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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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sein?«
    »Natürlich. Wer sind Sie denn schon?« schrie Charley, wobei seine Stimme hoher und höher wurde. Fast überschlug sie sich. Überrascht sah ihn Leo an. »Aber, Charley!«
    »Nun, wer sind Sie denn schon? Los! Sagen Sie’s!«
    »Aber, Charley!«
    »Ein Zyniker sind Sie! Jede anständige Gefühlsregung zerren Sie in den Dreck. Dabei wollte ich doch nur ein wenig Mut sammeln!« schrie Charley, trat ganz nahe an Leo heran und schob ihm sein tragikomisches gelbes Gesicht unter die Nase. »Sie aber bohren mit Ihrer scharfen Zunge Löcher in mich, und der Mut rinnt mir aus.«
    »Hör auf, mich mit deinem Glasaug’ anzublinzeln!«
    »Hol Sie der Teufel!«
    »Leck mich!«
    Da heulte Charley los. Leo warf mir einen Blick zu und versuchte zu lachen. Aber es fiel ihm schwer. Er grinste verzerrt, den einen Mundwinkel oben, den andern unten. »Was hat er denn?« fragte er mich.
    »Senhor Leo, sprechen Sie doch zu mir!« flehte Charley.
    »Von mir aus. Also, Charley, was ist mit dir?«
    »Ich schäme mich, und ich fürchte mich so. Ich bin ganz naß hier«, sagte er und zeigte auf seine grausliche Hose. »Für Sie bin ich nur ein dreckiger Mexikaner. Sie halten mir den Spiegel vor, und dann schäme ich mich noch mehr. Das ist es!«
    Krk, krk, krk, schaukelte Luke, schaukelte weiter.
    Da mischte sich Miguel ein, blaß und mit schmalem Mund. »Wie lange wollen Sie ihn denn noch allein lassen?« fragte er Luke, indem er auf Harry zeigte.
    »Kein Mensch ließ ihn dort. Er hat den Gepäckschein für sich, er selbst ließ sich dort.«
    »Wie lange lassen Sie ihn noch allein?«
    »Sei still, Ritter Galahad!«
    »Wie lange noch?« beharrte Miguel.
    »Bis in der Hölle Eiszapfen wachsen, bis diesen Eiszapfen gefrorene Bärte wachsen«, spottete Luke und maß kritisch den Pegelstand in der Whisky-Flasche, als vermutete er einen Sprung, durch den der Whisky auslief. »Ruhig Blut, Ritter Galahad! Nimm einen Schluck! Du hast’s notwendiger als ich.«
    »Ich brauch’s nicht.«
    »Ich aber!« Es gluckste, die Flasche war leer. »Schade für dich, gut für mich!«
    »Wie lange also lassen Sie ihn noch allein?«
    »Verflucht noch mal, du bist aber monoton!« rief Luke verzweifelt. »Harry will ja allein bleiben!«
    »Wer sagt Ihnen das?«
    »Was kümmert’s dich?«
    »Vielleicht hätte er gern einen Freund bei sich? Haben Sie ihn gefragt?«
    »Nein«, antwortete Luke grinsend. »Er könnte ›ja‹ sagen.«
    »Wie lange also …«
    »Wirst du jetzt endlich schweigen?«
    »Auch gut. Dann werde ich ihn selbst fragen.«
    »Auf Nimmerwiedersehen! Du kommst nicht hinüber. Man wird dich zurücktragen müssen.«
    »Aber Sie werden mich nicht zurücktragen?«
    »Nein. Ganz gewiß nicht.«
    »Sie sind neutral, was?«
    »Und wie!«
    »Bleib hier!« flüsterte ich zu Miguel, dem es um die Mundwinkel zuckte. »Sei nicht töricht!«
    »Werden Sie mich zurücktragen, Senhor Juan?«
    »Ich?«
    »Sie vielleicht?« fragte er Leo.
    »Darüber muß ich noch nachdenken«, entgegnete Leo. »Über unsere eingedroschenen Schädel, über die Kinnhaken, über die Gürtel, die peitschend durch die Luft sausen, über die Grube, die groß genug für zwei ist – wenn die da drüben zu sehr in Rage geraten.« Ich wußte, er wollte Miguel abschrecken. Entgeistert blickte dieser auf Leo, sprang aber dennoch auf.
    Wütend wandte sich Leo zu Luke: »Ich frag’ dich zum letztenmal: Wirst du endlich aufhören, dich in diesem verdammten Stuhl zu schaukeln?«
    »Halt’s Maul!«
    »Wirst du jetzt endlich deinen Hintern still halten? Mir zuliebe?«
    »Hast du aber schlechte Nerven!«
    »Bitte sehr, Herr Doktor! Berücksichtige wenigstens als Arzt meine strapazierten Nerven!«
    Hierauf wandte sich Leo wieder zu Miguel, verärgert, doch gerührt: »Was würde es schon nützen?«
    »Er hätte jemanden bei sich.«
    »Ja, dich. Und was würdest du ihm schon nützen?«
    Miguel machte eine hilflose Gebärde, die zu sagen schien: nicht viel. Wirklich nicht viel. Aber ich wäre dort, wäre bei ihm, vielleicht wäre es gut.
    Für uns unerwartet, begann Miguel zu gehen. Leo rief ihm nach: »Warte! Reden wir noch darüber!« Es war zu spät, Miguel ging weiter, ging über das Gras, den Kopf gesenkt, stierartig, doch ganz und gar nicht wie ein Stier, so wie er aussah, dieser schlanke, hübsche Junge, dessen Hose vielleicht so naß war wie Charleys Hose, nasser noch. Dieser arme, hübsche Junge …
    »Jetzt weiß ich, was mit ihnen los ist«, sagte Luke. »Sie alle haben

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