Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
gestiegen.“
Vesna lacht. Jana auch. Zwei zugewanderte Irre. „Ich werde dem Autohändler nie verzeihen, dass er dir zum Fünfziger einen Zulassungsschein geschenkt hat“, rufe ich nach vorne.
„Vielleicht ist es das, was du brauchst! Zum Fünfziger ein Motorrad!“, ruft Vesna zurück. Ich schaue auf den Tacho. Ihr alter, aber übermotorisierter Renault macht bei hundertvierzig eine Menge Lärm. – Hundertvierzig! Wir sind auf einer Landstraße!
„Wenn sie dich erwischen, bist du den Führerschein los!“
„Ich fahre nur außerhalb von Ort so.“
„Wann sind wir endlich da?“
„Bald“, beschwichtigt mich Jana. Sie hat Nicole über einen Studienfreund von Fran einen angeblich super-ortungssicheren Laptop besorgt. Und zum Dank dafür und weil die Schwester von Nicole zu ihr Vertrauen gefasst hat, bekomme ich das Interview. Jana hat sich allerdings ausbedungen, dass sie es durchsehen und eventuelle „Missverständnisse“ beseitigen darf. Na gut. Ich habe eben nicht ihr großes Feministinnendiplom. Ganz abgesehen davon, dass ich ohnehin nicht vorhabe, die junge Frau so zu behandeln, wie es die Boulevardzeitungen tun.
Janas Mobiltelefon hat eine Navigationsfunktion, sie hält es in der Hand, gibt Vesna Anweisungen, die ich nicht verstehe. Wir biegen unvermittelt vor einem winzigen Ort in einen Feldweg ab. Kirche, wenige Häuser, nicht einmal ein Lagerhausturm. Dann nur mehr Wald. Vesna parkt das Auto unter einigen Bäumen.
„Den Rest machen wir zu Fuß“, sagt Jana.
Ich stöhne. Da geht es ziemlich bergauf.
„Du hast noch Kondition von Joggen. Du musst bloß wieder regelmäßig machen“, erklärt mir Vesna.
„Da hab ich keine schwere Tasche mit.“
„Warum du auch schleppst ständig alles herum?“
„Weil ich es brauchen könnte.“
Ich keuche hinter den beiden drein. Wissen sie, was sie tun? Was soll dieses Räuber-und-Gendarm-Spiel? Okay, es gibt zahlreiche Journalisten, die viel dafür gäben, ein Interview mit Nicole zu bekommen. Aber es ist doch ohnehin völlig klar, dass uns hier, am Ende der Welt, keiner überrascht. Wir könnten uns auch gemütlich ins Gasthaus setzen und miteinander reden. Falls es da eines gibt.
Ein Fußballfeld, auf zwei Seiten begrenzt von Wald, auf zwei von Feldern. Ein schmales helles Gebäude neben dem Platz. Ein Weg, der in den kleinen, für mich namenlosen Ort unter uns zu führen scheint. Ich wundere mich fast, dass mir die beiden nicht die Augen verbunden haben. Ich will es schon sagen, als ich ein Geräusch höre. So etwas zwischen Zischen und Schnaufen. Ich packe Vesna am Arm. Sie hat es auch gehört, schaut hinüber zum Fußballerhaus. Aber die Töne sind von woandersher gekommen. Vesna ist stehen geblieben. Wo können wir uns verstecken? Wie können wir fliehen? Bestenfalls durch den Wald. – Was sollte das bringen? Der, der da schnauft, hat uns schon gesehen. Ist zumindest sehr wahrscheinlich. Jana sieht auf die Uhr. „Es ist zu früh, sie ist es sicher noch nicht“, flüstert sie. Vesna packt mich am Arm und zieht mich ins Unterholz. Irgendwas krallt sich in meine Jeans. Beinahe hätte ich aufgeschrien. Aber es ist bloß eine Dornenranke. Jana ist neben uns. Durchs Gebüsch spähen wir auf den Weg.
„Ich kläre Lage, ihr bleibt hier“, flüstert Vesna.
Was wird sie finden? Irgendwelche amerikanischen Journalisten mit Spezial-Ranger-Ausbildung, die sie niederringen, uns lautlos fesseln, aus mir herauspressen, wo Nicole ist. Militante Maskulisten, direkt aus Maggy Körmers Gruselkabinett entlaufen? Vesna schleicht am Unterholz entlang, Richtung Fußballfeld.
„Wann …“, flüstere ich Jana zu, aber die hebt bloß einen Finger an die Lippen und lauscht weiter. Gute fünf Minuten vergehen. An mir krabbelt eine Riesenameise hoch. Irgendwelche Vögel fliegen auf. Ein kleines Tier, wohl eine Maus oder so etwas, raschelt im Laub. Was mache ich, wenn Wildschweine kommen? Wenn die Wildsau Junge hat, ist sie gefährlich. – Vielleicht sind alle Frauen gefährlich, wenn sie Junge haben. Carina Pauer. Vielleicht ist sie gefährlicher, als ihre hellen Augen einen glauben machen möchten, sie kämpft um das Glück ihrer Kinder und ihrer Familie. Wie? Inzwischen ist es dämmrig geworden, halb zehn. Auch die langen Sommertage haben ihr Ende. Plötzlich ein lauteres Rascheln und unvermutet steht Vesna vor uns am Weg. „Kommt raus“, sagt sie leise. „Alles in Ordnung. Nicole und Schwester sind in Fußballhaus. Wollten auch vorsichtig vor Treffen
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