Männerfrei: Roman (German Edition)
unter Kontrolle. Mantra, übernehmen Sie.
» Sass«, sagt Rick, als er mich bemerkt. » Ich habe gerade von dir gesprochen. Wie geht es dir?«
Ich gebe keine Antwort, sondern begnüge mich mit einem Lächeln. Ich hoffe, es ist nicht so schief wie meine Eingeweide. Rick beugt sich vor und gibt mir ein Küsschen auf die Wange. Sein Gesicht ist sehr warm. Meine Hände zittern noch immer, und ich glaube, mein Lächeln zuckt auf einer Seite.
» Ach, und ich dachte, du sprichst die ganze Zeit von dir«, bemerkt Bloomie zuckersüß. Ich versuche, tief zu atmen und mich innerlich zu beruhigen, ohne dass es auffällt.
» Tatsächlich?«, bemerkt Rick, aber ich glaube nicht, dass er richtig zugehört hat. Er sieht mich sonderbar an. » Du siehst toll aus, Sass«, meint er und mustert mich von oben bis unten. Irgendwie sammle ich durch meine Atemübungen den Mut, seinem Blick standzuhalten und ihn zum ersten Mal seit fast einem Jahr richtig anzusehen.
Rick ist nicht besonders groß, jedenfalls nicht groß genug, wenn ich acht Zentimeter hohe Absätze trage, hat mittelbraunes Haar und die zuvor erwähnten haselnussbraunen Augen. Seine Wimpern sind zu gerade, zu hell und irgendwie zu schwer. Ich entdecke Nasenhaare, die aus seinen Nasenlöchern ragen. Seine Haut sieht trocken aus. Er sollte eine Feuchtigkeitscreme benutzen.
Ich ertappe mich dabei, dass ich ihn anlächle. Interessant. Ich finde ihn nicht attraktiv. Null.
» Wie geht es dir?«, erkundige ich mich.
» Fantastisch. Aber das weißt du ja.« Er zieht die Augenbrauen hoch und schürzt die Lippen zu einer vermeintlich verführerischen Schnute. Ein superlanges Brauenhaar kringelt sich über seinem Auge.
Ich kann das nicht, ich muss hier weg. Ich drehe mich zu Bloomie und Kate. » Möchtet ihr noch was trinken? Ich gehe an die Theke.«
Beide heben die Hand wie Achtjährige, die in ein Völkerballteam gewählt werden möchten.
» Ich komme mit«, sagt Rick. Scheiße. » Wir können aber auch warten, bis der Kellner kommt. Du weißt ja, dass ich lieber anderen die Arbeit überlasse.« Sein Grinsen verrät, dass er erwartet, wir müssten über seinen Spruch lachen. Fand ich so etwas früher wirklich zum Totlachen, oder war Rick damals witziger? Und warum tut er so, als wären wir noch Freunde oder so? Hat er das mit seinem » Ich liebe dich nicht« vergessen? Oder das mit seiner Pink Lady?
» Ja, aber an der Theke geht’s schneller«, erwidere ich.
» Also schön«, räumt er ein. Gemeinsam gehen wir an die Theke. Wie zum Teufel konnte das passieren? Warum bin ich plötzlich alleine mit ihm?
» Du siehst wirklich großartig aus«, bemerkt er.
» Danke«, entgegne ich. Vielleicht hat er die Pink Lady tatsächlich vergessen. Er grinst. Zugegeben, ein recht attraktives Grinsen. Da er offenbar keine Fragen an mich hat, sage ich– mein würdevolles, höfliches Ich–: » Und, was treibst du so?«, woraufhin er zu erzählen beginnt.
Ich lausche halb in Panik, doch ich weiß, an welchen Stellen ich lachen oder in erstauntem/beeindrucktem Ton » Wirklich?« sagen muss. Ich konzentriere mich darauf, meine zitternden Hände ruhig zu halten und seinen Blick zu erwidern, ohne zusammenzuzucken.
Als ich die Getränke bezahle (Rick war nie sehr großzügig, muss ich sagen, obwohl er fünfmal so viel verdient wie ich), meint er: » Ich glaube, ich setze mich ein paar Minuten zu euch. Ich warte hier auf Skipper.« Ich habe keine Ahnung, wer Skipper ist, aber Rick denkt das wohl, oder es ist ihm egal. » Wirklich toll, dass wir mal ein bisschen Zeit zum Plaudern haben.«
Ich drehe mich um und sehe ihm direkt in die Augen. Ich ertrage es nicht, wenn er sich zu uns an den Tisch setzt. Ich sammle die ganze Entschlossenheit und Stärke, die ich in meiner Männerpause entwickelt habe, hole tief Luft und lächle ihn an. » Das wäre echt nett, Rick«, erkläre ich. » Aber wir haben heute einen männerfreien Abend.«
Er macht ein verblüfftes Gesicht. Oh verflucht, wahrscheinlich denkt er jetzt, ich bin– Augenblick, warum mache ich mir Gedanken darüber, was er denkt? Übernimm das Kommando! » Ich möchte nicht unhöflich sein. Du verstehst. War trotzdem nett, dich mal wiederzusehen, Rick.« Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn auf die Wange. » Pass auf dich auf.«
Er sagt keinen Ton, während ich die Gläser nehme und an den Tisch zurückgehe. Ich bin absolut ruhig und beherrscht. Glückwunsch an mich selbst!
» Was war denn los?«, zischt Bloomie. » Der Blödmann starrt
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