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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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schwermachen.«
    »Ich bitte dich, Leo!«
    »Ich hör’ schlecht. Lauter! Sag’s noch einmal!«
    »Leo, geh zurück! Bitte, geh zurück!«
    »Ich besuche Harry, der ist auch ein alter Freund.«
    »Nein!«
    »Ja!«
    Dann hörte ich sie mit belegter Stimme flüstern. »Wie soll ich sie abhalten? Nein, Leo, du darfst nicht gehen.«
    »Du sollst sie aber abhalten, denn wir müssen hinüber.«
    Und Charley stand dabei, geisterhaft, wie von einer andern Welt. Er leckte sich die Lippen, als fühlte er bereits den bitteren Geschmack des Todes. So jedenfalls wirkte er auf mich: tot, fast so tot wie sein Glasauge.
    Jan antwortete nicht. Denn die glänzende Spitze des Bajonetts richtete sich gegen seine Brust, trieb ihn zurück, so langsam, wie Leo ihn schob. Nun, dachte ich atemlos, darauf kann man wirklich nichts antworten.
    »Nütze deine Zunge! Rede mit ihnen!« sagte Leo. »Wir stehen unter deinem persönlichen Schutz. Ich bring’ dich um, bevor sie uns umbringen.«
    »Du bringst mich um?« fragte Jan, wobei er Leo gespannt ins Gesicht sah.
    »Sicher!« gab Leo rasch zurück. »Haben wir uns denn je etwas vorgemacht? Rede mit ihnen!«
    Langsam schoben sie sich in der engen Gasse aus Leibern weiter, schlafwandlerisch, Träume atmend. Voran Charley, mit nasser Hose, verstört. Doch war’s kein Spießrutenlauf, unentschlossen hingen die Gürtel. Ich fragte mich, was Leo tun würde, sobald der erste Schlag niedersauste. Töten würde er, dessen war ich gewiß.
    Immer noch konnte ich Leos leise, bittere Stimme hören. »Einen langen Weg sind wir miteinander gegangen, was?«
    »Zu lang ist er.«
    »Von unserm alten Dorf her, quer durch Afrika, als Kameraden …«
    »Bis zum Ende der Kameradschaft«, hörte ich Jan mit harter Stimme sagen.
    »Bis zu einem stinkenden Loch im südamerikanischen Urwald. Und ich halte ein spitzes Eisen gegen die Brust des Kameraden. Wenn sie nicht still halten, dann lebwohl, Kamerad! Sag ihnen das!«
    Und ich wünschte mir: Geh weiter Charley, schau dich nicht um wie Lots Weib! Aber gerade das tat er, stolperte, als er sich umwandte. Eine Faust fuhr auf ihn nieder, er sank in die Knie. Jan fiel über ihn, und in dem Augenblick, in dem Leo hätte töten sollen, erstarrte er – er, der den Priester einen Kain mit Bizeps genannt hatte. Hätte er selbst Kain mit Bajonett sein sollen? Wer tötet schon einen Kameraden? Charley heulte auf, als sie die Gürtel niedersausen ließen. Dann fielen sie über ihn her wie Wölfe, aber Leo trieb in sie hinein, über Jan hinweg, zerrte an ihnen und schützte mit seinem Körper diesen Dummkopf, zog ihn hoch aus der krabbelnden Masse, indes Hiebe auf seinen Kopf und auf seine Schultern prasselten, schob ihn fest vor sich her, durch die Gasse, den Mexikaner, der angstvoll kreischte, wenn eine Gürtelschnalle zufällig auch seinen Kopf traf. Denn Leo war es, der die meisten Schläge abbekam. Endlich waren sie durch, rannten und rannten, Leo etwas unsicher – sein Kopf mußte schrecklich zugerichtet gewesen sein –, und die Männer rannten hinterdrein. Als sie die Veranda erreichten, Harry erreichten, drehte sich Leo um und zückte das Bajonett. Er schien verrückt vor Schmerzen. Jetzt hätte er getötet, ich wußte es.
    Erst darin hörte ich Luke wieder atmen, als hätte eine Pumpe kurz ausgesetzt. Auch der Schaukelstuhl nahm sein rhythmisches Knarren wieder auf.
    »Verrückt. Verrückt sind sie!« sagte er. Es klang müde und sauer. Ich sah noch, wie Leo und Charley das Rockefeller-Hotel erreichten, und erinnerte mich an den alten Kinderreim von den zehn kleinen Negerlein: Zwei hatte es in der Veranda gegeben (den Priester mitgerechnet), und jetzt gab es fünf. Es wird an der Sache nichts ändern, dachte ich. Zum Schluß sind sie alle drüben. Bald dunkelt es.
     
    »Gehst jetzt du?« fragte mich Luke höhnisch.
    »Führ mich nicht in Versuchung!«
    »Möchtest du nicht auch ihrer Legion beitreten?«
    »Führ mich nicht in Versuchung!« bat ich nochmals.
    Ein seltsamer Schmerz hatte meinen linken Arm ergriffen: ein Brennen, das mit dem Krampf zusammenzuhängen schien, der sich mir in die Brust gestohlen hatte. Ein scheußliches Gefühl. Ich wartete, daß es vorübergehe.
    Luke sagte: »Dummköpfe! Hast du je solche Dummköpfe gesehen? Wie hasse ich falsches Heldentum!«
    »Gar so falsch ist es nicht, Luke.«
    »Wegen drei Huren!«
    »Doch nicht ihretwegen, im Grunde genommen.«
    »Wegen drei möglicher Huren.«
    »Auch das wissen wir nicht.« Was war denn nur mit

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