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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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schwerfällig wie einen watschelnden Dinosaurier, sah ihn sich festhaken im dünnen Gitterwerk des Sendemasts, den er wie einen Strohhalm knickte. Dann watschelte er zurück, dieser Dinosaurier der Vorzeit, der sich zu uns verirrt hatte. Staub fiel auf den umgestürzten Mast, es knisterte noch eine Weile wie Stroh.
    Das schien mir überflüssig, hatten sie doch die Funkanlage schon vorher demontiert. Doch Terror wendet manchmal Krieg ab. Ich wünschte mir, Harry wäre eingeschüchtert. Zuweilen müßte einer ängstlich sein – zum allgemeinen Besten.
    Charley sagte: »Nichts wird sie abhalten.« Als hätte er uns vergeblich gewarnt. Vom Wald her schrie ein Affe, schrie wie verrückt. Alles erstarrte. Das brachte in meinen Augen die Dinge wieder ins richtige Verhältnis: nicht die zerstörte Funkanlage, nicht die blockierte Piste sind es, die uns isolieren: Wahnsinn ist es.
    Der Himmel hatte die Grelle einer Atombombenexplosion, gegen den Horizont zu zog sich ein graues Band, dort, wo sich wahrscheinlich ein tropischer Regensturm aufstockte. Wie willkommen wäre er doch! dachte ich. Denn die scharfumrissenen, klaren Streben des Bohrturms verschwammen in der angeheizten Luft, das Rockefeller-Hotel sah versengt aus, und die Schindeln krachten. Im dunklen Schatten der Veranda klebte Harry wie eine Schnecke auf einem gestrandeten Schiff.
    Ich erhob mich, von der Glut benommen, denn ich dachte: Vielleicht nützen ein paar Worte, der Rat eines alten Mannes. So ging ich denn in diesen Backofen hinein. Bevor ich noch auf halbem Wege war, hielt mich Jan auf.
    »Wohin willst du?« fragte er.
    »Warum?«
    »Geh zurück!«
    »Wer gibt dir das Recht, mich …«
    »Geh zurück!«
    »Du bist verrückt! Ihr alle seid verrückt!«
    »Geh zurück, Alter!« befahl er und drehte mich auf den Fersen um.
    »Du könntest es noch aufhalten …«
    »Nein. Geh zurück!«
    »Könnte ich nicht wenigstens mit ihm sprechen?«
    »Niemand darf zu ihm. Geh zurück, Alter«, sagte er nochmals. Ich gehorchte.
     
    Dann endlich, es war kaum zu fassen, setzte sich die Sonne mit glasigem Blick auf den Saum der Bäume. Die Schatten wurden länger, die fetten Schatten der Ölfässer auf der Piste, der krumme Schatten des Masts, vornübergeneigt wie ein Mann im Liegestütz. Ein leichter Windstoß, der alle aufhorchen läßt. Zuerst kräuseln sich die obersten Blätter, als flitzten Affen in Baumkronen, dann knarren Zweige, und erleichtert weißt du, schwitzend und zerstochen und gequält, daß es die Abendbrise ist.
    Sollst wehen, süße Brise, sollst fortwehen diese verdammten, gottverdammten Moskitos, zurück in ihre Moskito-Hölle!
    Ich tat nichts. Leo tat nichts. Luke trank und trank, maß die Dosen mit dem Kennerblick eines Pharmazeuten und schaukelte leise, weil es Leo ärgerte. Charley und Miguel flüsterten. Leo sah sie scharf an, als ärgerte ihn auch das, und sie zogen sich zur Tür des Krankenzimmers zurück, wo sie niemand hören konnte.
    So also saßen wir unter dem Vordach des Lazaretts, als es grau übers Gras kroch, wie Flüchtlinge, die dem Krieg davonlaufen, obschon kein Krieg begonnen hatte und der Mann in der Veranda des Rockefeller-Hotels nicht kriegerisch aussah und die Männer im Gras, die ihn einkreisten, eher wie Arbeiter aussahen, die sich nach der alljährlichen Betriebsfeier ausruhen.
    Freilich, Dolores und Caterina und Carmen hatte man dazu nicht eingeladen. Man wird sie einladen, zu einem besonderen Fest, später. Die Vorhänge vor ihren Fenstern waren zugezogen.
    Jetzt, im Dämmerdunkel, konnte ich in die Veranda besser hineinsehen. Der Priester war doch dort, war die ganze Zeit dort gewesen, in gemessenem Abstand von Harry. Sie sahen wie zwei Menschen aus, die einander nicht kennen und am selben Ort vor Regen Zuflucht suchen.
    Leo brach sein langes Schweigen. »Könnten wir ihn doch als Tauschobjekt verwenden!« flüsterte er. Er meinte Pater Luis.
    »Sprich nicht so!« sagte ich vorwurfsvoll.
    »Seinen Kopf ihnen auf einer Schüssel bieten – ohne Salomes Tanz. Bloß seinen Kopf auf einer Schüssel!«
    »Darüber soll man keine Witze machen!«
    »Warum nicht?«
    »Sie sprechen von einem Priester, Senhor Leo!« fuhr Charley dazwischen. Der Tiger in ihm kroch wieder hervor. »Darüber kann man wirklich keine Witze machen«, setzte er lauter fort. Ach so? Der Tiger biß sogar zu!
    »Ich bin heute gar nicht zum Lachen aufgelegt«, meinte Leo grinsend.
    »Auch höflich sind Sie nicht.«
    »Muß ich denn zu dir höflich

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