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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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hinunterschmeißen«, sagte Luke. Sobald er von den Mädchen sprach, verzerrte Haß sein Gesicht.
    »Laß die Mädchen in Ruh!«
    »Hinunterschmeißen würde ich sie, eine nach der andern. Sie sind nicht wert, daß ein anständiger Mann für sie stirbt.«
    »Geh hinauf und sag’s!«
    »Vielleicht tu ich’s noch.«
    »Bitte, sei endlich still! Ich mag’s nicht, wenn du so sprichst!« Er lachte, stand auf, trat ein paar Schritte vor und schrie in die Nacht hinaus: »Harry!«
    Er wartete eine Weile, legte seine Hände becherförmig an den Mund und schrie nochmals: »Harry! Schmeiß sie herunter!« Gerne hätte ich gewußt, ob ihn Harry hören konnte, auch ob ihn die Mädchen hören konnten und was sie fühlen mochten. Luke stand da wie ein Hund, der den Mond anbellt. »Harry! Sei kein Narr! Schmeiß sie übers Geländer!« Er war doch betrunkener, als ich gedacht hatte.
    Da bemerkte ich, wie aus dem Dunkel ein paar Männer auftauchten und ihm etwas sagten. Er aber blieb stehen und schrie nochmals: »Harry! Harry!«
    Dann kam der Regen. Es planschte nicht, nein, es prasselte nieder, als leerten sich die Eimer des Himmels. Im Flackern der Blitze sah ich Luke, bis auf die Haut durchnäßt, hörte ihn »Harry!« rufen, bis der Regen ihn übertönte.
    Naß wie ein Fisch kam er zurück, lachte wie verrückt und sagte atemlos: »Ich hoffte, sie würden herunterplumpsen, eine nach der andern.« Den Tränen näher als dem Lachen, als hätte er das wirklich erwartet, schüttelte er Nässe aus dem Haar. »Eine nach der andern, wie Bälle!«
     
    Der Regen hörte auf – so plötzlich, wie er gekommen war. Nun schwärmten die Männer wieder aus den Baracken, und wir bemerkten, wie sie etwas über das Gras rollten. Der Mond war noch immer versteckt, und ich konnte daher nicht sagen, was es sein mochte. Da fiel mir ein, sie könnten vielleicht Kabel legen. Ich hatte recht, denn plötzlich zischte es, ein Scheinwerfer flammte auf, so grell, daß das Wetterleuchten überm Wald wie ein billiger Bühneneffekt wirkte. Wir hatten zwei große Scheinwerfer im Camp, hatten sie für die Nachtarbeit gebraucht, seinerzeit, als wir hier aufgebaut hatten. Jetzt konnte ich den Generator summen hören. Der zweite Scheinwerfer flammte auf.
    Das ganze Camp lag in grelles Licht getaucht: das Gras, die triefenden Baracken und auch die rauchenden Trümmer des Rockefeller-Hotels, die der Regen durchtränkt hatte. Es blendete, die Augen schmerzten.
    Beide Scheinwerfer suchten den Bohrturm ab, bis hinauf, und richteten sich auf die obere Plattform, wo sich ihre zwei bläulichweißen Finger kreuzten.
    Wie nackt mußten sich die dort oben jetzt fühlen! Einmal sahen wir ein Gesicht über das Geländer schauen, doch blitzschnell fuhr es wieder zurück. Wer es gewesen war, hatte ich nicht erkennen können.
    Ich fragte mich, ob es kleinlicher Haß sein mochte, der die Männer bewog, ihnen solches anzutun: sich beobachtet fühlen zu müssen, als hätte sich das Auge Gottes auf sie gerichtet. Nein, sagte ich mir, es liegt eine bösere Absicht dahinter. Welche, das konnte ich freilich nicht ahnen.
    »Wozu machen sie das?« fragte ich Luke.
    Er antwortete nicht.
    Ich fragte nochmals: »Verstehst du das?«
    »Ja«, knurrte er nach einer Weile.
    »Und warum sagst du’s mir nicht?«
    »Du glaubst wohl, du wirst nicht lang genug leben, um selbst drauf zu kommen?« fragte er mürrisch.
    Welch unglücklich gewählte Worte – elend, wie ich mich fühlte! Mich überlief es kalt.
    »Luke, mußt du deine Wut an mir auslassen?«
    »An irgendeinem muß ich sie auslassen. Also halt lieber deinen Mund!«
    Und er saß und schaukelte und sah beunruhigt auf den Bohrturm, wie ein Jagdhund, der Unangenehmes wittert. Die Flasche hatte er eben geleert. Sie lag auf seinen Knien, die letzten Tropfen fielen zu Boden.
    Plötzlich stieß er einen undeutlichen Laut hervor, erhob sich und ging ins Krankenzimmer. Ich sah, wie er dort in einer Lade kramte. Er kam mit seinem Fernglas wieder, schwankte an mir vorbei und stieg die kleine Eisenleiter an der Seitenwand des Lazaretts hinauf. Ich hörte, wie er auf dem flachen Dach herumtapste.
    Ich erhob mich, langsam, weil die Schmerzen mir Angst einjagten, und ging ein paar Schritte ins Freie. Er beobachtete durch sein Fernglas die von Scheinwerfern erhellte Arbeitsplattform des Bohrturms. Er blieb ziemlich lange fort.
    Endlich kam er herunter und lachte. Er lachte sonderbar, aber er lachte.
    »Etwas Lustiges?« wollte ich wissen.
    Er sah mich

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