Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Nicole ein Interview gibt? Ich verspreche, dass ich nur schreibe, was sie erzählen möchte.“
„Keine Ahnung, ich werde es versuchen. Sie ist ziemlich sympathisch. Studiert Medizin.“
„Ist dir irgendwas eingefallen, das Nicole bei ‚frauen.com‘ gesagt hat?“
„Nein. Was soll das? Sie ist das Opfer, nicht der Täter.“
„Klar. Lies das ‚Magazin‘ und du wirst sehen, dass ich das auch so dargestellt habe.“
„Okay. Ich melde mich wieder.“
„Danke, Jana.“
„Weißt du eigentlich, wo Mam ist? Sie hebt nicht ab.“
„Ich hab mit ihr in der Früh telefoniert, seither nicht mehr. Sie wollte für mich klären, ob Pauer in Untersuchungshaft ist. Aber das macht sie wohl über den Computer, wie ich sie kenne.“
„Egal, sie wird sich schon melden. Ciao!“
Vesna geht auch bei mir nicht dran. Auf dem Festnetz von „Sauber! Reinigungsarbeiten aller Art“ läuft bloß ein Band, das dazu auffordert, eine E-Mail zu schicken. In vertraulichen Angelegenheiten sei es am besten, einen persönlichen Termin zu vereinbaren. „Ich danke für Ihre Geduld“, sagt Vesna am Ende des Textes. Ihre Stärke ist Geduld nicht gerade. Fran, Janas Bruder, wollte seine Mutter dazu überreden, den Text von einem Mann ohne Akzent, am besten von ihm, sprechen zu lassen. Das wirke seriöser. Vesna hat vehement abgelehnt. „Erstens ist Frau vertrauenswürdig. Bei Putzen sowieso, aber bei Nachforschungen auch. Und zweitens, wenn ich habe einen Akzent, trauen sich auch Türken und so und geben mir Auftrag. Und für alle es wirkt, dass ich bin sicher nicht teuer.“ Ich grinse ins Telefon. Das war wieder einmal typisch Vesna. – Wo ist sie? Das Haus von Nicoles Eltern ist in der Nähe von Valentins Villa. Vesna ist vor einiger Zeit zu ihm gezogen. Nach langem Überlegen. Aber das war bei mir und Oskar auch nicht viel anders.
Ich habe Jana gesagt, dass ich es bin, die sich im „Magazin“ um die Reportage kümmert. Das stimmt. Zumindest bis jetzt. Heute Nachmittag soll entschieden werden, wie wir weiter mit dem Thema umgehen. Unser Chefredakteur sei „außer Haus“, hat mir seine Sekretärin mitgeteilt. Ach ja, es gibt noch anderes als unseren Pauer-Mann und die versuchte Vergewaltigung. Sollte ich im Gedächtnis behalten.
Ich schaue auf die Agenturmeldungen. Das ist interessant. Alpha Books kündigt eine Stellungnahme an. Heute Nachmittag, sechzehn Uhr. Nur eine Stunde nach der Polizei-Pressekonferenz. Ort wird keiner genannt, offenbar handelt es sich um ein schriftliches Statement. Oder ist Seifried so durcheinander, dass sie auf den Ort vergessen hat? Kein Wunder. Dem Verlag rennen die Medien sicher auch die Türen ein. – Während ich hier in der Redaktion sitze und überlege. Ich sollte zu Sandra Alman fahren. Ich hätte Jana fragen sollen, wann sie bei „frauen.com“ ist und wo ich sie sonst erreichen kann. Aber ob sich das vor der Pressekonferenz noch ausgeht?
Wichtig ist, dass mir die Chronik die Story nicht wegschnappt. Ich hänge an unserem „Magazin“, auch wenn mir die Geschäftsführung auf die Nerven geht. Ich will, dass ordentlich berichtet wird. Auch im Interesse von Nicole. Mehr noch im Interesse von … von wem eigentlich? Von „uns Frauen“? Als ob es da nicht unzählige verschiedene Ansichten und Zugänge zum Leben gäbe. Jedenfalls sollten wir uns nicht von irgendwelchen Typen unterbuttern lassen. Und ich mich vom Chronikchef, diesem aufgeblasenen Männchen, schon gar nicht.
Ich rufe den Chefredakteur an.
„Feldner?“
„Ich bin’s, Mira. Bist du wirklich außer Haus?“
„Bin ich. Beim Zahnarzt.“
„Du Armer, das ist ja noch schlimmer als eine Konferenz mit der Geschäftsführung.“
Der Chefredakteur lacht und ist auf einmal wieder der, den ich recht gern mag. „Du hast leicht reden.“
„Heute müssen sie uns ja loben. Wir haben alles im Blatt, samt Gewinnspiel. Und die jüngsten Entwicklungen auch.“
„Hast du hervorragend gemacht, Mira. Das mit dem Gewinnspiel ist natürlich etwas dumm … der Hauptpreis ist ein Abendessen mit ihm.“
„Es gibt genug, die da auch jetzt noch drauf stehen.“
„Lass das ja nicht deine feministischen Freundinnen hören.“
„Wen meinst du? Droch?“
Er lacht schon wieder. Machen die das bei seinem Zahnarzt mit Lachgas? Das wäre vielleicht etwas für mich. Ich bin schrecklich feig, wenn es um meine Zähne geht. Ich frage ihn trotzdem etwas anderes: „Werde ich die Story behalten? Ich bin am Recherchieren. Mit etwas Glück
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