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Männersache Rasieren - Handbuch für den Rasur-Aficionado (German Edition)

Männersache Rasieren - Handbuch für den Rasur-Aficionado (German Edition)

Titel: Männersache Rasieren - Handbuch für den Rasur-Aficionado (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Rieck
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Bildkontrasts sowie von der Tiefenschärfe. Ebenso entspricht die gefühlte Temperatur   beim Wandern nicht der physikalisch gemessenen, sondern hängt ganz stark von Faktoren wie dem Wind und der Luftfeuchtigkeit ab. Wie schon bei der Diskussion um den Andruck   (Seite 172 ) angesprochen gibt es auch hier ein psychologisches, gesamtheitliches Konzept, das mehrere physikalische Größen zu einer neuen Größe mit einer neuen Bedeutung verbindet.
     
    Ebenso kann es sein, dass zwei Klingen die Haare ähnlich gut abtrennen, dabei aber völlig anders auf der Haut wirken. Die eine hüpft, die andere ziept und die nächste gleitet über die Stoppeln. Irgendwo in diesem multidimensionalen Optimierungsraum gibt es ein persönliches Ideal, vielleicht jeden Morgen ein anderes. Auch sollte man berücksichtigen, dass sich eine Klinge im Laufe ihrer Benutzung verändert wie eine gute Zigarre, deren einzelne Phasen man mit genauer Kenntnis einzeln genießen sollte.
     
    Um hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich sehr viele Klingen unter den verschiedensten Bedingungen getestet. Um reproduzierbare Vergleiche vornehmen zu können, habe ich oft zwei Klingen in den gleichen Hobel gelegt und dann strichweise miteinander verglichen. Ich verwende dafür gern zwei Merkur 25c, weil man hier den Anstellwinkel in viel weiteren Winkelbereichen variieren kann als bei den schlitzgesteuerten Modellen. In anderen Hobeln habe ich natürlich ebenfalls Versuche unternommen, dann aber meist nacheinander, nicht mit zwei gleichen Hobeln nebeneinander. Anschließend habe ich meine Eindrücke mit zahlreichen anderen Personen abgeglichen und sogar zu Einzelthemen Seminararbeiten betreut, bei denen StudentInnen die Eigenschaften von Klingen nach den verschiedensten Kriterien durchleuchtet haben.
     
    Die folgenden Beschreibungen (ebenso wie die vorangegangenen bei den Systemköpfen) basieren auf diesen Untersuchungen. Weil es so viele Einflussgrößen gibt, schildere ich die Eigenschaften verbal, nicht in Form von vermeintlich genauen Messwerten. Denn es hat sich gezeigt, dass der Gesamteindruck einfach von zu vielen Faktoren bestimmt wird, als dass man ihn sinnvoll auf wenige, "objektive" Größen reduzieren könnte.
     
    Ein Punkt ist zudem zu erwähnen: Auch zwischen Klingen desselben Typs gibt es erhebliche Fertigungsschwankungen. Anfangs habe ich noch gedacht, die Unterschiede lägen in meiner eigenen Tagesform, aber inzwischen bin ich überzeugt, dass sich die Klingen selbst unterscheiden, teilweise sogar innerhalb einer Packung und zwischen den beiden Seiten.
     
    Genug der Theorie – jetzt zu den verschiedenen Klingen. Da ich bei den Einzelbeschreibungen oft auf die nachfolgenden Modelle Bezug nehme, tauchen manchmal Namen auf, die du vielleicht noch nicht kennst. Lass dich dadurch nicht verwirren, sie kommen wenige Seiten später in aller Ausführlichkeit.
     
Wilkinson   Sword
     
    Nicht nur in Japan gab es Schwerter – sie wurden auch in Deutschland und in England gefertigt, unter anderem von einer Firma, die den Hinweis darauf schon im Namen trägt: Wilkinson Sword. Die gekreuzen Schwerter im Logo erinnern immer noch daran und üben durch ihr martialisches Aussehen eine magische Anziehungskraft auf den Mann in uns aus (siehe auch Seite 123 ).
     
    1962 versetzten sie Gillette einen der größten Schocks ihrer Firmengeschichte: Wilkinson brachte die erste rostfreie Rasierklinge   auf den Markt – um deren Nachfolger es hier geht. Es dauerte ein ganzes Jahr, bis Gillette endlich nachziehen konnte, was einen unbeschreiblichen Imageverlust und einen Sprung im Selbstwertgefühl hinterließ. Ironie des Schicksals war, dass die von Wilkinson eingesetzte Technik zuvor von Gillette entwickelt worden war und Wilkinson dafür sogar Lizenzgebühren an Gillette zahlte. Gillette hatte die Technik nicht zur Marktreife entwickelt, weil sie gern noch ein paar Jahre von den schönen Gewinnen an ihren rostenden Klingen profitieren wollten, bevor sie Klingen herausbrachten, die länger verwendet werden konnten und damit die Gewinne verringern würden.
     
    Gillette hat durch den Wilkinson-Angriff damals gelernt, dass auch ein Quasi-Monopolist sich nie ausruhen kann, weil die Konkurrenz immer in den Startlöchern steht. Vermutlich ist auch das ein Grund, weshalb sie bis heute in verblüffender Geschwindigkeit mit neuen Produkten auf den Markt kommen. Von dem Wilkinson-Schock erholte sich Gillette emotional erst durch die Tandem-Klinge, die die

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