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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Misstraute Jenny zuvor Hellas Misstrauen, so entschuldigte sie sich nun innerlich bei ihr. Thomas log. Das wusste sie jetzt. Aber worin bestand die Lüge? Die Lüge ist nie das Verbrechen selbst, sondern lediglich der Schleier, der es zu verhüllen trachtet.
    In der nächsten gemeinsamen Sitzung ließ Jenny beide die Texte des anderen lesen, allerdings ohne die Notizen und Kommentare. Hella und Thomas hatten zuvor versichert, sie seien beim Schreiben nicht davon ausgegangen, den Text auch für die Augen des anderen geschrieben zu haben, hätten aber nichts dagegen, ihn zu lesen. Thomas überflog Hellas kurze Skizze, atmete durch und beobachtete Hella genau bei der Lektüre seiner Szene. Hella studierte sie sehr gründlich, ihr Gesichtsausdruck wurde zusehends starrer. Dann drehte sie das letzte Blatt um, ohne aber aufzublicken. Es entstand eine Pause, angefüllt mit jener Art von Zeit, wie sie zwischen dem Spannen des Hahnes und dem Auftreffen des Schlagbolzens auf die Patrone vergeht.
    »So also siehst du mich«, begann Thomas.
    »Nein, so glaube ich, möchtest du gesehen werden.« Hellas Stimme schwankte unter einem Druck, der sich gleich entladen musste. »Lügner belügen nämlich nicht nur ihre Mitmenschen, sie belügen auch sich selbst, und zwar so lange, bis sie ihre Selbstlügen für die Wahrheit halten.«
    Thomas wandte sich an Jenny. »Ist das so? Gibt es darüber gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse?«
    »Das hier ist eine Therapiestunde, kein psychologisches Seminar. Wenn Ihre Frau das so sieht, dann ist das eine Realität, der Sie sich stellen müssen, egal was Studien und Statistiken sagen.«
    »Mich wundert ja nur, dass sie mich nicht in die Pfanne haut.«
    »Wirklich nicht?«, fragte Hella ihn. »Na, jedenfalls nicht so, wie du mich in deinem Text in die Pfanne haust.«
    »Ich? Dich?«
    »Das dumme, jammernde Mäuschen, das sich von dem tollen Hecht vorführen lässt, das soll ich sein?«
    »Das ist kein toller Hecht, das ist ein eitler Pfauenradschläger …«
    »Genau! …«
    »… ein Schwätzer und Haarspalter …«
    »Ja!«
    »Und siehst du, genau den Typen hast du erfunden.«
    »Ich?« Hellas Selbstsicherheit verblasste.
    »Ja, du durch mich. So waren doch die Vorgaben, oder?«
    Die angesprochene Jenny konnte zunächst nicht antworten. »Wie? Ja. Ja, das war die Vorgabe.«
    »Der ganze Witz«, fuhr Thomas an Hella gewandt fort, »die ganze Schlagfertigkeit sind ja dein Witz, deine Schlagfertigkeit. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, wird es mir erst klar: Auf das alles bin ich nur gekommen, weil ich mich in dich hineinversetzt habe.«
    »Aber ich könnte einen solchen Text gar nicht schreiben.«
    »Willst du mir jetzt sagen, dass ich dich höher einschätze als du dich selbst?«
    »Es war faszinierend«, sagte Jenny später. »Ich habe in diesem Moment die Lüge bei ihrer Geburt erlebt. Eine wirkliche Lüge ist ja erst dann eine, wenn sie der, dem sie erzählt wird, für die Wahrheit hält. Und die hochaggressive, völlig zu Recht misstrauische Hella begann diesem verlogenen Thomas das zu glauben, fühlte sich plötzlich richtig geschmeichelt.«
    »Und wie fandest du diese Lügengeburt?«
    »Anders als beim Menschen. Lügen kommen leichter zur
    Welt, als sie von ihr gehen.«
    »Und dann hast du seinen Lügen ein Ende bereitet.«
    »Nein. Ich bin nicht dazu da, Konflikte zu lösen, sondern allenfalls Konfliktlösungen zu moderieren. Die Arbeit müssen schon die anderen machen.«
    »Du hast ihn nicht entlarvt?«
    »Das hätte Hella tun müssen. Ich versuchte ihr dabei zu helfen. Zugegeben etwas unbeholfen.«
    »Hikikomi Gaeshi«, sagte Jenny und las den Begriff von einem Zettel ab.
    »Was?«
    »Sie machen doch Judo, oder?«
    »Ja, und?«
    Erinnert er sich nicht mehr daran, diesen Begriff auf sein Schmierblatt geschrieben zu haben, oder will er etwas vor Hella verheimlichen? Jenny blieb hartnäckig. Sie wollte ja Hellas Misstrauen wiederbeleben.
    »Hikikomi Gaeshi ist doch ein Wurf im Judosport, oder?«
    »Wenn Sie es sagen.« Thomas wollte das offensichtlich nicht weiter verfolgen.
    »Das musst du doch wissen«, ging Hella dazwischen. »Thomas hat den zweiten Dan, San-dan heißt der doch, oder?«
    »Ni-dan. San-dan ist der dritte Dan.«
    »Dann können Sie mir sicher erklären, was das Prinzip des Hikikomi Gaeshi ist, oder?«
    »Wie bei allen Würfen: den Gegner zu überraschen und auf die Matte zu legen.«
    Jenny sah bewusst nun beide an. »Und das mit seiner eigenen Energie, oder? Der Gegner

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