Maenner weinen nicht
schwer und kann er sich schwer zu etwas aufraffen, wirken sie eher antriebssteigernd. Ist er hingegen unruhig und kann nicht schlafen, verschreibt der Arzt oder Psychologe eher beruhigende Mittel.
Wenn das Leben dich einholt
Seit Jahren hat der Hochschullehrer für Physik Jürgen M. alle Hände voll zu tun: die Vorlesungen, seine Frau zu Hause, die seit Jahren an multipler Sklerose erkrankt ist, der regelmäßige Sport, ohne den er sich »lebensmüde« fühlt. Auch nach der Pensionierung arbeitet der 69-Jährige noch an der Universität weiter, unterstützt den Nachfolger, hält Vorträge im Ausland. Sein Leben ist auf Effizienz ausgerichtet, jede halbe Stunde nutzt Mönch »sinnvoll«.
Als er bei einer Routineuntersuchung von seinem Urologen erfährt, dass bei ihm der Verdacht auf Prostatakrebs besteht, bricht Mönchs Kartenhaus zusammen, sein minutiös geplantes Leben gerät ins Wanken. Völlig überwältigt von seinen Ängsten kann er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Seiner Frau mag er sich nicht anvertrauen, ihre Krankheit überschattet das gemeinsame Leben seit Jahren; ein zusätzliches Problem würde sie nur noch mehr beunruhigen. Doch sie bemerkt schnell, dass etwas mit ihrem sonst so fidelen Mann nicht stimmt: Er liegt tagelang erschöpft zu Hause auf dem Sofa, sagt alle Termine ab. In einem gemeinsamen Gespräch berichtet er ihr von dem Krebsverdacht und fühlt sich danach sofort entlastet. Zusammen finden die beiden heraus, dass er es nicht schafft, die drohende Diagnose allein zu verarbeiten; dass es ihn überfordert herauszufinden, welches die richtigen Schritte im Falle einer Krankheit wären; dass er sich getrieben und ruhelos fühlt und erstmals überwältigt ist von seinem bisher so »optimal geplanten« Leben.
Das sagt der Experte:
Wie der Name es bereits sagt, reagiert ein Mensch bei einer sogenannten akuten Belastungsreaktion auf eine plötzlich eingetretene, starke körperliche oder seelische Belastung. Fachleute umschreiben das auch mit dem einfachen Begriff der Stressreaktion. Das kann wie bei Jürgen Mönch die Diagnose einer schweren Erkrankung sein, aber auch ein Unfall oder der plötzliche Verlust der Arbeit. Typisch ist, dass die Beschwerden innerhalb kurzer Zeit auftauchen, sich verändern und dann wieder von selbst abklingen. In der akuten Belastungsphase fühlen sich die Patienten allerdings betäubt, sind unkonzentriert, oft desorientiert, ihr Bewusstsein ist eingeschränkt, und sie ziehen sich sozial zurück. Oft zeigen sie auch körperliche Symptome wie Schwitzen, Erröten oder Herzrasen. Da die akute Belastungsreaktion meist von allein abklingt, benötigen die Patienten – wenn überhaupt – nur eine kurze psychotherapeutische Krisenintervention. Hier klärt der Psychotherapeut ab, ob der Patient akut gefährdet ist, sich selbst umzubringen, oder ob er unter schweren Ängsten leidet. Er gibt Tipps, damit der Patient die eingetretene Situation als weniger bedrohlich erlebt und mit welchen konkreten Handlungen er ihr entkommt. Je nach Schweregrad erhält der Patient zudem dämpfende Antidepressiva, manchmal auch kurzzeitig Benzodiazepine, also Beruhigungsmittel.
Til Mette; aus Til Mette: Dr. Doktor, © 2008 Lappan
Wenn die Melancholie das Ruder übernimmt
Patrick S. ist Regisseur. Doch seit dem Ende des Studiums hat ihn bislang noch keine Produktionsfirma für einen größeren Auftrag verpflichtet. Einige Anläufe hat der junge Mann bereits unternommen, um sich bei möglichen Auftraggebern vorzustellen. Doch immer wieder vertrösten ihn die Chefs der Produktionsfirmen; mehrere Initiativbewerbungen schicken sie ihm mit einer Absage zurück. S. ist von der Situation frustriert und ohne Hoffnungen. Ihm fällt es zunehmend schwer, sich wieder und wieder telefonisch nach Jobs zu erkundigen, denn er ahnt schon, dass er keinen Erfolg haben wird. Noch bevor er den Hörer in die Hand nimmt, ist er unwirsch und unkonzentriert und schleicht unruhig wie ein Tiger im Käfig in der Wohnung umher. Nach und nach leidet auch der normale Alltag unter der angespannten Arbeitssituation: Nur mit Mühe schafft es der Kreative, einzukaufen oder seinen Eltern einen Kaffee zu kochen, als die ihn überraschend besuchen. Vor allem aber zerbricht die Beziehung zu seiner langjährigen Freundin. Seine negative Stimmung, das ewige Streiten um Nichtigkeiten, seine Gereiztheit und vor allem die cholerischen und aggressiven Anfälle stören sie so sehr, dass sie sich von ihm trennt. Ohne dass es wirklich
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