noch aufgeladen – obwohl ich schon am Rand meiner Kräfte war. Zeit zum Nachdenken, zur Erholung gab es nicht. Aber mir ist es auch gar nicht in den Sinn gekommen, dass mit mir etwas nicht stimmen könnte, dass ich Hilfe brauche.
Dreizehn Wochen war ich im Krankenhaus, als ambulanter Patient in einer Tagesklinik. Einzel- und Gruppensitzungen, Akupunktur und Maltherapie, Unterstützung beim Ordnen meiner Finanzen. Ich bin ausgestiegen aus dem ganzen Wahnsinn, habe ein eigenes kleines Geschäft eröffnet, einen Lebensmittelladen. Meine Frau und ich finden langsam wieder zusammen. Mit meinen Kindern verbringe ich bewusst mehr Zeit und genieße das auch. Dabei fühle ich mich allerdings schnell überfordert. Es ist eben alles noch sehr zerbrechlich, sehr fragil.
Ich bin dünnhäutig, denke viel über die Geschehnisse der letzten Jahre nach. Stelle mich und mein Tun in Frage. Durch meine Erkrankung ist mein Lebenskonzept durcheinandergerüttelt worden. Meine Werte, für die ich in den vergangenen Jahren so viel Energie aufgewendet habe, sind null und nichtig geworden. Ich muss mich von vielem verabschieden, mich neu orientieren. Das geht nur peu à peu, und ist ein schmerzlicher Prozess.
Ich weiß, dass ich jederzeit in die Klinik zurückkehren kann, das gibt mir Sicherheit. Um die Weihnachtszeit habe ich das Angebot der Therapeuten angenommen, war noch mal für einige Wochen da. In kleinen Schritten geht es bergauf. Die ambulante Psychotherapie tut mir gut. Wenn ich so richtig schlecht drauf bin, ist ein Termin pro Woche allerdings zu wenig. Deshalb gehe ich jetzt auch noch zu einer Selbsthilfegruppe.
Wenn ich zu sehr ins Grübeln komme, dann laufe ich. Wiederentdeckt habe ich das Laufen in der Klinik. Die Therapeuten sagten mir, ich soll mal meine Sportsachen mitbringen. Am Anfang konnte ich mir gar nicht vorstellen, jemals wieder nur einen Kilometer am Stück zu joggen. Aber es geht. Jeden Tag ein bisschen besser. Und es hilft mir abzuschalten. Genau so, wie wenn ich in unserem Laden stehe. Dann spüre ich manchmal das Leben wieder.
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