Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
Vom Netzwerk:
meinem Arm los? Ich fühlte mich so beengt in der Brust. Es schwoll und klopfte dort drin. Ich versuchte gleichmäßig zu atmen und wartete weiter, daß es vorübergehe. Nur keine Panik!
    »Doch. Wir wissen es genau!« stieß Luke hervor. »Leo weiß es, und dieser schwitzende, dahergelaufene Mexikaner weiß es auch.« Luke schaukelte nun rasch und wütend. »Wozu also?«
    »Schrei nicht so!«
    »Wozu also?« wiederholte er.
    »Für einen Freund.«
    »Ach was! Scheiß drauf! Was heißt Feund? Mein Leben ist mein Freund, einzig und allein mein Leben. Und der Tod ist mein Feind.«
    Das Wort Tod war es, das sich in meinem Denken mit der sachten Hand verknüpfte, die mir grausam das Herz knetete. Ich erschrak. Mein Herz schlug doppelt so schnell wie sonst.
    »Was hast du?« fragte Luke.
    »Ach, nichts.«
    Er musterte mich. »Du siehst mir nach Herzanfall aus.«
    »Schweig! Ich bitte dich, schweig!«
    »Das Lazarett lassen sie ungeschoren. Geh hinein und leg dich nieder!«
    »Nein. Es ist schon wieder besser.«
    »Rohlinge sind es«, sagte Luke. »Das ist nichts für uns beide. Du bist zu alt, und mich ekelt es an. Vielleicht sollten wir uns beide ins Krankenzimmer legen.«
    »Luke, laß mich endlich in Ruhe!«
    Er ging zum Arzneischrank und kam mit einer Flasche Whisky zurück. Er öffnete sie.
    »Da! Trink!«
    Ich versuchte zu lachen. »Wachsen dir die Flaschen immer wieder nach?«
    »Es ist die letzte, die für den Notfall, wenn kein Ausweg mehr bleibt. Ich hab’ das Gefühl, wir sind soweit. Hast du Schmerzen?«
    »Nein«, log ich.
    »Es ist doch wirklich furchtbar: Das alles wegen drei Huren!«
    »Hör schon auf damit!«
    »Wir leeren diese Flasche und dann …«
    »Was dann, Luke?«
    »Dann haben wir Krieg. Aber wir beide, wir legen uns ins Krankenzimmer.«
     
    Rasch verblaßten die Farben, wurden dunkel und trüb wie der Glanz alter Bronzen. Die Männer hockten immer noch im Gras. Wie ein kleines, warmes Tier umklammerte immer noch der Krampf meine Brust. Verdrossen und unversöhnlich starrte Luke zum dunklen Rockefeller-Hotel hinüber. Ich wünschte, er würde die Flasche nicht bis auf den letzten Tropfen leeren. Es irritierte mich. Er sah erzürnt und beleidigt drein. Er mochte sich sagen: Nicht er hatte seine Freunde im Stich gelassen, nein, der gesunde Menschenverstand hatte sie im Stich gelassen. Keiner von uns sprach. Nur das an die Flasche geführte Glas erklang zuweilen.
    Ich brach das Schweigen. »Luke«, sagte ich.
    Er schien nicht zu hören, schaukelte nur, hin, her, wie ein Metronom.
    »Luke!«
    »Ich hab’s ihnen doch gesagt, nicht wahr?«
    »Ach, laß das jetzt!«
    »Verrückt sind sie, diese Kerle!«
    »Sie verdienen es nicht, daß du so von ihnen sprichst.«
    Er sah mich aggressiv an. »Ich verdiene auch nicht, daß du so von mir denkst.«
    »Du weißt nicht, was ich denke … Luke, laß noch etwas in der Flasche!«
    »Du brauchst’s nicht. Bist gesund.«
    Mein Arm war schlaff, so schlaff, als wollte er mir für ewig den Dienst versagen. Nein, ich war nicht gesund.
    Da hörte ich einen Motor brummen. »Ist das der Jeep?« fragte ich.
    »Ich höre nichts.«
    »Dort fährt er!« Ich zeigte hin. »Siehst du ihn jetzt?«
    Der Jeep kam von den Baracken her, fuhr am Bohrturm vorbei und zuckelte auf das Rockefeller-Hotel zu. Mit einem Hoffnungsschimmer dachte ich: Sie wollen verhandeln. Aber auf dem Jeep lag etwas, schmal und fahl und zweifellos sargähnlich. Es wäre teuflisch, es kann nicht wahr sein, einfach lächerlich, dachte ich – bis ich den Fahrer Gas geben hörte, ihn abspringen sah wie einen Reiter von einem galoppierenden Pferd. Der führerlose Jeep raste in einem großen Bogen über das Gras, wobei die Last, die er trug, hölzern hämmerte. Er krachte gegen die Veranda, stürzte um, seine Räder drehten sich weiter, der Sarg kippte heraus, der Deckel sprang auf, und was drinnen war, fiel auf die Stufen. Jetzt blitzte in der Veranda Licht auf, aber ich wollte nicht hinschauen, ich wußte: Sie hatten Barney zurückgebracht. Es war eine Drohung: wie Tiere, die ihre Zähne fletschen.
    Ich sah Luke an. Das Glas schwebte unter seiner empörten Nase, klirrte gegen seine Zähne, als vermutete er darin übles Gesöff, das er nicht kosten wollte. Die Hand war wieder da und griff mir sachte nach dem Herzen. Welch eine Herausforderung! Tiere sind sie! Ich wußte: Wir alle müssen jetzt wie Tiere sein.

Elftes Kapitel
    Nun war alles Licht erloschen. Die Sonne hatte den Tag vollendet, die Baracken

Weitere Kostenlose Bücher