Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maenner weinen nicht

Maenner weinen nicht

Titel: Maenner weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanz Loeffler
Vom Netzwerk:
nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Wer noch keine Erfahrung mit einer psychischen Erkrankung gemacht hat, ist schnell rat- und hilflos. Die Emotionen fahren Achterbahn, die betroffenen Angehörigen schwanken zwischen Mitleid, Wut und Ratlosigkeit. Je länger eine depressive Episode andauert, umso schwieriger kann es auch für den Angehörigen sein, richtig zu reagieren: Auf der einen Seite hat er der Wunsch, den geliebten Menschen zu unterstützen und ihn in besonders schwachen Momenten auch körperlich zu versorgen. Auf der anderen Seite sind da die eigene Erschöpfung und der sehnliche Wunsch, dass die quälenden Gedanken des anderen endlich ein Ende haben mögen und alles wieder gut wird.
    Einige Tipps sollen Ihnen helfen, nicht die Orientierung zu verlieren:
Informieren Sie sich über die Erkrankung: Internet, Selbsthilfegruppen oder ein Therapeut liefern Fakten und professionelle Unterstützung. Im Freundes- und Bekanntenkreis gibt’s emotionalen Beistand.
Haben und zeigen Sie Verständnis und Geduld: Die Therapie einer Depression braucht Zeit. Gute Ratschläge wie »Genieß doch die schönen Seiten des Lebens« oder »Reiß dich zusammen« bewirken eher das Gegenteil, denn sie bestärken Betroffene in ihrem Gefühl, nichts wert zu sein und versagt zu haben.
Helfen Sie zu strukturieren: Sollte Ihrem Bekannten schon das Aufstehen, Waschen und Anziehen schwerfallen, wie soll er da erst telefonieren, einkaufen oder aufs Amt gehen? Helfen Sie Ihrem Vater, Bruder, Freund, wieder zu einem geregelten Tag zu finden, ohne ihn dabei zu maßregeln oder vorwurfsvoll zu sein.
Vermeiden Sie Überforderung: Unternehmen Sie mit Ihrem depressiven Familienmitglied lieber zwei kleine Aktivitäten als eine große, um ins normale Leben zu finden. Stellen Sie dabei keine zu hohen Anforderungen. Ein wichtiger Schritt nach vorn ist es zum Beispiel, täglich morgens das Haus zu verlassen, und sei es nur, um sich ein Brötchen vom Bäcker zu holen.
Ermuntern Sie Ihren kranken Angehörigen, dass er sich behandeln lässt: Medikamente und Psychotherapie ebnen den Weg zurück ins Leben! Bestärken Sie Ihren Freund oder kranken Angehörigen, Medikamente regelmäßig zu nehmen und Therapietermine nicht zu versäumen.
Sprechen Sie offen über seine Suizidgedanken und nehmen Sie diese ernst: Wenn er das Thema nicht von selbst anspricht, fragen Sie: »Hast du mal wieder daran gedacht, dir das Leben zu nehmen?« Antwortet er mit Ja, versuchen Sie nicht, dem Betroffenen seine Idee auszureden. Kümmern Sie sich stattdessen umgehend darum, dass er professionell unterstützt wird.
Nehmen Sie Kindern die Angst: Ist ihr Vater traurig, zurückgezogen, lustlos und ohne Lebensfreude, versuchen Sie, ihnen die Situation altersgerecht zu erklären. Machen Sie ihnen klar, dass seine Erkrankung nichts mit ihnen zu tun hat und dass der Vater sie genauso liebhat wie immer. Erklären Sie ihnen, dass ihm im Moment einfach die Kraft fehlt, sich um sie zu kümmern. Auch hier können Selbsthilfe- und Angehörigengruppen wichtige Tipps geben und entlasten.
    Therapie nach Maß
    Seit über 25 Jahren erforscht Florian Holsboer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München, die molekularen Ursachen der Depression. Er und sein Team konnten nachweisen, dass traumatische Erlebnisse zu Veränderungen des Erbmaterials führen können. Sein Traum sei es, so der Psychiater und Biochemiker, Menschen mit einer Depression ganz individuell zu therapieren, nachdem von ihnen ein persönliches Krankheitsprofil erstellt wurde. Ihm und seinem Team ist es gelungen, erste Biomarker und Genchips zu entwickeln, die solch ein Profil möglich machen.
    Herr Prof. Holsboer, Antidepressiva und Psychotherapie helfen vielen Patienten, aber längst nicht allen. Müssen depressive Patienten Ihrer Meinung nach individuell behandelt werden?
    Ja, ich glaube fest an eine sogenannte personalisierte Medizin, auch bei psychischen Erkrankungen wie der Depression. Wie so etwas gehen könnte, wissen wir aus der Brustkrebstherapie. Enthält das bösartige Gewebe eine bestimmte Mutation, wirkt ein Medikament, das Herceptin, besonders gut. So ähnlich stelle ich mir das bei der Depression vor: Man fasst Gruppen von depressiven Patienten mit ähnlichen Veränderungen zusammen, die sich labortechnisch objektivieren lassen, und gibt ihnen spezifische Medikamente.
    Das klingt logisch, allerdings ist man in der Klinik noch nicht so weit. Was ist das Problem?
    Im Gegensatz zum Brustkrebs

Weitere Kostenlose Bücher