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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Erde auf den versenkten Sarg, um dann der schwarz gekleideten Witwe, die von einer anderen Frau gestützt wurde, durch eine kurze Verbeugung ihr Beileid zu bekunden. Ich wollte mich nicht einreihen – was hatte ich dort zu suchen? –, doch Florian schob mich vor sich her. »Du musst sie kennenlernen. Ich stell dich vor.«
    Hinter dem dichten schwarzen Schleier war ihr Gesicht nur in vagen Umrissen zu erkennen, aber dies genügte, um mich stutzig zu machen. Sie sagte nichts, als Florian ihr meinen Namen sagte, und als ich mich kurz vor ihr verneigte, antwortete sie stumm mit einem angedeuteten Nicken. Wir gingen auf unsere Plätze etwas abseits vom offenen Grab zurück. Ein großer Wagen fuhr vor, der Fahrer stieg aus, um ihr den Verschlag zu öffnen, was den Rücken der Witwe in kaum merkliche Schlangenbewegungen versetzte. Nun erkannte ich denChauffeur des Wagens. Es war Anselm, der Heiratsschwindler, den ich vor gut einem Jahr im Casino von Beaulieu getroffen hatte, und die trauernde Witwe, die er nun mit ihrer Begleitung nachhause fuhr, war niemand anderer als Saskia, seine damalige »Beute«.
    »Saskia ist eine jener atemberaubenden Frauen, für die die Literatur, die Musik, die Malerei erfunden wurden.« Florian übte wieder Schwarmbilder. Er übte immer Schwarmbilder, seine endlosen Amouren und Affären schienen nur Materiallieferungen für seine Schwarmbilder zu sein. »Für diese Frau würde sogar der Amazonas sein Flussbett verlassen.« Oder: »Ihr Blick hebelt die Schwerkraft der Gefühle aus.« Ich wusste nie, war das nun Poesie oder Kitsch? Vermutlich beides. Ich erzählte Florian von meinem Casinobesuch vor einem Jahr. »Etwa ein halbes Jahr davor«, sagte Florian darauf, »hatte Lichte einen Hirnschlag erlitten und war in ein Koma gefallen, aus dem er nicht mehr erwachte.«
    »Und du schwärmst mir von einer Frau vor, die sich im Casino herumtreibt, während ihr Mann halbtot vor sich hindämmert?«
    »Was soll sie denn tun, wenn die Hoffnung nur noch Tod heißt, wenn du den geliebten Mann nicht mehr zurückholen kannst, auch wenn du Tag und Nacht an seinem Bett sitzt? Außerdem: Lichte hätte es nicht anders gewünscht. Er wäre enttäuscht gewesen, wenn seine Saskia sich ›korrekt‹ benommen hätte.«
    »Und woher wusste sie, wie man den Lollipop spielt?«
    »Saskia kennt alle Spiele. Die auf den Tischen und die darunter.«
    »Woher?«
    »Saskia wurde in Jugoslawien geboren. Ihr Vater war im Krieg Partisan gewesen, danach Zoowärter in Belgrad, füttertebeide Pole, also Eisbären und Pinguine. Saskias Mutter arbeitete bei der jugoslawischen Speisewagengesellschaft. Als Saskias Vater die Familie verließ, schmuggelte ihre Mutter die Fünfjährige im Orient-Express nach Paris, wo sie sie einfach auf der Straße am Gare du Nord aussetzte. Saskia fand Unterschlupf in einem Nonnenkloster. Dort wurde sie streng katholisch erzogen und auch sonst schwer misshandelt. Mit 16 haute sie ab, geriet in den Flowerpower-Strudel der Mittsechziger, ließ sich von Ibiza bis San Francisco und zurück treiben, blieb im Swinging London hängen und wurde die Geliebte des Schlagzeugers der Sex Pistols. Dass sie auch was im Kopf hatte, bewies sie, als sie den Typen verließ, weil die Sex Pistols den geschmacklosen Song
Belsen is a Gas
aufnahmen. In dieser Zeit fotografierte Andy Warhol sie während einer US-Tournee der Pistols. Das Bild hing dann in der damals bahnbrechenden Pop-Art-Ausstellung in Hamburg. Die besuchte auch der gerade zum frühen Reichtum gelangte Ingenieur Hellmuth Lichte und verliebte sich beim ersten Anblick in diese wilde, flirrende Frau auf Warhols Foto, das er umgehend für 10 000 Mark kaufte. In den folgenden Jahren suchte er nach Saskia und fand sie endlich in Lugano an der Seite eines alten, schwerreichen Mannes, den sie Lichte gegenüber als ihren Vater ausgab. In Wahrheit waren die beiden miteinander verheiratet. Ein halbes Jahr nach diesem Zusammentreffen starb der Millionär – ohne Fremdeinwirkung! –, Saskia war nun frei für Lichte. Die Ehe der beiden hielt bis zu seinem Tod.«
    »Klingt wie ein Melodram aus den 30ern. Phantasie hat die Dame.«
    »Das weiß ich nicht von Saskia«, wehrte sich Florian, »das hat mir Lichte erzählt, unter dem Siegel der Verschwiegenheit.«
    »Aber das ist ja nun durch seinen Tod gebrochen.«
    »Merkst du gar nichts? Ich habe dir das alles ausgeplaudert, weil da eine tolle Geschichte schlummert …«
    »… besonders jetzt, wo sich die umwerfende Saskia mit

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